Hamburg. Über einen neuen Namen für die Sedanstraße wurde erbittert gestritten. Jetzt hat die Bezirksversammlung Eimsbüttel abgestimmt.

Am Ende der Abstimmung, ob die Sedanstraße in Hamburg-Rotherbaum umbenannt wird, konnte das Ergebnis im ersten Moment keiner so richtig fassen. Vor allem nicht die Initiative, die sich seit Jahren für die Umbenennung einsetzt, sie Ludwig-Baumann-Straße nennen will und davon erst die Linken und dann auch die Grünen überzeugen konnte. Überrascht zeigten sich auch die Anwohner, die sich in den vergangenen Monaten öffentlich für den Erhalt „ihres“ Straßennamens eingesetzt hatten.

So klein die Sedanstraße im Grindel auch ist (es gibt hier nur 29 Hausnummern) – die Debatte über ihre Umbenennung wurde über Monate hitzig, von einigen Anhängern geradezu erbittert geführt. Die Abstimmung über den Antrag der Grünen und Linken, der ein erstes Mal im Februar 2023 in der Bezirksversammlung landete, wurde mehrfach verschoben.

Sedanstraße im Grindelviertel – Initiativen erhielten auf Bezirksversammlung Redeverbot

Zuletzt hatte der Antrag im Hauptausschuss am 11. April auf der Tagesordnung gestanden und war – nach eineinhalbstündiger Diskussion – in die Bezirksversammlung am 25. April verschoben worden. Dort durften die Initiativen „Ja zur Sedanstraße“ und „Sedanstraße umbenennen“ die von ihnen gesammelten Unterschriften übergeben, erhielten dann aber ein Redeverbot. Die stellvertretende Vorsitzende Dagmar Bahr (SPD) sagte: „Es wurde schon alles gesagt und hinreichend begründet.“

Die Anwohner der Sedanstraße hatten sich erst in den vergangenen Monaten öffentlich gegen die Umbenennung „ihrer“ Straße gewehrt.
Die Anwohner der Sedanstraße hatten sich erst in den vergangenen Monaten öffentlich gegen die Umbenennung „ihrer“ Straße gewehrt. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Debattiert wurde daher dann nur unter den Vertretern der verschiedenen Parteien, deren Positionen ebenfalls schon hinreichend bekannt waren. Falk Schmidt-Tobler (Grüne) faste zusammen: „Der Sedankult gilt als eine der Maßnahmen, die dem Nationalsozialismus den Weg vorbereitet haben. Während er an zahlreichen Stellen in Deutschland gewürdigt wird, geht es uns mit der Umbenennung der Sedanstraße in die Ludwig-Baumann-Straße um die Würdigung des Pazifismus.“

Eimsbüttel: SPD will alle Straßennamen im Bezirk auf den Prüfstand stellen

Zur Erinnerung: Durch ihren Namen erinnert die Sedanstraße an die ostfranzösische Stadt Sedan, in deren Nähe die preußisch-deutschen Truppen über Frankreich einen entscheidenden Sieg davontrugen.

Während die Linken ebenfalls ihre Argumente für die Umbenennung vorbrachten, lehnten CDU und FDP diese mit den bereits bekannten Argumenten – Auslöschung der Geschichte, keine Diskussionsgrundlage mehr bei Abschaffung umstrittener Straßennamen – ab. Sie betonten aber, sich einem Vorschlag anschließen zu können, den die SPD überraschend und kurzfristig gemacht hatte.

„Wir möchten ein Gremium gründen, das alle Straßen im Bezirk Eimsbüttel hinsichtlich ihrer Belastung durch Nationalsozialismus oder Kolonialismus überprüft“, so der SPD-Bezirksfraktionsvorsitzende Gabor Gottlieb. „Die Stadt hat hier mit zwei Kommissionen schon gute Erfahrungen gemacht. Daran wollen wir anknüpfen.“

Grindel: Straßenumbenennung – Erleichterung und Ärger nach Abstimmung

Weil die Grünen und Linken aber auf einer Abstimmung bestanden, wurde diese dann durchgeführt. Da zuvor einige Abgeordnete kontroverse Ansichten zu den in dieser Bezirksversammlung herrschenden Mehrheitsverhältnissen hatten, herrschte gespanntes Schweigen unter den Zuhörern im Saal, als erst Linke und Grüne und dann SPD, CDU, FDP sowie AfD die Hände hoben.

Und dann war es ganz schnell vorbei. „Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt“, verkündete Schmidt-Tobler, der auch den Vorsitz der Versammlung führte. Auf den Gesichtern der Vertreter beider Initiativen zeichnete sich zunächst Ungläubigkeit ab – dann war den einen Erleichterung, den anderen Ärger und Fassungslosigkeit anzusehen.

Straße im Grindel: Waren Stimmen der AfD ausschlaggebend für Mehrheit?

Doch es wurde es noch mal spannend. Denn es schien zunächst so, als hätten die Stimmen der beiden AfD-Abgeordneten den Ausschlag gegeben. Denn unter Berücksichtigung der anwesenden Fraktionsmitglieder (Grüne: 17, Linke: 5, SPD: 10, CDU: 8, FDP: 3, AfD: 2) hätte das Abstimmungsergebnis 23:22 gelautet. Die AfD wäre also das Zünglein an der Waage gewesen, was für die anderen Fraktionen bitter gewesen wäre.

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Doch tatsächlich war offenbar ein Mitglied der Grünen während der Abstimmung nicht im Raum gewesen. Und daher wurde der Antrag mit 23:21 Stimmen abgelehnt. Und damit wäre der Antrag auch ohne die Stimmen der AfD abgelehnt worden. Denn ein Gleichstand (in diesem Fall 21:21) ist keine Mehrheit.