Hamburg. Ungewöhnlicher Streit-Fall um die Lessers Passage an der Königstraße: Es geht um Denkmalschutz – und einen umfangreichen Schriftverkehr.
Friedrich Uhlmann und Ulrike Vorpagel sind so schillernd und außergewöhnlich wie ihr Zuhause. Das Ehepaar lebt in einem denkmalgeschützten Haus an der Königstraße, das als eines der aufwendigst erhaltenen Privatgebäude in Altona gilt. Dieses mit der Nummer 30 und das Haus daneben mit der Nummer 32 haben sie einst als Ruine erworben und mühsam aufgebaut. Das Besondere am Semperpalais, wie sie es nennen: Es verfügt über einen Torbogen, die Lessers Passage, der als öffentlicher Durchgang genutzt wird.
Die Passage gehört laut Grundbuch der Stadt Hamburg, das unter Denkmalschutz stehende Gebäude darüber und daneben samt Keller gehört wiederum dem Ehepaar Uhlmann-Vorpagel. Klingt einfach, ist es aber nicht.
Hamburg-Altona: Wasser dringt in den Gewölbekeller unter Lessers Passage
Denn die Stadt ist für die Erhaltung des Weges samt Fahrbahn verantwortlich. Laut dem 89-jährigen Uhlmann kommt sie aber ihrer Pflicht nicht nach. Aus Sicht der Bewohner ist die Passage sanierungsbedürftig. Das mache sich vor allem durch einen Punkt bemerkbar: Wasser dringt durch Risse im Asphalt in den darunterliegenden Gewölbekeller.
In diesem hat der Altonaer Schachclub von 1873 sein uriges Zuhause gefunden. Wer allerdings einmal vom Schachbrett aufblickt, sieht die kaputte Decke, von der bereits Putz rieselt. Auf einer Sitzbank steht ein Eimer, weil hier das Wasser manchmal herunterfließt. „Die Oberfläche muss ganz schnell repariert werden“, drängt Uhlmann, der schon seit Jahren mit den Behörden um die Sanierung der Fahrbahn oberhalb des Kellers ringt. Das zeigt ein umfangreicher Schriftverkehr.
Gutachter warnt: Wasser hat zu Korrosionsschäden an Stahlträgern geführt
Eigentümer Uhlmann macht sich Sorgen um das Fundament des Hauses, das aus dem Jahr 1868 stammt und von dem Architekten Manfred Semper (1838-1913, Sohn von Gottfried Semper) entworfen worden sein soll. Dieser wirkte auch beim Hiobs-Hospital an der Bürgerweide 25 und 1891 beim Neubau des Naturhistorischen Museums mit.
„Die Decke ist für diese Belastung nicht konstruiert worden, sie sollte Pferdekutschen aushalten, die durch den Torbogen fuhren, damit die Bewohner trockenen Fußes ihren Eingang erreichen konnten“, sagt der gebürtige Altonaer Uhlmann, dessen Eltern einst die gleichnamige Fleischerei in der Großen Bergstraße betrieben. Er verweist auf Einschätzungen von Fachleuten dazu.
Ein Ingenieur, den er mit einem Gutachten beauftragt hat, schreibt: „Die Durchfahrt ist nicht für die derzeitige Belastung berechnet und konstruiert worden.“ Die dynamische Beanspruchung durch Pkw- und Lkw-Verkehr habe Risse und das eingedrungene Wasser Korrosionsschäden an den Stahlträgern verursacht. Dies müsse zeitnah saniert werden, damit es nicht zu Bruch- und Setzungsschäden komme.
Bezirk Altona: „Es gibt keine Notwendigkeit zur Fahrbahnsanierung“
Doch das Bezirksamt Altona, das im Namen der Stadt die Verhandlungen führt, lehnt jegliche Verantwortung ab. Auf Abendblatt-Anfrage stellt der Bezirk seine Ansicht klar. „Die Fahrbahn ist in keinem schlechten Zustand. Aus unserer Sicht gibt es keine Notwendigkeit zur Fahrbahnsanierung“, erklärt Pressesprecher Mike Schlink.
Dem Bezirk sei bekannt, dass der Keller des denkmalgeschützten Gebäudes feucht sei. Aber: „Es muss durch den Eigentümer ein Nachweis erbracht werden, dass das Wasser durch unsere Fahrbahn in den Keller gelangt. Und damit der Bezirk der Verursacher des Problems ist.“ Genauso könne das Wasser durch eine defekte Drainageleitung, hochdrückendes Grundwasser oder ein kaputtes Fallrohr eindringen. „Das müsste erst mal geklärt werden, um auch an der richtigen Stelle aktiv werden zu können“, so Schlink. Uhlmann hält dagegen, verweist darauf, andere Quellen ausgeschlossen zu haben.
Königstraße 30: Haus war Ruine, heute steht es unter Denkmalschutz
Als Uhlmann in den 1980er-Jahren das Gebäude in der Königstraße Nummer 30 kaufte, glich es nach einem Brand einer Ruine. „Dieses Haus stand zum Abbruch“, berichtet Ulrike Vorpagel und holt ein Fotoalbum als Beweis heraus. Die Aufnahmen zeigen, wie viel Mühe, Zeit und Geld in die Sanierung des Hauses floss. Wie hoch die Summe genau war? „Das wollte ich nie so genau wissen“, sagt Uhlmann, der aber offenbar über das nötige Kleingeld verfügt. „Ich habe Millionen in den Erhalt beider Gebäude gesteckt“, sagt er. Und er wäre auch bereit, erneut Geld und Mühe zu investieren.
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Unabhängig von der Sanierung des Kellers wäre er bereit, die Fahrbahn der Passage für die Stadt zu sanieren. Aber er stellt Bedingungen: Er will klare Verhältnisse, in dem er den Überfahrtbereich kauft, ein Grundbuch daraus machen und die Zufahrt sperren kann. „Wenn es die Stadt öffentlich haben will, dann soll sie sie auch instand halten“, fordert Uhlmann.
Hamburg-Altona: Eigentümer stehe es laut Bezirk frei, rechtliche Schritte einzuleiten
Wie der Bezirk Altona zu einer Sperrung der öffentlichen Passage steht? „Eine Sperrung ist durch den geltenden Bebauungsplan nicht möglich. Der Eigentümer kann eine Änderung des B-Plans beantragen“, sagt Bezirkssprecher Schlink. Ansonsten stehe es dem Eigentümer frei, rechtliche Schritte einzuleiten. Darauf sei mehrfach durch das Bezirksamt hingewiesen worden, genauso wie auf die Option, eine B-Plan-Änderung zu beantragen.
All das klingt langwierig, und was das Gebäude laut Uhlmann nicht mehr habe, ist Zeit. Immerhin stehe er in dieser Sache bereits seit 2019 im Austausch mit den Ämtern, wie zahlreiche Schreiben zeigen, die dem Abendblatt vorliegen. Seitdem sei viel Wasser durch die Kellerdecke geflossen, „der Rost macht sich breit und nagt an der Stabilität des Denkmals“, warnt Uhlmann, der sich jetzt endlich Unterstützung von der Stadt beim Erhalt der Häuser wünscht.