Hamburg. Karl-Heinz Dellwo war 1975 an zwei Morden beteiligt. Nun trat er in Bahrenfeld auf, was Eltern empört. Wie es zu der Einladung kam.

Die Umbenennung der Hamburger Stadtteilschule Bahrenfeld in Esther Bejarano Schule wurde vor einigen Monaten groß gefeiert – auch prominente Gäste waren unter den Rednern. Ein Gast aber sorgt im Nachhinein und im Zuge der jüngsten Festnahme der ehemaligen RAF-Terroristin Daniela Klette sowie einer stärkeren Sensibilisierung für das Thema für Verwunderung unter einigen Eltern: Warum trat der ehemalige RAF-Terrorist Karl-Heinz Dellwo bei der Schulveranstaltung in Hamburg-Bahrenfeld auf?

In Gedenken an die jüdische Holocaust-Überlebende Esther Bejarano, die Mitglied im „Mädchenorchester“ des Konzentrationslagers Auschwitz war, war die Stadtteilschule Bahrenfeld im Oktober 2023 nach ihr umbenannt worden. Bejarano war im Sommer 2021 im Alter von 96 Jahren in Hamburg gestorben.

Hamburg-Bahrenfeld: Ex-RAF-Terrorist hielt Rede bei Schulfeier

Auf YouTube gibt es einen Film von der Umbenennungsfeier der Stadtteilschule Bahrenfeld – in diesem sind der Schauspieler Rolf Becker und Christoph Preidt von der Schulaufsicht zu sehen. Und auch die Klasse 5f hat dort einen Auftritt, ebenso wie der Chor Young ClassX. In einer Filmsequenz gleich zu Beginn des Beitrags ist auch zu sehen, wie Karl-Heinz Dellwo am Rednerpult der Schule steht.

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Es sei der ausdrückliche Wunsch von Familie Bejarano gewesen, neben dem Schauspieler Rolf Becker auch Karl-Heinz Dellwo einzuladen. „Joram Bejarano, der Sohn von Esther Bejarano, wollte selber keine Reden halten und schlug Rolf Becker und Karl-Heinz Dellwo vor – beide waren sehr gute Freunde von Esther Bejarano“, sagt Schulleiterin Carola Fichtner.

Die  Esther Bejarano Schule in Hamburg-Bahrenfeld.
Die Esther Bejarano Schule in Hamburg-Bahrenfeld. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Karl-Heinz Dellwo hatte sich in jungen Jahren der Roten Armee Fraktion (RAF) angeschlossen, die auch in Hamburg aktiv war. 1975 beteiligte er sich an der Geiselnahme in der deutschen Botschaft in Stockholm, bei der zwei Botschaftsangehörige ermordet wurden. Zwei Mitglieder des RAF-Kommandos zogen sich bei der ungewollten Detonation eines von ihnen präparierten Sprengsatzes schwerste Verletzungen zu, an denen sie später starben.

Ex-RAF-Terrorist Karl-Heinz Dellwo war an zwei Morden beteiligt

Dellwo wurde zusammen mit den anderen drei überlebenden Tätern – Hanna Krabbe, Bernd Rössner und Lutz Taufer– verhaftet und am 20. Juli 1977 zu zweimal lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt, unter anderem wegen zweifachem gemeinschaftlichen Mordes in Tateinheit mit Geiselnahme.

Später, nach seiner Freilassung, war Dellwo in Hamburg als Gastronom, Verleger – auch der „Erinnerungen“ von Esther Bejarano – und Dokumentarfilmer tätig. Unter anderem war er Geschäftsführer in der Cantina Popular am Schulterblatt.

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Dass dieser Mann vergangenes Jahr nun Gast einer Schulveranstaltung in Bahrenfeld war, missfällt manchen. Eine Mutter, die gern anonym bleiben möchte, ist empört: „Ich finde es unsäglich, dass ein Mensch, der diesen Staat offensichtlich abgrundtief hasst, von diesem sogar als Laudator einberufen wird und den Schülern somit als Vorbild präsentiert wird. Der Typ muss sich kaputtlachen.“

Dellwo, so die Schulleiterin, habe 20 Jahre im Gefängnis gesessen und „sich von der RAF distanziert“. Die Schulbehörde habe seine Teilnahme als Redner ausdrücklich erlaubt, es seien an sie persönlich keine Beschwerden von Eltern oder anderen im Vorfeld oder im Anschluss dazu herangetragen worden.