Hamburg. Initiatorin Manuela Maurer erzählt im Podcast „Schmeckt’s?“, wie ihr Projekt entgegen jedem Plan zum erfolgreichen Unternehmen wurde.

Sie bezeichnet sich als Sozialunternehmerin. 2016 hat Manuela Maurer zusammen mit starken Frauen aus Syrien, dem Nahen Osten und Afrika das Catering-Unternehmen Chickpeace gegründet. Was als kleines Kochprojekt der Flüchtlingshilfe begann, macht heute zahlreichen Kunden die arabische und afrikanische Küche schmackhaft. Die Erfahrung der Köchinnen, dass ihr Kulturgut von den Deutschen geschätzt wird, sei unbezahlbar, sagt Maurer im Abendblatt-Podcast „Schmeckt’s?“

„Chickpeace“, das setzt sich zusammen aus „Chicks“ (selbstbewusste Frauen) und „Peace“ (Frieden). Etwas anders geschrieben – Chickpeas – ist es das englische Wort für Kichererbsen, eine Standardzutat in den am Herd vertretenen Ländern. „Ich war in der Flüchtlingshilfe Harburg engagiert. Was kann man miteinander machen, wenn man sich sprachlich nicht verständigen kann?

Chickpeace vereint verschiedene Kulturen

Wir haben angefangen, gemeinsam zu kochen. Ein bis zwei Frauen waren die Chefinnen des Tages und haben bestimmt, was es Landestypisches zu essen gibt. Wir haben gemeinsam auf dem Harburger Wochenmarkt eingekauft und dabei gleich erste Vokabeln vermittelt. Und die Gerichte dann selbst gegessen“, erzählt Manuela Maurer.

Ein Freund des Vereins fragte dann, ob die talentierte Frauencrew nicht auch für andere kochen würde. „Ich habe die Frauen gefragt – sie haben zugestimmt. Das war unser erster Auftrag, es war wunderbar. Eine Frau aus dem Team hat ihre Kultur präsentiert. Sie ist mit den Worten, die sie kannte, in die Menge von 70 Leuten gegangen. Sie hat mit Händen und Füßen erklärt, was auf dem Tablett ist. Das war der Zündfunke, daraus mehr zu machen.“

Die Köchinnen: Ein bunt gemischter Haufen

Von 2016 bis 2019 hatte sich Chickpeace stark entwickelt. Maurer: „2019 waren hier über das ganze Jahr verteilt 50 Frauen im Team. Dann kam Corona. Jetzt sind fünf Frauen fest im Team, die fast täglich kochen und Aufträge bedienen, die hereinkommen.“ Die Frauen kommen überwiegend aus Syrien, aus Aleppo. Aber auch eine Irakerin ist dabei. „2018/2019 hatten wir auch Köchinnen aus Eritrea, Somalia, Afghanistan – ein bunt gemischter Haufen.“ Gekocht wurde zunächst an der Harkortstraße, seit Herbst 2021 im ehemaligen Ottensener Stadtteilcafé.

Die Zeit der Wochenmarkt-Einkäufe ist passé, heute liefert ein Gemüsehändler in Ottensen die bestellte Ware an. „Maisaa, eine unserer Chefköchinnen, ordert bei ihm, was wir am nächsten Tag brauchen. Alles, was wir benötigen, bekommen wir beim Hussein. Wenn es mal zu ausgefallen wird, dann kaufen die Frauen es in einem ihrer Spezialläden ein und bringen es mit“, sagt Maurer.

Authentisches Essen mit sozialem Beigeschmack

Die Chicks kochen für Privatleute, meist zu feierlichen Anlässen. Das zweite Standbein sind Unternehmen. „Wir catern Betriebsfeste, Sommer- und Weihnachtsfeiern, beliefern Stiftungen zu verschiedenen Anlässen. Sie alle bekommen authentisches Essen, das gekocht ist wie zu Hause. Und gleichzeitig einen sozialen Nutzen erfüllt.“ Die Kunden kommen in der Regel über die Website oder durch Mundpropaganda.

