Hamburg. Peter Bodes, Leiter des Kampfmittelräumdienstes, geht in den Ruhestand. Er erhält silberne Ehrendenkmünze des Senats.

Er ist einer der Männer, denen man nachsagt, sie hätten Nerven wie Drahtseile. Peter Bodes ist Sprengmeister, einer, der die Hinterlassenschaften des Zweiten und manchmal Ersten Weltkriegs beseitigt. 30 Jahre war er beim Kampfmittelräumdienst Hamburg, davon 13 Jahre als dessen Leiter. Jetzt ist Schluss. Der Mann mit den eisernen Nerven geht in Rente.

Viele Zufälle führten ihn, wie Bodes selbst sagt, nach Hamburg und in diesen außergewöhnlichen Beruf. Eigentlich habe er, der gebürtige Hesse, so was wie „Bademeister“ gelernt. Wobei der Begriff etwas zu kurz greift.

Physik und Chemie liegen ihm

Er betreute damals große Schwimmbäder. „Da ist viel technisches Verständnis gefragt und Wissen über Physik und Chemie gefordert“, sagt Bodes. Das liegt ihm. Dann rief die Bundeswehr. „Ich wollte als sehr guter Schwimmer, der in seiner Freizeit auch in der DLRG war, eigentlich zur Sportschule, landete aber bei der Marine in Eckernförde“, so Bodes. Dort wurde ihm eröffnet, dass er zukünftig etwas mit Minen zu tun haben werde. „Das war damals reiner Zufall“, sagt Bodes.

Zufall war es auch, dass ihn, mittlerweile Zeitsoldat, ein bärtiger Seebär ansprach, wie Bodes sich erinnert. „Der hatte den DLRG-Aufkleber auf meinem Auto gesehen und gefragt ob ich mit Tauchen kommen würde.“ Der „Bärtige“ war Chef der Minentaucher, einer Elitetruppe der Marine. Und der war begeistert vom jungen Peter.

Jobwahl zum Leidwesen des Vaters

„Ich habe dann an der Ausbildung teilgenommen“, sagt er. Mit 120 Mann fingen sie an. Am Ende blieben sieben Soldaten übrig. „Als Minentaucher lernte ich den Umgang mit Sprengstoffen oder das Beseitigen, aber auch das Legen von Minen“, erzählt Bodes.

Dann der nächste Zufall. Fast zwölf Jahre war Bodes bereits Soldat, als in Eckernförde ein Zettel an der Pinnwand hing. Die Stadt Hamburg suchte auf diesem Weg Mitarbeiter für den Kampfmittelräumdienst. Bodes nahm das Angebot an – sehr zum Leidwesen seines Vaters, der ihn gern als Student an der Uni in Gießen gesehen hätte.

Dort lehrte der Vater selbst. 1989 folgte die Anstellung als Entschärfer. „Damals sind wir durch Hamburg gezogen, hatten zwei oder drei Bereiche, die wir absuchen ließen und wo wir Kampfmittel entschärften“, so Bodes.

2007 wurde Peter Bodes Leiter des Kampfmittelräumdienstes

Es folgten Umorganisationen, der Beitritt des Kampfmittelräumdienstes zur Feuerwehr oder der Einfall der Politik – damals unter dem CDU-geführten Senat – die Kampfmittelräumung zum Problem der jeweiligen Grundstückseigentümer zu machen. Seitdem wird in Hamburg nicht mehr präventiv, sondern nur noch anlassbezogen, beispielsweise bei Bauvorhaben, nach Blindgängern gesucht.

2007 wurde Peter Bodes Leiter des Kampfmittelräumdienstes, der vorher von Peter Voß geführt wurde. Der Rest ist Kampfmittelräumergeschichte. Tatsächlich gehören die Hamburger Kampfmittelräumer heute zu den gefragtesten Experten für Entschärfungstechniken. „Solche Technik gibt es nicht von der Stange“, sagt Bodes.

Andy Grote verlieh Bodes die silberne Ehrendenkmünze des Senats

Die entwickelt man selbst. So verfügt der Hamburger Kampfmittelräumdienst zum Beispiel über eine Vorrichtung, mit der mittels eines Hochdruckwasserstrahls Zünder aus Bomben geschnitten werden können. Auch ein Gerät zur Entschärfung von Bombenblindgängern unter Wasser ist entwickelt und jüngst in den Einsatz übernommen worden. Selbst mit höchst exakt platziertem Sprengstoff haben die Hamburger Experten schon Zünder aus Bomben so „herausgesprengt“, dass die Blindgänger selbst nicht explodierten.

Das war 2015 und einer der Einsätze, die Bodes gut im Gedächtnis geblieben sind. Der Blindgänger war mit einem der tückischen chemischen Langzeitzünder bestückt gewesen und kurz zuvor bei Bauarbeiten beschädigt worden. Es herrschte akute Explosionsgefahr.

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„Einsätze wie diese, oft in Verbindung mit solchen Zündern, bleiben im Gedächtnis“, so Bodes. Auf die obligatorische Fragen, wie viele Bomben er entschärfte und ob er mal Angst gehabt hatte, hat er klare Antworten. „Ich habe nicht mitgezählt“, sagt Bodes, und: „Man ist zu konzentriert, um Angst zu haben. Aber manchmal dachte ich danach, das war knapp.“ Was er jetzt macht?

Zur Ruhe setzen will er sich, kurz vor seinem 65. Geburtstag, nicht. Er wird so etwas wie ein Prüfer für Prüfer im Kampfmittelräumbusiness. Mit Schwerpunkt auf die technische Komponente, die ihm so liegt. Er will mit seinem Boot unterwegs sein. „Am liebsten wieder in Kroatien.“ Innensenator Andy Grote verlieh ihm am Montag für seine Arbeit die silberne Ehrendenkmünze des Senats. Sie wurde nach Kriegsende nur achtmal vergeben.