Hamburg. Familie möchte Atelier des verstorbenen Malers Wolfgang Klähn für Besucher öffnen. Hamburger Kunsthalle versteckt sein Werk dagegen.

  • Hamburger Maler Wolfgang Klähn unterhielt in Blankenese sein Atelier.
  • Nachfahren planen, die Immobilie am Süllberg zu halten und für Besucher zu öffnen.
  • Gleichzeitig gibt es in der Kunsthalle ein Werk von Klähn, das weiterhin nicht gezeigt wird.

Wer eine Immobilie am Süllberg in Blankenese erbt, der kann sich freuen. Die Immobilienpreise sind hier stabil hoch, und wenn es dann noch ein Haus mit einer Geschichte ist, dürfte es sich gut verkaufen. Doch genau das hat die Familie Klähn nicht vor. Sie möchte es in ein Museum verwandeln.

Die Nachfahren des Malers Wolfgang Klähn, der am Süllberg sein Atelierhaus unterhielt, leben seit Jahrzehnten im Ausland. Derzeit in Paraguay. Davor lange in New York. Trotzdem möchten die Nachkommen etwas für Hamburg tun. Sie wollen das Künstlerhaus sanieren und der Öffentlichkeit zugänglich machen – ausgerechnet in der Stadt, die an anderer Stelle nicht gerade pfleglich mit dem Werk Klähns umgeht.

Hamburger Kunsthalle verbirgt Werk des Blankeneser Malers Wolfgang Klähn

Wolfgang Klähn verstarb am 30. Juni 2019 im Alter von 89 Jahren. In einem Abendblatt-Nachruf, der damals erschien, geht es auch um das besagte Kunstwerk, das unsichtbar wurde beziehungsweise bis heute versteckt wird. Es befindet sich in der Hamburger Kunsthalle. Als noch junger Mann erhielt Klähn im Alter von 22 Jahren den Auftrag des damaligen Kunsthallen-Chefs, das kleinste der fünf Treppenhäuser zu gestalten.

Es wurde ein farbenprächtiges Werk, wenn man Zeitzeugen von damals Glauben schenken darf. Denn heute existieren nur noch Schwarz-Weiß-Abbildungen. Der Malerkollege Georg Meistermann soll zu Klähn gesagt haben: „Junger Mann, werden Sie nicht größenwahnsinnig, aber dies ist die beste Wandgestaltung seit dem Krieg.“

Diese Meinung teilten offenbar nicht alle. Bereits einige Jahre später wurde auf Geheiß des neuen Kunsthallen-Direktors das Werk mit Rigipsplatten verdeckt. Eine offizielle Begründung dafür gab es nie. Bis heute bleibt man dazu eine Antwort schuldig.

Museum am Süllberg in Hamburg: Was Künstlernachfahren in Blankenese planen

„Es ist uns unverständlich, warum es bis heute nicht gezeigt wird“, sagt Judith Klähn, Tochter des Hamburger Malers. Sie ist es auch, die zusammen mit ihren vier Kindern das Werk ihres Vaters erhalten und das Atelierhaus in Blankenese zu einem Museum umgestalten will. „Es ist ein Zukunftsprojekt, das wir gemeinsam angehen“, erklärt sie. Erst einmal müsse die Immobilie aufgrund eines Wasserschadens saniert werden.

Die Nachfahren des Hamburger Malers Wolfgang Klähn leben im Ausland, wollen ihm aber in seiner Heimat ein Denkmal setzen: Tochter Judith Klähn mit ihren Kindern (v. l.) Jakob, Gabriel und David im Blankeneser Atelier, das zum Museum werden soll.
Die Nachfahren des Hamburger Malers Wolfgang Klähn leben im Ausland, wollen ihm aber in seiner Heimat ein Denkmal setzen: Tochter Judith Klähn mit ihren Kindern (v. l.) Jakob, Gabriel und David im Blankeneser Atelier, das zum Museum werden soll. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Die zahlreichen Werke ihres Vaters wurden daher sicher eingelagert. Sie sollen dann zurückkehren und hier ausgestellt werden. Zudem könnte sich die Nachfahrin vorstellen, einen Teil des Hauses jungen Künstlern zur Verfügung zu stellen und so den Nachwuchs zu fördern. Ein Konzept gebe es noch nicht, genauso wenig wie einen Zeitpunkt, wann das Museum öffnen könnte.

Wolfgang Klähn arbeitete in Blankenese im dunklen Keller bei künstlichem Licht

Judith Klähn ist zu Besuch in Hamburg, zusammen mit ihren drei Söhnen, die älteste Tochter studiert in den USA. Sie führt durch die rund 240 Quadratmeter große Atelierwohnung, die der Maler zum Arbeiten nutzte. „Mein Vater war eine große Persönlichkeit. Er hatte viel zu sagen, und ich möchte, dass es auch andere sehen und hören“, erklärt sie ihren Antrieb. Der Hamburger Maler, den mancher Experte als nicht genug gewürdigten Ausnahmekünstler bezeichnet, dichtete und komponierte auch.

