Hamburg. Auch bei Ausbau von Photovoltaik und Dachgrün agiert Hamburg alles andere als vorbildlich: „Senat handelt gegen eigene Ankündigungen.“
Wenn es um den Klimaschutz geht, stellt sich der rot-grüne Senat in Hamburg gerne als Vorreiter dar. Vor allem der grüne Umweltsenator Jens Kerstan wird nicht müde zu betonen, wie wichtig der schnelle Abschied von Öl- und Gasheizungen und der rasche Ausbau von Photovoltaik auf Hamburgs Dächern ist. Bei den eigenen Gebäuden aber handelt die Stadt ganz anders, als die Regierenden reden. So werden etwa bis heute in städtische Gebäude immer wieder neue Gasheizungen eingebaut. Das musste der Senat jetzt in einer Antwort auf eine Große Anfrage der CDU einräumen.
Demnach wurden seit 2022 bis Mitte dieses Jahres in 89 Gebäuden, die der Stadt oder ihren Unternehmen gehören, Gasheizungen neu installiert. Dazu gehören etwa Immobilien der Stadtreinigung oder von Hamburg Wasser, Friedhofsgebäude, die Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel, drei Elbkinder-Kitas und insgesamt 29 Schulen, in deren Gebäude „Spitzenlast-Gaskessel“ eingebaut wurden. Dabei betont der Senat, dass zuvor stets andere Alternativen, etwa die Nutzung von Fernwärme, geprüft worden seien.
Immobilien Hamburg: Saga und Flughafen setzen weiter auf Gasheizungen
Auch die städtische Wohnungsgesellschaft Saga setzt weiter auch auf fossile Wärme: Seit 2022 ließ sie in 44 Gebäuden neue Gasheizungen einbauen, wobei das Unternehmen offenbar umso mehr auf diese klimafeindliche Technik baut, je länger der Senat sich dagegen ausspricht. Denn die Zahl der von der Saga eingebauten Gasheizungen ist zuletzt von Jahr zu Jahr gewachsen: 2022 waren es neun, 2023 dann 15 und allein im laufenden (ersten Halb-)Jahr schon 20.
Der Hamburger Flughafen hat derweil nach Angaben des Senats im Jahr 2023 „als Reaktion auf eine drohende Gasmangellage“ einen „Zweistoffbrenner“ in sein Heizkesselhaus an der Flughafenstraße 1-3 eingebaut, „der es ermöglicht, Wärme mit Gas und/oder Öl zu erzeugen“. Das zentrale Heizkesselhaus versorgt alle Immobilien des Flughafens mit Wärme.
Photovoltaik Hamburg: Nur auf 2,4 Prozent der städtischen Gebäude installiert
Auch beim Ausbau von Photovoltaikanlagen (PV) auf Dächern ist der Hamburger Senat nicht gerade ein leuchtendes Vorbild. Von den insgesamt 10.748 Gebäuden, die der Stadt selbst oder Töchterunternehmen gehören – darunter Saga, Sprinkenhof oder Hamburg Port Authority und sämtliche Schulen – ist nur auf 255 eine Photovoltaikanlage installiert, also auf gerade einmal 2,4 Prozent der städtischen Immobilien. Zu Jahresbeginn waren es noch 228, der Ausbau geht also zwar voran, aber nicht gerade zügig.
Immerhin hat die Stadt bei mittlerweile 1431 Gebäuden mithilfe von Potenzialanalysen untersuchen lassen, ob die Dächer für PV-Anlagen geeignet sind. Neben den 160 Schulgebäuden, die bereits mit PV-Anlagen ausgestattet sind, ist für weitere 180 „die Tauglichkeit final bestätigt“, sodass die Installation nun fest vorgesehen ist.
Gründach Hamburg: Nur 581 der 10.748 städtischen Gebäude haben eines
Allerdings gibt es auch auf zahlreichen städtischen Gebäuden mit sehr großen Dachflächen bisher weder eine PV-Anlage noch eine abgeschlossene Potenzialprüfung und Installationsentscheidung. Das gilt etwa für das Christianeum (Dachfläche 9206 Quadratmeter), bei dem es laut Senat auch um Denkmalschutzaspekte geht, aber auch für das gemeinsame Gebäude von Umwelt- und Stadtentwicklungsbehörde in Wilhelmsburg (8890 Quadratmeter) oder das Bezirksamt Mitte an der Caffamacherreihe (8652 Quadratmeter).
