Hamburg. Am Montag sollen Arbeiten in Altona starten. Breite Front fordert Baustopp. Wie Vertreter der Bahn überraschenden Beginn erklären.
Plötzlich ging es ganz schnell. Über Nacht erreichte die Initiative Sternbrücke die Nachricht, dass der lange erwartete Planfeststellungsbeschluss für den geplanten Abriss und Neubau der Bahntrasse an der Stresemannstraße Ecke Max-Brauer-Allee nun auch wirklich da ist.
Damit können die Bagger rollen. Das umstrittene Bauprojekt in Altona kann starten. Was die Deutsche Bahn auch unmittelbar tun will.
Deutsche Bahn: Abriss der Sternbrücke soll in Gebäuden des Clubs Waagenbau starten
Wie Vertreter der Deutschen Bahn am Freitagmorgen bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz mitteilten, soll am Montag mit ersten Abrissarbeiten begonnen werden. Los geht es mit den leer stehenden Gebäuden, in denen einst der Club Waagenbau sowie eine Autowerkstatt ansässig waren. Außerdem sollen zeitnah 40 Bäume gefällt werden. Genau das sorgt bei den Kritikern, die von der Bahn einen fairen Umgang miteinander fordern, für großes Unverständnis.
Auch die Initiative Sternbrücke hatte am Freitagmorgen zur Pressekonferenz geladen, um die nächsten Schritte vorzustellen. Dabei wurden sie von den Ereignissen überrollt. „Wir haben zufällig auf der Internetseite der Bahn gesehen, dass der Planfeststellungsbeschluss da ist“, sagte Sprecher Axel Bühler, der erklärte, für ein breites Unterstützerbündnis zu sprechen.
Sternbrücke: Breites Bündnis fordert Neuplanung statt Monsterbrücke, „für die sich alle schämen“
Mehr als 60 Organisationen der Stadt sowie 200 Einzelpersonen hätten sich einem Aufruf der Initiative Sternbrücke angeschlossen. Darunter: der ADFC, der Denkmalverein, die Linke, fluchtpunkt, Bands wie Meute oder Mieter helfen Mieter. In dem Aufruf fordert die Gruppe einen Baustopp, um eine Klage und Neuplanung mit einer Beteiligung auf Augenhöhe möglich zu machen. „Wir wollen eine atemberaubend schöne Sternbrücke, auf die Hamburg auch in 100 Jahren noch stolz sein kann, nicht eine Monsterbrücke, für die sich alle schämen“, heißt es in dem Schreiben.
Gegen den jetzt veröffentlichten Planfeststellungsbeschluss wollen die Kritiker klagen. Die Rolle wird der Umweltverband „Prellbock Altona“ übernehmen. Der kennt sich mit Klagen gegen Bauprojekte der Deutschen Bahn aus. Bereits gegen den Bau des Fernbahnhofs Diebsteich in Altona klagte der Verband.
Schanzenviertel: Prellbock hat Klage gegen weiteren Brückenbau in Hamburg eingereicht
Zudem erklärte Sprecher Michael Jung am Freitag, dass der Verband auch juristisch gegen den ebenfalls vor einem Monat eingereichten Planfeststellungsbeschluss zum Neubau der Schanzenbrücke vorgehe. Auch diese ehemals unter Denkmalschutz stehende Brücke, die über die Schanzenstraße führt, muss abgerissen und neu gebaut werden. Im Unterschied zur Sternbrücke, die als monströs kritisiert wird, wäre die geplante neue Schanzenbrücke einige hundert Meter weiter eine Sparversion, kritisiert Jung.
„Bei der Schanzenbrücke muss die Bahn die Finanzierung alleine aus ihren vom Bund zugewiesenen Mitteln wuppen“, so Jung weiter. Das würde sich in der Planung bemerkbar machen, die „stadtbildzerstörend ist“.