Am Telefon werden zunächst die Gerichte erklärt. „Wir haben eine feste Speisekarte aus rund 35 Positionen. Viele Kunden, die zu uns kommen, kennen die arabische Küche, andere nicht. Dann braucht es mehr Beratung. Wenn der Auftrag steht, plant Maisaa den Einkauf und Personaleinsatz. Das machen die Frauen unter sich.“

Keine Extrawünsche – Kulturgut geht vor

Kompromisse auf Kundenwunsch seien ausgeschlossen: „Die Küche der Frauen ist für sie Heimat. Es ist ganz wichtig, dass das Kulturgut so, wie es ist, erhalten bleibt. Die Erfahrung, dass ihr Essen wertgeschätzt wird, bringt Selbstbewusstsein. Durch das Projekt habe sie eine Leidenschaft für die orientalische Küche entwickelt, sagt die studierte Sozialpädagogin.

Ihre Lieblingsspeise? „Ich mag unsere Falafel sehr gerne und die arabische Linsensuppe, gekocht mit getrockneter Minze.“ Generell seien viele Speisen fleischlos. „Wenn Kunden nach einem veganen oder vegetarischen Menüvorschlag fragen, ist das für uns überhaupt kein Problem.“

Von Geback über Hauptspeisen bis Süßspeisen

Der Mezze-Bereich (Vorspeisen aus dem Nahen Osten) sei bei Chickpeace besonders vielfältig. Hinzu kommen warme und kalte Hauptspeisen, Gebäck und Süßspeisen. Manche Kunden wählen klassisch Vorspeise – Hauptgericht – Dessert. Aber die arabische Küche stehe für Vielfalt, da machten oft viele Kleinigkeiten ein Hauptgericht.

Die Küche sei „sehr fein im Geschmack“, schwärmt Maurer. „Es werden feine Gewürze verwendet. Die Zutaten sind weniger exotisch; das sind Paprika, Kartoffeln, Auberginen, Zucchini. Die Gewürze und die Zubereitungsart machen den Unterschied. Die eritreische und somalische Küche ist sehr viel schärfer. Wir setzen mehr auf die arabische Küche.“

Gefragt nach Beispielen, gehen der Sozialunternehmerin die arabischen Namen ganz locker von der Zunge. Der Tabouleh-Salat sei ein klassischer Vorspeisensalat, ebenso gegrillte Möhren oder gegrillte Rote Bete, Paprikacreme, Hummus, Falafel. Zu den Hauptspeisen zählen Fatet Dajaj (zerpflücktes Hähnchenfleisch), gegrillte Auberginen, gefüllt mit Schafskäse oder Hack. Als Nachtisch gibt es zum Beispiel: Katayefs (Blätterteig-Dreiecke, gefüllt mit frischer Mascarpone) oder Halawet el jiben (Grießröllchen, in die Mozzarella eingerollt wurde).

Beim Projekt gehe es auch darum, Arbeitsplätze zu schaffen, sagt die Chefin. „Wir mussten herausfinden, ob die Kunden uns treu bleiben und wieder bestellen. Diese Stabilität brauchen wir. Das gelingt uns von Jahr zu Jahr. Und das ist fantastisch.“ Während der Pandemie wurde auch bei Chickpeace auf halber Flamme gekocht. „Wir merken, dass das Geschäft jetzt zurückkommt.

Als nächstes kommt eigener Lieferservice

Da wird nicht vorsichtig für acht bis zehn Personen, sondern gleich für 50, 60, 70 Leute geordert. Die Größe schaffen wir ohne Probleme. Alle haben ein gutes Gefühl, wieder eine Perspektive zu haben.“ Der nächste Schritt sei ein eigener Lieferservice: „Demnächst wird eine bunte Kichererbse durch Hamburg fahren. Die erste Frau hat ihren Führerschein gemacht.“

Eine weitere Entwicklung wäre, das Angebot um ukrainische Speisen zu erweitern. „Darüber haben wir im Team gesprochen. Das ist ein großes Thema bei den Frauen. Wir haben Kontakte zu zwei Organisationen und laden ukrainische Frauen mit ihren Kindern ein. Dazu gehen wir in das ursprüngliche Büfett-Begegnungsformat zurück, um sich kennenzulernen. Daraus könnte etwas entstehen.“