Abgefragt hat die CDU in ihrer Großen Anfrage auch den Fortschritt bei der Dach- und Fassadenbegrünung auf und an den städtischen Immobilien. Auch hier ist die Stadt nicht gerade ein Vorreiter. Nur 581 der 10.748 Gebäude verfügen bisher über eine Grünbedachung, Anfang des Jahres waren es noch 533. Es gibt also auch hier zwar einen Fortschritt, aber keinen rasanten. Eine Fassadenbegrünung ist bei städtischen Gebäuden noch seltener zu finden, nämlich an nur elf Immobilien, die der Stadt oder ihren Unternehmen gehören.
CDU: „Die Doppelmoral der Grünen zeigt sich auch hier“
„Der Senat handelt gegen die eigenen Ankündigungen. Er muss jetzt endlich die vorhandenen Potenziale effizient nutzen“, fordert CDU-Umweltpolitiker Sandro Kappe mit Blick auf diese nun vorliegenden Daten. „Wir benötigen dringend eine beschleunigte Umsetzung der Photovoltaik-Ausbaupläne und eine Priorisierung der größten Potenziale.“
Mit Blick auf die Heizungen sagte Kappe: „Den Bürgern erzählen der grüne Senator Kerstan und seine grüne Partei, dass sie sich keine Öl- und Gasheizung anschaffen sollen, aber die Stadt selbst baut sie unter grüner Regierung munter weiter in ihre Gebäude ein.“ Das sei ein eklatanter Widerspruch und zeuge von der grünen Doppelmoral, genau wie Kurzstreckenflüge von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock oder die regelmäßigen Flüge des Umweltsenators Kerstan nach Mallorca. Das Fazit des CDU-Mannes: „Hamburg darf sich nicht länger mit leeren Versprechungen zufriedengeben. Der Senat muss jetzt liefern.“
Photovoltaik Hamburg: Senator räumt Fehler der Stadt ein, es werde jetzt aber besser
Umweltsenator Jens Kerstan räumt derweil ein, dass es beim PV-Ausbau auf städtischen Gebäuden lange nicht schnell genug gegangen sei, dies ändere sich aber gerade. „Die Beschleunigung des PV-Ausbaus und das konsequent mitgedachte Gründach sind wichtige Stellschrauben für die Energiewende und das Erreichen der Klimaschutzziele“, sagte Kerstan dem Abendblatt.
„Bisher waren wir als Stadt zu langsam, inzwischen haben wir aber Fahrt aufgenommen. Mit Hamburg Energie Solar haben wir ein Unternehmen, das unbürokratisch und schnell neue PV-Anlagen auf die öffentlichen Dächer bringt und auch auf eine Vollbelegung der Dächer wird gerade im Senat hingearbeitet.“
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Im vergangenen Jahr sei der Ausbau in Hamburg vervierfacht worden, „daran hatten die öffentlichen Gebäude ihren Anteil“, sagte Kerstan. „So wurde u.a. damit begonnen, auch alle geeigneten Schwimmbäder von Bäderland mit PV-Anlagen auszustatten. Mit der PV-Strategie werden wir den PV-Ausbau auch auf öffentlichen Gebäuden weiter beschleunigen.“
Photovoltaik Hamburg: „Wir haben als Stadt eine Vorbildfunktion“
Auch der für die städtischen Immobilien verantwortliche Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) zeigte sich selbstkritisch: „Wir haben als Stadt eine Vorbildfunktion. Gerade deshalb kann ich das Störgefühl verstehen, das Bürgerinnen und Bürger haben müssen, wenn es mit dem PV-Ausbau auch bei uns nicht so schnell läuft, wie wir alle es gern hätten“, sagte Dressel dem Abendblatt. „Damit sind auch wir noch nicht zufrieden. Wir haben das im Haushalt 2025/2026 deshalb noch mal stärker priorisiert.“
Was die neuen Gasheizungen angehe, so werde vor der Installation stets geprüft, „ob alternative Heizungsarten möglich sind“, betonte auch Dressel. In Schulen seien zuletzt nur noch sogenannte „Spitzenlast-Gaskessel“ verbaut worden, so der Finanzsenator. „Das bedeutet, neue Gasheizungen werden benötigt, um Lastspitzen an einigen Tagen im Jahr abzufangen und die vor Ort bereits vorhandene Heizung – z.B. Fernwärme, Wärmepumpe oder ältere Gasheizung – zu ergänzen.“ In Hamburg gebe es „seit 2022 keine neuen Schulen mehr, die komplett mit neuer Gasheizung beheizt werden“.