Hamburg. In Altona und am Hauptbahnhof gibt es Baustellen, die Vorbild für die Stadt werden sollen. Was dort geplant ist.

Derzeit sind sie noch nicht so gut für das Stadtklima. Denn die beiden Baustellen in Altona und am Hamburger Hauptbahnhof sind mit Straßensperrungen und Umleitungen verbunden. Das kostet Autofahrer derzeit Nerven – und produziert mehr Abgas. Doch was nur wenige ahnen: Die Stadt baut an diesen Stellen an der Straße der Zukunft.

Das, was derzeit in der Königstraße im Bezirk Altona und dem Högerdamm im Bezirk Mitte umgesetzt wird, soll wegweisend für große Straßenbauprojekte in Hamburg werden. Es handelt sich um ein Pilotprojekt, das laut Verkehrsbehörde zum Standard werden soll.

Verkehr Hamburg: „Blau-grüne Infrastruktur“ für Stadt der Zukunft geplant

Grüner, fahrradfreundlicher, barrierefrei und mit deutlich mehr Möglichkeiten, Regenwasser versickern zu lassen: All das sollen die Straßen der Zukunft ausmachen. Als „Blau-grüne Infrastruktur“ oder „Blue-Green-Streets“ bezeichnet die Hamburger Verkehrsbehörde die Idee. Dahinter steckt, dass Fahrbahnflächen entsiegelt und möglichst viele „blaue“ (Flächen für Wasserspeicherung und Verdunstung) und „grüne“ Elemente (für Beschattung und Kühlung) geschaffen werden.

„Der Ansatz der blau-grünen Infrastruktur ist ein ganzheitlicher“, sagt Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne). Man verbessere nicht nur die Sicherheit und Situation für die Verkehrsteilnehmer, indem man Auto, Rad- und Fußverkehr baulich voneinander trennt. Zudem saniere man Fahrbahnen, verbreitere Gehwege und gestalte Bushaltestellen barrierefrei.

„Wir rüsten die städtische Infrastruktur auch für die zentralen Herausforderungen unserer Zeit – wie Hitze oder Starkregen–, indem wir zusätzliche Bäume pflanzen und Steinwüsten entsiegeln“, so Tjarks.

Sperrung am Hauptbahnhof Hamburg: Umbau Högerdamm geht in nächste Phase

Beispiel Högerdamm am Hamburger Hauptbahnhof: In dieser Woche ging das Projekt in die nächste Bauphase über. Nachdem erste Straßenbauarbeiten abgeschlossen sind, geht es jetzt an die Arbeiten im Untergrund: an den Wasser- und Stromleitungen.

Dafür musste die Sperrung angepasst werden. Eine Einfahrt von der Amsinckstraße kommend aus ist nicht mehr möglich – und das bis zum Abschluss des gesamten Bauprojekts, also voraussichtlich bis Februar 2025.

Im Zusammenhang mit der umfangreichen Sanierung und Umgestaltung der Straße sollen laut Verkehrsbehörde etwa 1200 Quadratmeter entsiegelt werden. Das entspricht in etwa zehn Prozent der von der Baumaßnahme betroffenen Fläche. Nach Abschluss der Arbeiten könnten durch die angelegten Mulden bis zu 26.000 Liter Oberflächenwasser für die Bewässerung der Vegetation sowie Grundwasserneubildung genutzt werden.

Altona: Königstraße – Umbau in zwei Abschnitten, Baustelle bis Ende 2024

Anderes Beispiel: Die Königstraße in Altona. Seit vergangenem Jahr wird hier gebuddelt. Der erste Abschnitt von Max-Brauer-Allee bis zur Mörkenstraße soll laut Verkehrsbehörde voraussichtlich im Sommer dieses Jahres fertig sein. Der zweite Abschnitt von der Mörkenstraße bis zur Reeperbahn wird Ende Februar in Angriff genommen und soll auch noch im Jahr 2024 abgeschlossen sein – wenn denn alles läuft wie geplant.

So stellen sich die Planer die Königstraße nach dem Umbau vor: Sie soll grüner sein und besser für das Stadtklima.
So stellen sich die Planer die Königstraße nach dem Umbau vor: Sie soll grüner sein und besser für das Stadtklima. © Behörde für Verkehr und Mobilitätswende | Verkehrsbehörde Hamburg

An der Königstraße entstehen auf einer Strecke von 2,3 Kilometer neue Radwege, die auch Teil der Veloroute 12 sind. Insgesamt werden in der Königstraße nach dem Umbau 3000 Quadratmeter Fläche entsiegelt, 29 zusätzliche Bäume gepflanzt und auf einer Länge von 300 Meter Mulden angelegt sein, die rund 400 Liter fassen können. Letztere ist ein „blaues“ Element und dient der effizienten Nutzung von Regenwasser, das statt im Siel nun zur Versorgung der Straßenbäume genutzt wird.

Verkehr Hamburg: Stadt investiert 18,5 Millionen Euro in Pilotprojekte

Doch das hat auch seinen Preis: Die Kostenschätzung für den Umbau der Königstraße liegt laut Verkehrsbehörde bei zwölf Millionen Euro. Für den Högerdamm sind aktuell rund 6,5 Millionen Euro für Straßenbau und Leitungsarbeiten vorgesehen. Gut angelegtes Geld, wenn es nach Ansicht des Verkehrssenators geht.

Mehr zum Thema

„Die neue Infrastruktur macht es möglich, das Regenwasser direkt in Baumrigolen einzuleiten und die Straßenbäume mit Wasser zu versorgen“, so Anjes Tjarks. Dadurch werde die Verdunstungsrate erhöht. „Das schützt bei Starkregenereignissen vor Überflutungen und verbessert das Stadtklima vor dem Hintergrund sich aufheizender Städte deutlich. Zudem spenden die Bäume Schatten, tragen zum Lärmschutz bei und binden CO2“, zählt der Grünen-Politiker die Vorteile der Zukunftsstraße auf. Und er möchte mehr davon.

Verkehr Hamburg: Pilotprojekte sollen Blaupause für weitere Projekte sein

„Bislang setzen wir in der Königstraße und im Högerdamm zwei Pilotprojekte mit blau-grüner Infrastruktur erfolgreich um. Sie sollen eine Blaupause für weitere Projekte dieser Art sein“, gibt der Verkehrssenator die Richtung vor. „Wir wollen die blau-grüne Infrastruktur perspektivisch zum Standard bei Sanierungsmaßnahmen machen.“

Das Interesse in anderen Bezirken sei bereits groß. So werde auch bei der Umgestaltung der Steinstraße sowie der Louise-Schröder-Straße in Altona Ähnliches umgesetzt – auch dort werden Flächen entsiegelt.