Hamburg. Zwei Millionen Euro teures Hausboot jetzt für Öffentlichkeit zugänglich. Was es Gästen bietet – und welche Probleme gelöst werden mussten.
„Ich kann es noch gar nicht fassen, dass es jetzt so weit ist“, sagt Björn Nicolaisen begeistert. „Bisher haben wir die Räume nur auf Papier gesehen, jetzt können wir uns hier treffen und Gästen unsere Schiffe näherbringen“, sagt der Geschäftsführer des Museumshafens Oevelgönne e. V. und zeigt auf das schwimmende und damit leicht schaukelnde Besucher- und Informationszentrum mitten im Museumsareal, das zwischen den hölzernen Seglern auf der Elbe schwimmt.
Nicolaisen ist seit seiner Kindheit auf und in den alten Ewern in Övelgönne unterwegs, sieht den Ort im Hamburger Westen als seine Heimat, sein Zuhause. Und ist daher nicht umsonst gerührt, dass hier für Liebhaber betagter Schiffe nun eine neue Attraktion eröffnet, an der seit Anfang 2023 im Harburger Binnenhafen gebaut worden war.
Museumshafen Hamburg: Neues Ausflugsziel für Liebhaber alter Schiffe in Övelgönne
Kultursenator Carsten Brosda (SPD), der für den Entwurf verantwortliche Architekt Volkwin Marg und Dutzende Vereinsmitglieder freuten sich am Freitagvormittag bei der Einweihung ebenfalls über den sogenannten „Lieger“, der nun für die Gäste geöffnet hat.
Der Einweihung war bereits eine aufregende Reise über die Elbe vorausgegangen. Denn nach den Arbeiten in Harburg hatte der Ponton Mitte September am Köhlbrand abgelegt, um in Begleitung zahlreicher Boote Richtung Övelgönne zu schippern. Nun erhebt sich das lichtdurchflutete Gebäude über dem Anleger Neumühlen der Hadag-Fähren und bietet einen Rundumblick auf seine betagten Nachbarn – die historischen Schiffe des Museumshafens.
Der Hauptraum der Immobilie liegt im ersten Stock und soll mit Infotafeln wechselnde Ausstellungen bieten: Etwa über Dampfschiffe oder die für Hamburg lebenswichtigen Wasserfahrzeuge, die ihre Fracht früher mangels Straßen bis in die Stadt brachten.
Hamburg: Zentrum ist als Ausgangspunkt für Gästeführungen
Damit soll der „Lieger“ die Geschichten des maritimen Erbes Hamburgs auf neue Weise erzählen. Als Hafenlieger bezeichnete man früher übrigens schwimmende Häuser, die als Werkstätten, Lager- und Kontorräume von Hafenbetrieben genutzt wurden. Ziel des neuen Gebäudes ist es zudem, den Museumshafen als Ausgangspunkt für geführte Touren oder als Raum für Filme und Events noch attraktiver zu machen. Das Programm, zu dem die Räumlichkeiten dann geöffnet sind, ist für Besucher auf der Internetseite des Vereins zusammengefasst. „Ab dem Frühjahr nächsten Jahres wird es regelmäßige Veranstaltungen geben“, kündigt Nicolaisen an.
Das Haus bietet auf 150 Quadratmetern aber nicht nur Platz für die immer zahlreicher werdenden Besucher, sondern unterstützt die Infrastruktur des Museumshafens auch mit Büroräumen und sanitären Anlagen für die Crews der Gästeschiffe.
Schwimmendes Gebäude in Övelgönne dient auch als Raum für die Schiffscrews
Zudem erhalten die Mitglieder des Vereins, der die alten Schiffe unterhält, nun endlich einen zeitgemäßen Treffpunkt. Denn das kleine „Döns“, der grüne Pavillon auf dem Steg, war über Jahrzehnte nicht mehr als ein Provisorium. „Da brauchen wir immer zwei Stunden, bis der Kohleofen den Raum warm bekommt“, sagt Nicolaisen, der sichtlich stolz ist auf den Neubau. Immerhin hatte er vor mehr als zehn Jahren selbst die Idee zu dem Versammlungsort. Nun sei er dankbar, dass „so viele Menschen in der Stadt zu dessen Verwirklichung beigetragen haben“.
Viel Bürokratie, die Frage, wo überhaupt ein Gebäude errichtet werden kann und nicht zuletzt die Pandemie hatten die Planungen verzögert. Dass der Ponton, ein schwimmendes Fundament, als „Grundstück“ dient, ist nun besonders reizvoll. Andererseits ist das Bauen auf dem schaukelnden Boden nicht gerade einfach. „Eine Wasserwaage funktioniert hier nicht“, sagt Heino Schlichting lachend. Der Vorsitzende des Vereins freut sich aber ganz besonders, dass das neue Herzstück des Hafens ausgerechnet mit Blick auf sein Lieblingsschiff errichtet wurde, die „Elbe 3“, das älteste fahrbereite Feuerschiff der Welt.
Hafen Hamburg: Zahlreiche historische Schiffe im Museumsareal in Övelgönne
Volkwin Marg, der dem Verein seinen Entwurf des Gebäudes geschenkt hatte, betonte am Freitag die Bedeutung des Museumshafens für den Erhalt der maritimen Vergangenheit. „Die Mutter aller nachfolgenden deutschen Museumshäfen mit inzwischen neun eigenen historischen Schiffen in Fahrt ist eine maritime Hamburger Attraktion geworden“, sagte der Star-Architekt von GMP. „Lauter Perlen auf und an der Elbe, am Anleger das Unterfeuer von Pagensand – und auf dem Wasser das neue schwimmende Besucherzentrum mit dem alten Finkenwerder Fischkutter ‚Freiherr von Maltzahn‘ davor. Das macht Freude.“
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Kultursenator Carsten Brosda ergänzte bei der Einweihung, hier sei „mit viel Willenskraft und Beharrlichkeit ein neuer Raum für Austausch und für die Weitergabe von maritimem Wissen entstanden“. Es werde den Besucherinnen und Besuchern viele spannende Informationen bieten und stehe zugleich für die Tatkraft des Vereins.
Museumshafen in Hamburg: Neues Besucherzentrum war doppelt so teuer wie geplant
Denn es erforderte durchaus einige Anstrengungen, den neuen Mittelpunkt des Museumshafens zu realisieren, auch finanziell. Die Gesamtkosten von zwei Millionen Euro wurden letztlich durch öffentliche Mittel und private Spenden finanziert – doch anfangs war man bei den Planungen noch von einer Summe von etwa einer Million Euro ausgegangen. Teurere Baumaterialien und die komplexen Arbeiten auf dem Wasser hatten die Kosten in die Höhe getrieben.
Aber die Mitglieder des Vereins, Freunde und Fans des Ausflugsziels im Westen der Stadt hatten nicht nachgelassen, ihr Ziel einer neuen maritimen Einrichtung im Hafen zu verfolgen. Auch mit dem Wissen und dem Stolz, dass Hamburg immerhin über die größte Flotte an Traditionsseglern, Dampfschiffen und historischen Behördenfahrzeugen in ganz Europa verfügt.