Hamburg. Ausgerechnet zum zehnjährigen Bestehen könnte für den KJM Verlag ein Umzug anstehen. Und das ist nicht die einzige Herausforderung.
In einer alten Schmiedewerkstatt, versteckt in einem Hinterhof, hat der KJM Verlag von Klaas Jarchow seinen Sitz. Zumindest noch. Denn die Immobilie in der Simrockstraße in Hamburg-Blankenese steht zum Verkauf und soll nun auch einen neuen Eigentümer gefunden haben.
Ob und wie es mit dem Haus und mit dem Mietvertrag weitergeht? Das wisse er noch nicht, wie Verleger Jarchow berichtet. Zur Sicherheit schaut er sich deshalb nach Alternativen um – wie zuletzt beim Co-Working-Projekt Neues Amt Altona. „Ein tolles Projekt. Allerdings fehlen uns dort nötige Lagerflächen“, sagt Jarchow.
Blankeneser KJM Verlag steht vor vielen Herausforderungen
Wer das urige Zuhause des Verlags in der alten Schmiede besucht, erkennt sofort, wie dringend Lagerfläche für all die zahlreichen Bücher nötig ist. Überall stapeln sich die Werke. In den vergangenen zehn Jahren hat der Buchverlag rund 300 Titel verlegt. „150 davon sind noch lieferbar“, sagt Jarchow.
Den Anfang machten im Herbst 2014 die „Pikkofinte“-Kinderbücher von Jan von der Bank sowie die „Wilde Küche“ von Lore Otto und Katharina Henne. Später folgten Romane, weitere Kinderbücher, Postkarten, Krimis, Cartoons, Sachbücher und auch Kalender sowie Minis. „Wir machen, was man nicht machen sollte“, sagt Jarchow selbstkritisch. „Wir machen alles, ein kleines Vollprogramm aller Genres.“ Das hat zeitweise gut funktioniert. Doch nun steht der kleine Buchverlag aus Blankenese nicht nur in Sachen Standort zu seinem zehnjährigen Bestehen vor Herausforderungen.
Buchverlag aus Blankenese fährt Programm erheblich zurück
Sowohl die Branche als auch das Medienverhalten hätten sich verändert. „Die Leute haben ein Smartphone in der Hand und greifen weniger zum Buch“, so der Verleger. Der Markt sei angespannter, und kleine Verlagen bekämen nicht mehr die Aufmerksamkeit. „Darüber klagen hilft nichts“, sagt der Unternehmer. Man müsse das zur Kenntnis nehmen und umdenken.
„Das alte Modell ist durch“, stellt Jarchow fest. „Heute muss man eine Marke bilden und diese durchsetzen.“ Daher denke man beim KJM Verlag bereits um. „Wir machen erheblich weniger Programm und fahren zurück“, erklärt der Unternehmer. Aufs Jahr gesehen sollen zukünftig noch etwa die Hälfte an Büchern erscheinen. „Damit leben wir am Ende besser“, sagt der 68-Jährige.
Blankenese: Hamburger Verlag KJM setzt auf eine neue Buchreihe
In Sachen Markenbildung setzt man auf eine neue Buchreihe, die 2023 entwickelt wurde. „European Essays on Nature and Landscape“ heißt diese und umfasst bereits 15 Titel, wie zum Beispiel „Marschland“, „Heide“, „Unter Bäumen“ oder „Strand“. Für 2025 ist hierzu ein Nature Writing Festival in Hamburg in Vorbereitung – in Kooperation mit der Loki Schmidt Stiftung, der Stiftung Öffentliche Bücherhallen und der Universität Hamburg, wie Jarchow berichtet.
Bei der Organisation will Jarchow mitwirken. Ansonsten ändert sich auch beim ihm einiges. Und das nicht nur privat. So ist der 68-Jährige aus dem Treppenviertel nach Dockenhuden gezogen. Beruflich möchte er sich aus der Verlagsleitung etwas zurückziehen, sich stärker auf die Weiterentwicklung der „Nature Essays“ und eigener Buchprojekte (wie den dritten Band der Trilogie von „River“, „Sea“ und den angekündigten Teil „Lake“) konzentrieren. „Verlagsleiterin Jana Wincheringer obliegt damit mehr und mehr die Weiterentwicklung des Verlags“, kündigt Jarchow an.
- Künstlerhaus am Süllberg wird Museum: Das planen Nachfahren
- Erschreckende Bilanz: Elbfähre hat nur fünf Fahrgäste pro Tour
- Top-Krimi aus Hamburg: Gibt es eine Rechtfertigung für Mord?
„Ein Wind weht von Nord …“ lautet der Verlagsslogan, angelehnt an das Lied von Helmut Käutner „Ein Wind weht von Süd …“. Jarchow erinnert daran, dass die Zeile so weitergeht: „… und fort muss die Reise geh’n“. So sei es auch mit diesem Verlag, und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Und etwas wehmütig erklärt er: „Buchverlage sind nach wie vor wichtige Knotenpunkte und Impulsgeber des Kulturlebens – aber sie sind auch ein wenig der Blick in eine vergehende Zeit.“