Hamburg. Ein Eingang in Altona gibt Rätsel auf. Ein Atom-Bunker sollte hier das Überleben der Menschen sichern. Besichtigung möglich.

  • In einem beliebten Park in Hamburg-Altona gibt es eine geheimnisvolle Tür
  • Sie führt in ein verborgenes Reich aus längst vergangenen Zeiten
  • Was Besucher in dem alten Bunker aus dem Kalten Krieg erwartet

Der Eingang in den Bunker in Hamburg-Altona ist unscheinbar. Umwuchert von frischem Grün führt eine Treppe neben der Louise-Schroeder-Straße in die Tiefe und endet an einer Stahltür. Ein Schild weist darauf hin, dass sich hier ein Schutzraum befindet.

Hinter der Tür gelangen Besucher in eine Art Schleuse, geschützt von 60 Zentimeter dickem Beton und einem verwinkelten Flur: „Strahlung gelangt nicht um Ecken“, nennt Jens Dahm vom Verein Hamburger Unterwelten einen Grund für die ungewöhnliche Architektur, die ein Ziel verfolgte: Gebaut wurde der Keller im Kalten Krieg als Schutz für Hamburger bei Atomwaffenangriffen.

Atombunker: Schutzraum aus dem Kalten Krieg hinter unscheinbarer Tür

Unter dem derzeit im Umbau befindlichen Parkareal, dem sogenannten Grünzug Neu-Altona, liegen hinter 880 Kilogramm schweren Türen mehrere Räume mit Hochbetten, Toilette und Lüftungsanlagen, die auch gegen Biogase schützen sollten.

Die schwere Tür führt zum Eingang in den Atombunker an der Louise-Schroeder-Straße. Wie er bei einem Atomschlag schützen sollte, erfahren Besucher heute bei Führungen.
Die schwere Tür führt zum Eingang in den Atombunker an der Louise-Schroeder-Straße. Wie er bei einem Atomschlag schützen sollte, erfahren Besucher heute bei Führungen. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez
Bunkerexperte Jens Dahm vom Verein Hamburger Unterwelten weiß, wie Menschen in dem Schutzraum in Altona überleben sollten.
Bunkerexperte Jens Dahm vom Verein Hamburger Unterwelten weiß, wie Menschen in dem Schutzraum in Altona überleben sollten. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Windeln, Decken und eine Hinweistafel für die Nutzer liegen bereit auf dem Mobiliar, das die 1960er-Jahre-Optik in Form und Farbe bewahrt hat.

Bunker: Versteckter Schutzraum im Hamburger Westen ist heute zugänglich für Entdecker

Auf einem Schaubild mit Verhaltenstipps laufen nackte Menschen in die Elbe, sie sollen gegen die Strömung schwimmen – zum „Entstrahlen von Menschen und Waffen“. Männer schlagen mit Besen ihre Kleidung aus, sie tragen Gasmasken. Die heute altertümlich anmutenden Anleitungen dienten dazu, das „Überleben der Menschheit“ zu sichern, erklärt Dahm.

Die Hinweistafel im Bunker an der Louise-Schroeder-Straße in Hamburg: Sie gibt Tipps für den Ernstfall eines Atomschlags.
Die Hinweistafel im Bunker an der Louise-Schroeder-Straße in Hamburg: Sie gibt Tipps für den Ernstfall eines Atomschlags. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

In dem unterirdischen Bunker sollten sich gut 100 Frauen, Kinder und Männer für etwa acht Stunden während eines Atomschlags aufhalten können. Auch heute, mit der Bedrohung durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, beschäftigen sich wieder viele Menschen mit dem Katastrophenschutz. Der Bunker in Altona, der damals 170.000 DM gekostet hatte, ist allerdings nicht mehr in Betrieb.

Anfang der 1960er-Jahre startete der Bau der Schutzanlage in Altona während des Kalten Krieges.
Anfang der 1960er-Jahre startete der Bau der Schutzanlage in Altona während des Kalten Krieges. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Bunker in Altona: Geführte Besuche in dem Schutzraum sind möglich

Auch während des Baus sei er eher als Testprojekt denn als wirklicher Schutzraum geplant worden, weiß Dahm. Schließlich fehle hier ein Einlass, der als „Dosieranlage“ das Schließen von innen ermöglicht hätte. „Wer hätte hineingedurft, wer musste draußen bleiben?“, stellt Dahm die entscheidende ethische Frage, die auch durch einen speziellen Eingang und einen Bunkerwart hätte gelöst werden müssen.

Provisorische Liegen in dem Schutzraum nahe der Louise-Schroeder-Straße sollten für die Menschen bei einem Angriff etwas Komfort bieten.
Provisorische Liegen in dem Schutzraum nahe der Louise-Schroeder-Straße sollten für die Menschen bei einem Angriff etwas Komfort bieten. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Heute sind solche Schutzbauten in Deutschland nicht mehr vorgesehen. Allein eine Stadt wie Hamburg mit rund zwei Millionen Einwohnern im Falle einer atomaren Bedrohung zu bewahren, sei unrealistisch, so der Experte. „Und was nützt es uns, wenn wir einen Atomkrieg im Bunker überstehen, es danach aber keine Welt mehr gibt, in der wir leben wollen?“, fragt der Sozialpädagoge etwa bei Besuchen mit Schulklassen, die in der Modellanlage die beklemmende Erfahrung eines potenziellen Ernstfalls nacherleben.

Bunker in Hamburg: Besucher bekommen Informationen über den Ernstfall

Der 58-Jährige bietet Führungen in dem Raum aber auch an, um Kindern und Erwachsenen die Kriegserlebnisse und -traumata der früheren, allmählich verschwindenden Generationen nahezubringen.

Der Bunker in Hamburg war auch mit provisorischen, sonst anders genutzten Gerätschaften eingerichtet, um Geld zu sparen. Er galt als Modellanlage, die im Katastrophenfall nicht zum Einsatz gekommen wäre.
Der Bunker in Hamburg war auch mit provisorischen, sonst anders genutzten Gerätschaften eingerichtet, um Geld zu sparen. Er galt als Modellanlage, die im Katastrophenfall nicht zum Einsatz gekommen wäre. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Denn immerhin gehört der Bunker in Altona zu den wenigen unterirdischen Denkmälern Hamburgs, wo Besichtigungen möglich sind. Auf Anfrage beim Verein „Unterwelten“ können Interessierte hier an einem Besuch teilnehmen. Zwar liegt der Schutzkeller im Eigentum des Bezirksamtes Altona, doch für Bewirtschaftung und Sicherung ist seit 2013 der Verein zuständig.

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Zuvor waren die Räume zeitweise nicht zugänglich – auch wegen eines Gewaltverbrechens nach einer Auseinandersetzung zwischen zwei Obdachlosen – und so in der Öffentlichkeit in Vergessenheit geraten, heißt es vom Bezirk Altona über die auch in der Nachbarschaft kaum bekannte Anlage – anders als der Bunker an der Schomburgstraße, den eine Initiative in einen Energieerzeuger und Kulturtreff umbauen will.