Hamburg. Streit um Bau der Veloroute in Othmarschen: Politik will zurück an Verhandlungstisch. Bezirksamtsleitung bleibt bei harter Linie.
Die einen wollen an den Verhandlungstisch zurück, die anderen fordern jetzt Überbrückungshilfen und die Bezirksamtsleitung in Altona will einfach bauen: Das Ringen um die geplante Baustelle in der Reventlowstraße in Othmarschen geht damit in die nächste Runde.
So kam das Thema im Hauptausschuss am Donnerstagabend erneut zur Sprache. Es lagen zwei Anträge dazu auf dem Tisch, zudem war auch der getroffene Mehrheitsbeschluss für einen Baustopp der Bezirksversammlung erneut Thema.
Hamburg-Othmarschen: Streit um Baustelle – Politiker stimmen für Verhandlungsrunde
Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg (Grüne) hatte, wie angekündigt, die Entscheidung der Bezirksversammlung, den Bau der Veloroute in der Reventlowstraße zu verschieben, beanstandet und die Arbeiten weiter vorangetrieben. Die Bezirkspolitik hätte den beanstandeten Beschluss nun zurückziehen können, so sieht es der formale Ablauf vor. Das geschah am Donnerstag nicht. Es bleibt bei den verhärteten Fronten. Doch zumindest ein Versuch, den Streit zu deeskalieren, wird jetzt unternommen.
Denn der Hauptausschuss stimmte für einen Antrag der FDP, zeitnah eine extern moderierte Verhandlungsrunde einzuberufen. Politiker, Vertreter aus dem Bezirksamt und der unterschiedlichen Interessengruppen sollen daran teilnehmen. Ziel ist ein Interessensausgleich und vor allem eine Versachlichung der Debatte.
Bezirksamtsleiterin aus Altona macht Standpunkt deutlich
Katarina Blume (FDP) sagt dazu: „Das ist ein Schritt, um wieder ins Gespräch zu kommen. Es ist unsere Aufgabe als Politiker, Lösungen zu finden und alles zu probieren.“ Aus Blumes Sicht gebe es in der emotional aufgeladenen Debatte sonst nur Verlierer auf allen Seiten.
Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg machte am Donnerstag aber deutlich, dass es nicht viel zu verhandeln gebe – zumindest nicht, wenn es um die Verschiebung der Baustelle geht. Sie hält weiter an dem Zeitplan und der Umsetzung fest, die in dieser Woche mit dem Fällen von sechs Bäumen begonnen hat. Nach vorheriger Begutachtung ist es in Ausnahmen möglich, bis 15. März Bäume zu fällen. Grundsätzlich müsse jetzt der Senat die Meinungsverschiedenheit zwischen Bezirksamt und Bezirksversammlung klären. „Dies schließt weitere Gespräche zwischen den Beteiligten nicht aus“, heißt es auf Anfrage am Freitag.
Kaufleute der Waitzstraße: „Wir stehen Entwicklungen fassungslos gegenüber“
Ein Punkt, der in der Runde auf den Tisch kommen soll, ist die neue Forderung der Interessengemeinschaft (IG) Waitzstraße nach Kompensation für den aus Sicht der Gewerbetreibenden drohenden Einnahmeverlust durch die erneute Baustelle nahe der Einkaufstraße.
In einer dem Abendblatt vorliegenden Eingabe vom 13. März an die Bezirksversammlung schreiben die Kaufleute: „Wir als Interessengemeinschaft stehen den Entwicklungen fassungslos gegenüber und können nicht nachvollziehen, dass trotz des eindringlichen Widerstands der überwältigenden Mehrheit der vor Ort lebenden Bevölkerung ein Kompromiss vom Bezirksamt nie ernsthaft in Erwägung gezogen wurde.“
Hamburg-Othmarschen: Kaufleute fordern Überbrückungshilfen
In dem Schreiben rechnen die Gewerbetreibenden vor, wie sich Umsatzeinbußen von etwa zehn Prozent auf ihren Gewinn bei gleichbleibend hohen Kosten auswirke – und zwar würden zehn Prozent weniger Umsatz zu 50 Prozent weniger Gewinn führen. Die Kaufleute drängen deshalb auf eine Kompensation. Ihr Vorschlag: Überbrückungshilfen in Form von einem Fixkostenzuschuss für die Betriebskosten.
Zudem fordert die IG einen Zuschuss von 10.000 Euro, um die Öffentlichkeit über die Baumaßnahme und vor allem die Umleitungsstrecke informieren zu können.
Umstritten: Baustopp bis zum Ergebnis der Verhandlungsrunde gefordert
Der FDP-Antrag umfasste zudem einen weiteren, deutlich umstritteneren Punkt. Neben der Einrichtung der Verhandlungsrunde sollte bis zu einem Verhandlungsergebnis auf alle Maßnahmen zum sofortigen Vollzug der geplanten Baumaßnahmen verzichtet werden. Dem stimmten die Mitglieder der Grünen nicht zu, das Bezirksamt sprach erneut davon, den Antrag beanstanden zu müssen.
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Dazu äußert sich Sven Hielscher als CDU-Fraktionschef: „Auch für einen guten Kompromiss ist ein sofortiger Baustopp notwendig. Anstatt umgehend Fakten zu schaffen und Bäume zu fällen, sollte die grüne Bezirksamtsleiterin für eine Vermittlung zwischen den gegenläufigen Interessen sorgen.“ Wie berichtet, versucht die CDU in Altona auch juristisch einen Baustopp zu erzwingen und hat Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht. Eine Entscheidung des Gerichts über den Eilantrag wird in der kommenden Woche erwartet.
Waitzstraße: Linke in Altona stellt Antrag auf Hilfe durch „Online-Marktplatz“
Zu welchen ungewöhnlichen Momenten dieser Zwist führen kann, zeigt der zweite Antrag zu dem Thema im Hauptausschuss. Die Linken, die in der Vergangenheit Zahlungen an die IG Othmarschen oft kritisierten, setzen sich jetzt dafür ein, die Gewerbetreibenden finanziell zu unterstützen.
Aufgrund der negativen ökonomischen Folgen der Baustelle Reventlowstraße für das Nahversorgungszentrum Waitzstraße soll den Kaufleuten sehr kurzfristig durch die Förderung eines „Online-Marktplatzes“ geholfen werden. Der Antrag wurde ebenfalls beschlossen.