Als stadtbildzerstörend wird aber auch die in ihren Maßen deutlich umfangreichere neue Sternbrücke kritisiert. Die Kosten für das Projekt, das bis 2027 umgesetzt werden soll, belaufen sich laut Auskunft der Projektplaner von Freitag auf 170 Millionen Euro. Da die Stadt Wünsche an den Bau formuliert habe – unter anderem will man den Verkehrsbereich unter der Brücke deutlich erweitern – trage auch die Stadt Hamburg einen Teil der Kosten. Laut der Sprecherin der Deutschen Bahn teilt man sich die Kosten damit etwa 50 zu 50.
- Opening PAL Hamburg: Beliebter Techno-Club kommt zurück – die neue Location
- Sternbrücke in Hamburg: Verwirrung um Abriss der ersten Häuser
- Sternbrücke in Altona – Bürger dürfen über Zukunft mitentscheiden
„Es macht überhaupt keinen Sinn, die Brücke für eine vierspurige Straße zu planen, wenn die Fahrbahnen davor und dahinter nur dreispurig sind. Die Planung ist schlecht, und wir sind überzeugt, dass es grobe Planungsfehler gibt“, sagt Axel Bühler von der Initiative Sternbrücke. „Wir werden daher unser Möglichstes tun, dass es nicht so weit kommt.“
Zeitnah will man nun auch die Klage gegen die aus Sicht der Kritiker schlecht geplante neue Sternbrücke einreichen. Vier Wochen hat man dafür Zeit. Währenddessen fordern die Initiativen von der Deutschen Bahn und dem Senat, keine Fakten zu schaffen. „Bahn und Stadt haben das Planfeststellungsverfahren jahrelang verschleppt. Die vorgeschobene Dringlichkeit und Eile dienen einzig dazu, vollendete Tatsachen zu schaffen, bevor ein Gericht diese Fehlplanung stoppt“, kritisiert Michael Jung.
Deutsche Bahn: „Brücke ist ein essenzieller Baustein im Schienennetz Deutschlands“
Bei der Deutschen Bahn sieht man das anders. Hier will man nach der vier Jahre langen Planungsphase mit dem Beschluss nun auch endlich anfangen. „Es wurde in einem langen Verfahren die Sinnhaftigkeit geprüft und alle Einwände abgearbeitet“, heißt es dazu vom Vertreter der Deutschen Bahn.
Nach 100 Jahren sei die Sternbücke den Anforderungen der Zukunft nicht mehr gewachsen, wie DB-Projektleiter Markus Warnken sagt. „Es handelt sich hierbei um eine der bedeutendsten Bauwerke für die Bahn. Die Brücke ist ein essenzieller Baustein im Schienennetz Deutschlands“, führte Wanken aus. „Jeder Fernzug in Richtung Süden fährt hier lang.“ Es handle sich um ein riesiges Infrastrukturprojekt, ergänzte seine Kollegin Janna Widmaier, dass das Quartier an dieser Stelle verändern werde. Und schon tut.
Sternbrücke: Für Bau werden 86 Bäume gefällt, Bewohner und Musikclubs mussten umziehen
Für den Brückenneubau mussten, wie berichtet, zahlreiche der hier ansässigen Clubs umziehen. Auch Bewohner sind von dem Abriss von an den Gleisen nahe stehenden Gebäuden betroffen. „Wir haben für acht Personen neuen Wohnraum umfeldnah beschafft“, so Widmaier. Zudem bemühe man sich, den Eingriff in die Umwelt so gering wie möglich zu halten.
Trotzdem müssen insgesamt 86 Bäume weichen, 215 werden nachgepflanzt, davon 115 im Umfeld, so die Planer der Deutschen Bahn. In einem ersten Schritt sollen noch rund 40 Bäume fallen – und zwar in der erlaubten Zeit bis Ende Februar. Für Autofahrer und Bahnfahrer werden die Arbeiten dann in 2026 richtig spürbar. Allein vier Wochen lang muss die Bahnstrecke dann voll gesperrt werden. Für den Autoverkehr fällt der wichtige Knotenpunkt noch länger weg. Wie lange, blieb offen. Auch für den Bau einer nötigen Kabeltrasse wird es Straßensperrung geben. Darüber will die Bahn dann jeweils zeitnah informieren.