Hamburg. Was haben Jan Fedder und Karl Lagerfeld, was Siegfried Lenz nicht hat? Einen nach ihm benannten Ort. Dabei wird das seit Jahren gefordert.

  • Anwohner in Othmarschen fordern eine Würdigung für bedeutenden Schriftsteller.
  • Im Oktober jährt sich der Todestag von Siegfried Lenz zum zehnten Mal.
  • Andere verstorbene Hamburger wurden durch Straßenbenennungen geehrt.

Vor knapp zehn Jahren starb Siegfried Lenz – ein bedeutender Schriftsteller und Ehrenbürger von Hamburg und Schleswig-Holstein. „Zehn Jahre sind seitdem vergangen, in denen die Stadt Hamburg es nicht geschafft hat, ihn gebührend – zum Beispiel durch einen Straßennamen – zu ehren. Eigentlich blamabel“, schreibt Erika Beilfuß vom Stadtteilarchiv Flottbek-Othmarschen.

Mit einem Brief an Kultursenator Carsten Brosda (SPD) versucht Beilfuß jetzt, einem ruhenden Dauerthema einen neuen Anstoß zu geben. Denn seit Jahren fordern Anwohner aus den Elbvororten für den Erschaffer der „Deutschstunde“, einem der wichtigsten deutschen Nachkriegsromane, eine Würdigung in seiner Heimatstadt. Möglichst in dem Stadtteil, in dem Siegfried Lenz, der dieses Jahr im Altonaer Theater gewürdigt wird, zuletzt lebte und arbeitete: in Othmarschen. Passiert ist bis heute aber gar nichts.

Siegfried Lenz erhält keine Ehrung, Karl Lagerfeld und weitere Hamburger schon

Wobei man das so nicht sagen kann: Es ist nur in Bezug auf Siegfried Lenz nichts passiert. Für andere verstorbene Persönlichkeiten der Stadt wurden in den vergangenen zehn Jahren durchaus passende Plätze gefunden. Nach dem 2019 verstorbenen Modezar Karl Lagerfeld wurde beispielsweise eine Promenade in der Hamburger Innenstadt benannt, die kürzlich eingeweiht wurde.

Auch dem beliebten Hamburger Schauspieler Jan Fedder, der ebenfalls 2019 verstarb, setzte Hamburg bereits ein Denkmal mit der Benennung einer Promenade an den St. Pauli Landungsbrücken. Für „Uns Uwe“, dem HSV-Idol, beschloss man noch in seinem Todesjahr 2022 eine Würdigung durch die Umbenennung der Sylvesterallee am Volksparkstadion in Uwe-Seeler-Allee. Was haben also Lagerfeld, Fedder und Seeler, was Lenz nicht hat?

Siegfried Lenz: NSDAP-Mitgliedschaft als Grund für fehlende Würdigung?

Erika Beilfuß vom Stadteilarchiv Flottbek-Othmarschen äußert eine Vermutung in ihrem Appell an den Kultursenator. Könnte die „angebliche Mitgliedschaft als Kind in der NSDAP“ Vorwand sein, ihn nicht ehren zu wollen?

Doch Beilfuß schreibt, dass diese Bedenken doch eigentlich ausgeräumt worden seien und das Stadtteilarchiv daher im vergangenen Jahr auch den erneuten Antrag gestellt habe, die Preußerstraße als Wohnort von Siegfried Lenz in Othmarschen umzubenennen oder alternativ doch zumindest eine Schule nach dem bedeutenden Schriftsteller zu benennen. Was die Vorsitzende des Archivs besonders ärgert: „Eine offizielle Antwort auf den Antrag blieb aus.“ Wieder einmal.

Ehrung von Siegfried Lenz: Kulturbehörde verweist auf Bezirk und dieser auf Politik

Auf Abendblatt-Anfrage betont Kulturbehördensprecher Enno Isermann: „Der Senat würde die Benennung einer Straße nach Siegfried Lenz sehr begrüßen. Überlegungen zu einer Umbenennung wurden immer wieder angestellt. Hierzu ist es aber wichtig, dass – wie üblich – der Vorschlag aus dem Bezirk kommt. Dies umso mehr, wenn es sich um eine Umbenennung handelt.“

Zur Frage der NSDAP-Mitgliedschaft bestätigt er, dass die Studie des Historikers David Templin zum Schluss gekommen sei, dass eine Benennung unproblematisch wäre, da sich Siegfried Lenz in seinen Werken sehr kritisch mit der NS-Zeit auseinandergesetzt habe.

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Beim Bezirksamt Altona verweist man auf Anfrage nun wiederum auf die Bezirkspolitik. Diese hatte sich länger nicht mit dem Thema befasst. Im Kulturausschuss war 2016 die geforderte Umbenennung der Preußerstraße Thema, wurde aber verworfen und der Name von Siegfried Lenz lieber für die Benennung einer Straße in der Neuen Mitte Altona vorgemerkt. Die Häuser stehen, für die neuen Straßen im Quartier wurden dann aber Frauennamen bevorzugt.

Othmarschen: Siegfried Lenz – Bürgerverein plant Würdigung zum Todestag

Kulturausschussmitglied Stefanie Wolpert (Grüne), bis zuletzt auch Vorsitzende der Bezirksversammlung in Altona, erinnert: „Siegfried Lenz steht auf der Liste.“ Aber bislang seien alle Idee als nicht angemessen verworfen worden, vielleicht ergebe sich im zweiten Bauabschnitt der Neuen Mitte Altona eine Möglichkeit. Das müssten dann aber andere entscheiden. Denn Wolpert ist nicht mehr Teil der Bezirkspolitik – wie fast alle der bisherigen Mitglieder des Kulturausschusses, der sich nach der Wahl neu aufstellt.

Zumindest die Anwohner in Othmarschen vergessen ihren berühmten Nachbarn nicht und wollen ihn ehren. Der Bürgerverein Flottbek-Othmarschen plant für den Todestag von Siegfried Lenz am 7. Oktober nun eine Veranstaltung, um den Schriftsteller zu würdigen. Diese Planungen laufen zumindest.