Hamburg. Am Wochenende drohte eine erneute Evakuierung. Warum Bewohner und Besucher im Schanzenviertel jetzt aufatmen können.
Gute Nachrichten für die Menschen im Hamburger Schanzenviertel: Am kommenden Wochenende wird es keine weitere Bombenentschärfung geben. Dabei hatte es so ausgesehen, als würde im Bereich des Bahndamms, an dem die Bahn Sondierungsarbeiten durchführen ließ, noch weitere Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg im Boden liegen. Noch am Dienstag hieß es, dass eine weitere Evakuierung in dem Viertel drohen könnte.
„Erfreulicherweise konnte durch besondere Messverfahren festgestellt werden, dass es sich bei den bestehenden Anomaliepunkten an der Bahnstrecke nicht um Bombenblindgänger handelt“, so Sabine Brunkhorst von der Bahn. „Daher werden am Sonnabend, 22. Juli, die geplanten Öffnungen der Tiefenanomalien nicht mehr stattfinden. Eine Evakuierung wird nicht mehr notwendig sein.“
Bombe im Schanzenviertel: Bahn gibt Entwarnung
Vergangenen Montag hatten noch rund 5000 Menschen rund um die Bartelsstraße ihre Wohnungen verlassen müssen, nachdem auf der dortigen Baustelle nahe der S-Bahn-Brücke eine Fliegerbombe entdeckt worden war. Der 500 Pfund schwere Blindgänger war mit einem der berüchtigten chemischen Langzeitzünder bestückt. Die Entschärfung solcher Bomben gilt als besonders gefährlich.
Die Arbeiten hatten sich in die Länge gezogen. Erst nach 13 Stunden war der Blindgänger vom Kampfmittelräumdienst der Feuerwehr unschädlich gemacht worden.
Blindgänger in Hamburg: Nur eine Frage der Zeit bis zur nächsten Entschärfung
Auch wenn es am Wochenende zu keinen neuen Entschärfungsaktionen kommen wird, ist es nur eine Frage der Zeit, wann in Hamburg der nächste Blindgänger entdeckt wird. Alliierten-Flugzeuge haben während des Zweiten Weltkriegs etwa 107.000 Sprengbomben, 300.000 Phosphor- und mehr als drei Millionen Brandbomben auf Hamburg abgeworfen.
Experten gehen von einer Blindgängerqoute von mehr als zehn Prozent aus. Man schätzt, dass 1500 bis mehr als 2000 Blindgänger im Bereich der Stadt noch nicht gefunden wurden.
Bombenblindgänger werden in Hamburg nicht mehr präventiv gesucht
Seit 2001 wurden in Hamburg jährlich zwischen zwei und 24 große Bombenblindgänger entschärft. Die Zahl ist stark abhängig von der Bautätigkeit. Eine präventive Suche findet kaum noch statt, seitdem die CDU in ihrer Regierungszeit die Kampfmittelsondierung privatisiert hat. Vorher waren noch Bombenblindgänger unter Leitung des Kampfmittelräumdienstes gesucht worden.
Dazu hatte man eine Luftbildauswertung, die auf rund 30.000 Fotos zurückgreifen konnte, die alliierte Aufklärer nach den Luftangriffen gemacht hatten. Was im Krieg dazu diente, den Erfolg eines Angriffs zu überprüfen, wurde Grundlage für die Suche nach Blindgängern.
- Explosion in St. Georg – eine Person schwer verletzt
- Erneut Bombe auf Hamburger Baustelle gefunden
- Feuerwehr Hamburg sauer auf Twitter- „Ist das Euer Ernst?!“
- „Manchmal dachte ich danach, das war knapp“
Die Fotos, die der ehemalige Sprengmeister und Leiter des Kampfmittelräumdienstes, Manfred Schubert, aus den Archiven der Alliierten beschafft hatte, zeigen nicht nur die Schäden, sondern auch die nur kleinen Krater, die nicht explodierte Bomben in den Boden gerissen hatten.
Bomben in Hamburg – Experten sehen große Gefahr durch Blindgänger
Dass heute Blindgänger nicht mehr präventiv gesucht werden, halten Experten für eine große Gefahr. Gerade Blindgänger mit Langzeitzünder, wie in der Bartelsstraße, können von selbst detonieren. Bei ihnen ist im Gegensatz zu herkömmlichen Sprengbomben der Schlagbolzen gespannt. Er wird von Plättchen aus Zelluloid zurückgehalten. Wird das Material brüchig oder der Zündmechanismus durch leichte Erschütterungen wieder in Gang gesetzt, kann es den Schlagbolzen freigeben. Die Bombe detoniert.
Die meisten Blindgänger werden in Hamburg in den südlichen Stadtteilen vermutet. Dort liegen viele Industrie- und Hafenanlagen, die im Zweiten Weltkrieg besonders stark bombardiert wurden. Dort warfen die britischen und amerikanischen Bomber, die ihr Ziel nicht gefunden hatten, ihre Bombenlast ab, um nicht mit ihr zurück zu den Basen in England fliegen zu müssen.