Hamburg. Im Mai beginnt Abriss an der Neuen Großen Bergstraße, hier wird ein besonderer Treffpunkt im Stadtteil entstehen. Was geplant ist.
Während viele Bauherrn derzeit in die Knie gehen, Unternehmen Insolvenz anmelden und zahlreiche Projekte in Hamburg stocken, geht es an einer Stelle nun plötzlich mit großen Schritten voran. Überhaupt ist das geplante Neue Amt Altona in vielerlei Hinsicht eine Besonderheit. Denn hier ist eine Genossenschaft am Werk – obwohl es nicht um Wohnraum geht.
Das Konzept vereint Co-Working, Atelierhaus und Nachbarschaftstreffpunkt. Für etwa 9,3 Millionen Euro entsteht bis 2025 an der Neuen Großen Bergstraße ein sechsgeschossiges Gebäude in Holz-Hybrid-Bauweise, zudem wird das dahinterstehende alte Finanzamt an der Großen Bergstraße damit gesichert und saniert. Für Sommer 2025 ist die Eröffnung geplant, im Mai beginnen die Abrissarbeiten.
Neues Amt Altona: Projekt profitiert in der Krise von Wissen und Kraft einer Genossenschaft
Das Prinzip beim Neuen Amt Altona: Nutzer erwerben Anteile der Genossenschaft, ein Anteil kostet 500 Euro, wobei je nach Tarif und Nutzungswunsch auch mehrere Anteile nötig sind. Zudem wird eine monatliche Gebühr erhoben.
Ursprünglich sollte das Gebäude längst eröffnet sein. In Zeiten steigender Zinsen und Baukosten haben es viele Investoren schwer. Aufgrund der Verzögerungen bei dem Millionenprojekt, dessen Gesamtkosten sich auf immerhin 16,3 Millionen Euro belaufen, vermuteten schon einige, dass es auch in diesem Fall nichts mit dem Bau wird. Doch ganz im Gegenteil.
1,5 Millionen Euro hat die Genossenschaft mithilfe ihrer 207 Mitglieder bereits an Kapital eingesammelt, mit dabei sind auch die Hamburger Sozialbehörde sowie die Altoba. „Es fehlen noch 700.000 Euro“, erklärt Christina Veldhoen als Vorständin Neues Amt Altona eG. Das bedeutet, ein Großteil des Geldes floss, bevor klar war, ob und inwieweit gebaut werden kann. „Das ist kein klassisches Immobilienprojekt mit Investoren dahinter. Wir haben mit null Euro angefangen“, betont die Wilhelmsburgerin. „Die Unterstützung für dieses Projekt ist enorm groß.“ Davon habe man auch in der Krise und bei Problemen profitiert.
Altona: Bau verzögerte sich durch Tiefgarage unterhalb des Gebäudes
Stichwort Schwarmintelligenz: Ging es einmal nicht voran, hatte laut Veldhoen ein Mitglied der Genossenschaft eine zündende Idee, einen Kontakt. „Wir konnten auf die Expertise und das Netzwerk der Gruppe setzen.“ Und Probleme gab es zuhauf. Da unterscheidet sich das Bauprojekt dann doch nicht vor anderen in der Stadt.
Das laut der Vorständin größte und zeitraubendste Hindernis: die Entdeckung, wo die Tiefgarage des Nachbarhauses wirklich verläuft. Nach Ausschreibung und Zuschlag für das 2007 von der Stadt aufgegebene und 2018 verkaufte Alte Finanzamt stellte man fest, dass sie teils unterhalb des geplanten Neubaus verläuft. Das machte unter anderem eine Änderung der Baupläne sowie eine Verständigung mit dem Eigentümer der Tiefgarage notwendig und kostete Zeit. Viel Zeit.
Bahnhof Altona: Neuer Ort, von dem Impuls nicht nur für Stadtteil ausgehen könnte
Im vergangenen Jahr konnte dann endlich der Kaufvertrag geschlossen, die Finanzierung abgeschlossen werden. „Das war der größte Meilenstein“, sagt Veldhoen. Seit Dezember liegt der Antrag auf Baugenehmigung beim Bezirk Altona. Nach derzeitigem Stand soll im Mai die alte Ladenzeile an der Neuen Großen Bergstraße ganz in der Nähe zum Bahnhof weichen. In den kommenden Monaten entsteht das Bürogebäude, das im Erdgeschoss wieder Ladenzeilen aufweist – mit neuem Durchgang zum Innenhof.
Dieser Durchgang bedeutet auch eine Verbindung von der Neuen zur Alten Großen Bergstraße. In dem Innenhof soll zukünftig eine Gastrofläche entstehen. Man ist auch schon in Gesprächen mit einer möglichen Betreiberin, die dann einen Mittagstisch für die neuen Büromitglieder sowie ein Catering für die gemeinschaftlich nutzbare Veranstaltungsfläche im Erdgeschoss anbieten könnte.
Gastronomie im Innenhof geplant: Verhandlungen mit Sozialunternehmen
An diesem Beispiel lässt sich gut verdeutlichen, was beim Neuen Amt Altona anders läuft. Obwohl die Bauherren die Kosten sehr im Blick haben müssen und sich unter anderem verpflichtet haben, die verhältnismäßig niedrigen Mieten für die Kreativszene im Altbau (ehemaliges Finanzamt) in den kommenden 20 Jahren nicht zu erhöhen, verhandelt man für den Standort mit einer Sozialunternehmerin.
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Wunschkandidatin ist Manuela Maurer, Initiatorin von Chickpeace, einer Cateringfirma, die aus einem Flüchtlingshilfsprojekt entstand. Frauen aus Syrien, dem Nahen Osten und Afrika bietet das soziale Business eine Perspektive und soll ihnen bei der Integration helfen. „Ihre Arbeit ist so großartig, sie wäre eine Traumpartnerin“, schwärmt Veldhoen. Das Projekt passe nach Altona und zum Neuen Amt. Auch wenn dies bedeute, man müsse irgendwie die Kosten für eine Gastroküche in Höhe von 150.000 Euro aufbringen. Vielleicht finde sich eine Stiftung oder es gebe ein Fundraising, überlegt die Vorständin.
Co-Working: Neues Amt Altona bietet 289 Arbeitsplätze, von denen ein Großteil schon weg ist
Warum man nicht einfach die Fläche an den Meistbietenden vergibt, es sich etwas leichter macht? „Wir sind sehr inhaltlich getrieben und wollen einen guten Ort hier schaffen“, erklärt Veldhoen. Wenn sich viele zusammenschließen, könne etwas Gutes entstehen, ist sie sich sicher. „Genossenschaften haben ein so angestaubtes Image. Dabei bieten sie viel Potenzial für die Gestaltung der Zukunft“, betont die Hamburgerin.
Von den zukünftigen neuen Co-Working-Spaces sind bereits 193 Arbeitsplätze vergeben, 96 noch frei. Auch hier orientiert man sich am Bedarf. Da auffällig schnell die Büros mit vier Plätzen weg waren, wurde die Zahl erhöht. Mit Robert Beddies, dem Geschäftsführer vom betahaus in der Schanze, hat man dafür aber auch einen Experten an Bord.
Weitere Infos zum Projekt und zum Co-Working gibt es im Büro vor Ort, Neue Große Bergstraße 3, oder unter www.neuesamt.org.