„Die Kunst ist Teil meines Lebens“, betont Judith Klähn, die den Nachnamen beibehielt und an ihre Kinder weitergab. „Mein Vater war ein besonderer Mensch“, sagt sie. Klähn berichtet, wie das die Familie prägte. Die lebte teilweise getrennt vom Vater. Denn Wolfgang Klähn arbeitete gern nachts, schlief dann im Atelierhaus am Süllberg. Das hatte er eigentlich extra so herrichten lassen, dass er im Erdgeschoss mit Oberlicht gut arbeiten konnte. In der Praxis saß der Künstler jedoch stundenlang im dunklen Keller mit der niedrigen Decke.

Im Keller erinnern noch ein kleiner, wackliger Bürostuhl, massive Holzböcke und Scheinwerfer an der Säule an den merkwürdig gewählten ehemaligen Arbeitsplatz des Künstlers. Klähn arbeitete nur bei künstlichem Licht, wie seine Tochter berichtet. Die oberen, lichtdurchfluteten Räume nutzte er als Ausstellungsraum. Hier empfing er interessierte Käufer.

Hamburger Maler Wolfgang Klähn lebte laut Nachfahrin allein von seiner künstlerischen Arbeit

„Mein Vater hat kein Bild über eine Galerie verkauft, was ihm auch geschadet hat“, berichtet Klähn. Aber er wollte die Menschen kennen, die seine Werke erhielten oder auch nicht. Das kam durchaus vor. „Dieses Bild passt nicht zu Ihnen“, habe ihr Vater potenziellen Abnehmern gesagt, erinnert sich Judith Klähn. Dann sei er dabei geblieben.

Offenbar liefen die Geschäfte aber gut genug. Laut seiner Tochter konnte er das Haus in Blankenese allein aus seinen Einkünften – ihre Mutter war eine der ersten Richterinnen am Oberlandesgericht in Hamburg – finanzieren. „Mein Vater hatte eine Reihe privater Sammler, die ihm Bilder abgenommen haben, er lebte allein von seiner künstlerischen Arbeit“, erklärt seine Tochter.

Ein Schweizer Sammler hat seine Sammlung später Schloss Gottorf vermacht. Dort nahm man die Werke des Multitalents gern. In Hamburg ist zumindest eine Auszeichnung nach ihm benannt. Der „Wolfgang-Klähn-Preis“ wird demnächst wieder im Altonaer Museum vergeben. In Blankenese erinnern sich manche an ihren Nachbarn, aber in ganz anderer Form.

Blankeneser Maler ist in der Nachbarschaft als Künstler kaum bekannt

„Mein Vater hat gesagt, solange er die Treppen noch herunterspringen könne, sei er jung“, berichtet seine Tochter. Deshalb eilte er im extrem flotten Tempo täglich eine Runde durchs Treppenviertel. Daran erinnern sich einige, denen das auffiel. Dass es sich bei ihm um einen anerkannten Künstler handelte, wissen wenige hier.

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Umso mehr möchte die Familie ihm an seiner Wirkungsstätte ein Denkmal setzen. Gleichzeitig wünschen sich die Nachfahren sehnlichst, das verborgene Werk in der Kunsthalle wenigstens einmal zu sehen, das als Beginn seiner Reihe von Darstellungen der biologischen Zelle als Evolution von Lebensformen gilt. „Ich würde es so gern einmal in Farbe sehen“, sagt Judith Klähn, und ihr ältester Sohn Jakob Klähn (17) nickt.

Hamburger Kunsthalle: Laut Direktor ist Enthüllung des Werks derzeit nicht geplant

Zahlreiche Versuche in den vergangenen Jahrzehnten, das Werk zumindest zeitweise freizulegen, scheiterten am Veto der Kunsthalle. Auf Anfrage verweist die Pressestelle auf ein Statement von Direktor Christoph Martin Vogtherr aus dem Jahr 2017: „Die ortsspezifischen Werke in der Kunsthalle sind in besonderem Maße von Neuplanungen und Umbauten im Museum betroffen. Mit der Neueröffnung der Kunsthalle ist das Treppenhaus mit dem Wandgemälde Klähns nicht für das Publikum zugänglich. Klähns Werk befindet sich gut geschützt hinter einer provisorischen Abdeckung, die in Zukunft leicht wieder entfernt werden kann.“

Auf die Frage, ob man das in Zukunft einmal plane, erklärt der derzeitige Kunsthallen-Chef Alexander Klar: Im Falle des Werkes von Wolfgang Klähn handele es sich um ein Treppenhaus, das in Büroräume führe, weswegen es sich der Öffentlichkeit bereits durch seine Lage entziehe. „Gegenwärtig ist daher nicht geplant, das Werk wieder zu enthüllen, auch wenn das sicher ein spannendes Unterfangen wäre.“