Hamburg. Ein Weltkriegsbunker in Altona soll Kulturstätte und Energielieferant werden. Warum das Projekt KEBAP weltweit Aufmerksamkeit erregt.

Über das KulturEnergieBunkerAltonaProjekt, kurz KEBAP, hatte Claus Kienle schon einiges gehört und gelesen, bevor er vor einigen Jahren an einer Führung durch das Gebäude teilnahm. Es war eine Begegnung, die sein Leben veränderte: „Ich war so angezuckert und überzeugt von dem Projekt, dass ich sofort in der Genossenschaft Mitglied geworden bin. Dadurch bin ich zum Bunkerbesitzer geworden, das fand ich großartig“, erzählt der 58 Jahre alte Foto- und Medienkünstler im Podcast „Komplizen für die Zukunft“.

Später habe er dann auch den Trägerverein KEBAP kennengelernt und sich in den Vorstand wählen lassen – „dummerweise“, wie Kienle scherzhaft sagt. Denn die Arbeit für das Projekt nehme zu Hochzeiten 15 bis 20 Stunden pro Woche in Anspruch: „Es ist ein unbezahlter Nebenberuf.“

KulturEnergieBunkerAltonaProjekt (KEBAP) erregt weltweit Aufmerksamkeit

Und einer, der einen sehr langen Atem braucht. Die Idee, den Weltkriegsbunker an der Schomburgstraße jeweils zur Hälfte zu einem Standort für Kultur und Wärmeerzeugung für die Nachbarschaft umzuwidmen, kam bereits 2011 auf.

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Wie KEBAP zu „Hamburgs größtem ökologischem Döner“ werden soll

Komplizen für die Zukunft

Seitdem ist einiges passiert rund um das 50 Meter lange, 19 Meter hohe und zwölf Meter breite Gebäude: Es wurde leer geräumt, Vereinsmitglieder haben das Gelände aufgeräumt und Hochbeete angelegt. Doch die eigentlichen Umbauarbeiten haben noch immer nicht begonnen.

Im Podcast spricht Claus Kienle über …

… die einzigartige Idee, Kultur und Energieerzeugung zu verbinden:

Den Anstoß zu KEBAP haben Menschen aus Altona und Pauli gegeben, die eigentlich gegen die Moorburg-Trasse protestiert haben und sich dann überlegt haben: Was können wir nicht nur dagegen machen, sondern auch dafür? Daraus ist die Idee entstanden, regenerative Energie zu erzeugen. Und da viele Menschen aus dem Kulturbereich kamen, war die Mischung programmiert. Beides passt sehr gut zusammen: Die Einnahmen aus dem Verkauf der Wärme sollen die Kultur subventionieren, sodass die Mieten im Kulturteil des Bunkers für die Menschen aus der Nachbarschaft bezahlbar sind.

… den Stand des Projekts:

Es sind verschiedenste Behörden involviert. Im Moment hakt es an Fördergeldern, die zugesagt, aber nicht ausgezahlt werden. Die zweite Machbarkeitsstudie für den Energieteil wurde bereits 2017 erfolgreich abgeschlossen. Bäderland an der Holstenstraße, die Louise-Schroeder-Schule und ungefähr 1000 Haushalte haben die Zusage für die Abnahme der Bioenergie gegeben, womit eine wichtige Behördenauflage erfüllt ist. Wir warten jeden Tag darauf, dass es endlich losgehen kann mit dem Umbau.

Claus Kienle, „Komplizen für die Zukunft“
Claus Kienle, „Komplizen für die Zukunft“ © FUNKE Foto Services | Mark Sandten

… den Bedarf an weiteren Kulturstätten im Raum Altona/St. Pauli:

Es gab 2016 eine große Bürgerbefragung in der direkten Umgebung, was sich die Menschen in diesem Gebäude vorstellen. Das, was am höchsten bewertet wurde, war ein Raum der Begegnung. Es gibt natürlich das Haus 3 in der Nähe und auch andere Veranstaltungsorte. Wir wollen keine Konkurrenz sein, das ist auch eine behördliche Auflage, sondern es soll etwas Neues entstehen. Das schaffen wir mit Proberäumen für Musiker und Ateliers für bildende Künstler.

… die Partner des Projekts:

Im Verein sind wir alle Laien und brauchen natürlich Beistand von außen. Das wird teilweise durch Förderprogramme sichergestellt. Die Genossenschaft als Betreiber des Energieteils hatte bis zum Ukraine-Krieg Greenpeace Energy als Projektpartner, die viel Geld und Expertise in das Projekt gesteckt haben, dann leider aber sehr kurzfristig ausgestiegen sind aufgrund der Unsicherheiten, die mit dem Krieg verbunden waren. Das war wieder so ein kurzer Moment, in dem das Projekt zwar nicht erstarrte, aber doch erbebte. Innerhalb kürzester Zeit konnte aber ein neuer Projektpartner gefunden werden: GP Joule Wärme, eine Firma, die sich weltweit auf Wärme- und Energieerzeugung spezialisiert hat. Sie versuchen wir, bei Stange zu halten, denn auch sie wartet natürlich darauf, dass es losgeht.

… Vorbilder für das KEBAP und KEBAP als Vorbild:

Der Energiebunker Wilhelmsburg, der im Rahmen der IBA entstanden ist, war natürlich ein Vorreiter. Der Unterschied ist: Dort stand eine Institution dahinter, während KEBAP aus einem Bürgerprojekt erwachsen ist. Die Mischung von Kultur und Energie ist wohl einzigartig. Ich habe gerade eine Führung für die Uni Kassel gemacht, bei der sich Architekten aus Kuba den Bunker angeguckt haben. Im September kommt Besuch aus Japan. Wir erregen weltweit Aufmerksamkeit. Aber auch der lokale Aspekt ist uns sehr wichtig. Einmal im Monat gibt es öffentliche Führungen, bei denen sich Menschen aus der Nachbarschaft den Bunker von innen ansehen können. Wir sind mit dem Pilotprojekt den Klimazielen der Stadt Hamburg weit voraus. Energie dezentral für die unmittelbare Umgebung zu erzeugen ist zukunftsweisend. Wir hoffen, dass es uns andere nachmachen. Hamburg hat in Deutschland die meisten Bunker, insofern sehe ich da Potenzial.

Im Podcast führt Sie Claus Kienle gleichsam als Audioguide durch das Gebäude, wie es einmal aussehen soll. Am 18. September (17 bis 19.15 Uhr) gibt er im Rahmen der VHS-Reihe „Komplizen für die Zukunft“ vor Ort Einblick in das Projekt. Anmeldungen (9 Euro) sind auf der Seite der Hamburger Volkshochschule möglich.