Hamburg. Deutschland blickt nach Klettes Festnahme auf Berlin. Dabei spielt auch eine andere Großstadt in der RAF-Geschichte eine wichtige Rolle.
Es war eine der aufsehenerregendsten Fahndungserfolge der vergangenen Jahrzehnte: Zielfahnder des niedersächsischen Landeskriminalamts (LKA) haben vor wenigen Tagen in Berlin die seit mehr als 30 Jahren gesuchte Terroristin Daniela Klette (65) festgenommen. Nachdem es jahrelang ruhig um sie war, ist die Rote Armee Fraktion (RAF) wieder in aller Munde – oder eher das, was von der einst so gefürchteten linksextremistischen Terrorgruppe übrig geblieben ist.
Zwei Namen beschäftigen die Ermittler weiterhin: Von Klettes mutmaßlichen Komplizen Ernst-Volker Staub (69) und Burkhard Garweg (55) fehlt noch immer jede Spur. Als Mitglieder der sogenannten dritten Generation der RAF trieben sie insbesondere in den 80er- und 90er-Jahren ihr Unwesen.
RAF: Klette, Staub, Garweg – die Spuren der Terroristen führen auch nach Hamburg
Am Sonntag bestand dann kurz die Hoffnung, dass die Ermittler auch Staub und Garweg geschnappt haben könnten. Rund 130 Beamte waren in Berlin im Einsatz. Der Zugriff erfolgte in Friedrichshain. Doch dann kam schnell die Ernüchterung: Unter den Festgesetzten waren nicht wie erhofft die beiden Gesuchten.
Klette, Staub, Garweg – ein Trio, das neben seiner Aktivität in der RAF noch eine weitere Station in seinem Leben verbindet: Sie alle lebten zeitweise in Hamburg, tun es zwei von ihnen vielleicht heute noch?
Hamburg galt in den 1970er-Jahren als Hochburg der RAF
Vor allem in den frühen 1970er-Jahren galt die Hansestadt als eine der Hochburgen der RAF. Sie war logistischer Stützpunkt, weil es hier konspirative Wohnungen gab und eine relativ große Unterstützerszene.
Wichtige Ereignisse spielten sich hier ab. Man denke nur an die spektakuläre Festnahme von Gudrun Ensslin im Jahr 1972. In einer Boutique am Jungfernstieg wurde die Terroristin erkannt und schließlich verhaftet. Für Schlagzeilen sorgte seinerzeit auch der Mord an dem Hamburger Polizeibeamten Norbert Schmid. Er wurde 1971 erschossen, als er am Poppenbütteler Heegbarg drei RAF-Verdächtige kontrollieren wollte. Schmid war das erste Mordopfer der Terroristengruppe.
Besonders im Leben des Ernst-Volker Staub dürfte Hamburg eine besondere Rolle gespielt haben. Der 69-Jährige wurde 1954 in Hamburg geboren. Am Gymnasium Farmsen soll er sein Abitur gemacht, an der Uni Hamburg studiert haben.
RAF-Terrorist Burkhard Garweg soll sich in Hamburgs Hafenstraße radikalisiert haben
Auch sein RAF-Komplize Garweg verbrachte einen Teil seiner Kindheit an der Elbe. Früh soll er mit seinen Eltern aus seiner Geburtsstadt Bonn in den Norden gezogen sein. Später, in den 80er-Jahren, radikalisierte sich der heute 55-Jährige in einem der besetzten Häuser an der Hafenstraße.
Auf das Konto der dritten RAF-Generation gehen unter anderem die Morde an Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen (1989) und Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder (1991). Das Trio, das nun im Fokus der Ermittler steht, soll zudem an einem Sprengstoffanschlag auf den Neubau der JVA in Weiterstadt (Hessen) beteiligt gewesen sein.
Staub und Garweg sollen für ein Dutzend Überfälle verantwortlich sein
Bereits seit Jahrzehnten sind die beiden auf der Flucht, haben die Fahnder im Nacken. Nachdem die RAF 1998 in einem offiziellen Schreiben ihre Auflösung bekannt gegeben hatte, sollen Klette, Staub und Garweg weitere Verbrechen begangen haben. Das wirft ihnen die Staatsanwaltschaft Verden in Niedersachsen vor. Den beiden Männern werden zwölf Raubstraftaten zur Last gelegt und versuchter Mord.
Und diese Taten liegen noch gar nicht so lange zurück. Zwischen 1999 und 2016 sollen sie Geldtransporter und Supermärkte überfallen haben. Schwerpunkt war Niedersachsen. Einer dieser Coups ereignete sich gar nicht so weit von Hamburg entfernt, in Stuhr bei Bremen. Am 6. Juni 2015 wurde dort vor einem Real-Markt ein Geldtransporter überfallen. Zwar machten sie bei diesem Vorfall keine Beute. Insgesamt sollen dem RAF-Trio im Zuge ihrer Beutezüge mehrere Hunderttausend Euro in die Hände gefallen sein.
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Nachdem es nun jahrelang ruhig war um die Bande, führte die Polizei im März des vergangenen Jahres eine Razzia in einem Hamburger Hotel durch. Durchsucht wurde ein Zimmer, das Garwegs Bruder genutzt haben soll. Die Fahnder hatten auf Hinweise gehofft, die ihnen Anhaltspunkte auf den Aufenthaltsort des früheren RAF-Terroristen geben könnten.
Bei „Aktenzeichen XY ...“ machten Fahnder neue Infos zu den Gesuchten öffentlich
Nun folgte die spektakuläre Festnahme von Daniela Klette, die auch in Hamburg für Furore sorgte. An der Roten Flora in der Sternschanze wurde ein Banner gehisst, das Sympathie mit Klette, Staub und Garweg bekundet. „Wir stehen zusammen! Für Euch Gesundheit & Glück!“, steht dort geschrieben.
Mitte Februar waren niedersächsische Zielfahnder mit neuen Erkenntnissen in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ abermals an die Öffentlichkeit gegangen. Am vergangenen Sonnabend folgten dann neue Fotos, die zeigen sollen, wie der gesuchte Garweg heute aussieht. Wo Garweg und Staub stecken, ist unklar. Die fieberhafte Suche geht weiter. Vielleicht auch in Hamburg?