Hamburg. Holly Cova organisiert das mehr als 40 Mann starke Team hinter dem Extremsegler. Wie sie Herrmann zufällig kennenlernte.

Ohne ihren Einsatz, ihr Engagement und ihre Durchsetzungskraft wären Boris Herrmann und das Team Malizia sicherlich das eine oder andere Mal in ernsthaften Schwierigkeiten gewesen. Holly Cova ist seit fünf Jahren Teammanagerin des Hamburger Extremseglers – und damit an Land mit Sicherheit die wichtigste Person für ihn und das gesamte Team.

Sie hält die mittlerweile auf derzeit mehr als 40 Männer und Frauen angewachsene Truppe zusammen, organisiert Termine – und hat im richtigen Moment die richtigen Ideen.

Ocean Race: Die Frau für Boris Herrmanns schwierigsten Fälle

Als Herrmann sich schwer verbrannte, kurz bevor das Team auf der ersten Etappe die Kapverdischen Inseln erreichte, begann die junge Britin sofort herumzutelefonieren. Als die „Malizia – Seaexplorer“ dann einen halben Tag später in den Hafen einlief, stand unbemerkt ein Fahrzeug bereit, das den Hamburger sofort in die passende Klinik brachte.

Auch die richtigen Ärzte hatte Holly Cova in Windeseile herbeitelefoniert, eine organisatorische Meisterleistung. Von der Hektik hinter den Kulissen bekam niemand etwas mit. Herrmann lächelte nach dem Einlaufen in den Hafen tapfer in die Kameras – und verschwand dann unbemerkt mit seiner Teammanagerin im Krankenhaus.

Ocean Race: Als der Mast drohte zu brechen, organisierte sie die Reparatur

Auf der dritten Etappe musste die Britin erneut ihr Organisationstalent unter Beweis stellen. „Ich saß im Flugzeug, als die Crew den Schaden am Mast festgestellt hat“, sagt sie. Die vorausschauende Teammanagerin hatte extra eine Person abgestellt, die sie während der Zeit, in der sie nicht erreichbar war, vertrat. Dennoch hatte sie bereits unzählige Anrufe und Textnachrichten von Herrmann auf ihrem Telefon, als sie es nach der Landung wieder anschaltete.

Sofort habe sie zurückgerufen, berichtet Holly Cova. „Die Crew auf See war zu diesem Zeitpunkt desillusioniert.“ Ihre Aufgabe sei es gewesen, das Team aufzubauen. „Ich habe um einige Minuten Zeit gebeten, damit ich herausfinden konnte, wie das Rennen weitergehen kann.“ Sofort habe sie angefangen herumzutelefonieren – und mit dem Technikteam eine Reparatur erörtert. Bereits kurze Zeit später konnte sie Rückmeldung an Herrmann und die Crew geben, dass der Schaden zu beheben sei. „Wir haben gemeinsam alles besprochen, und dann hat die Crew es entsprechend umgesetzt.“

Boris Herrmann: Man sieht Holly Cova nie ohne ihr Handy

Das sind nur zwei der unzähligen Beispiele, die man an dieser Stelle nennen könnte. Holly Cova sieht sich als Person hinter dem Team. Herrmann, sagt sie, sei das Gesicht vom Team Malizia. Sie halte im Hintergrund alles zusammen. Man sieht die junge Frau eigentlich nie ohne ihr Handy.

Auch bei Schäden an Bord der „Malizia – Seaexplorer“ kümmert sich Holly Cova.
Auch bei Schäden an Bord der „Malizia – Seaexplorer“ kümmert sich Holly Cova. © Ricardo Pinto | Team Malizia | Ricardo Pinto

Immer ist sie erreichbar, für jeden hat sie ein nettes Wort – oder eben einen Plan. Die Termine des viel gefragten Extremseglers hat sie genauso im Blick wie die der anderen Crewmitglieder, den Kontakt zu den Medien oder Partnern, wie das Team Malizia seine Sponsoren nennt. „Ich arbeite im Moment eigentlich jeden Tag mindestens 16 Stunden“, sagt Holly Cova, die nach den fünfeinhalb intensiven Monaten und wenigen freien Tagen während des Ocean Race nun auch ein wenig urlaubsreif sei.

Holly Cova hat Jura studiert und als Anwältin gearbeitet

Dabei hatte die 33-Jährige eigentlich ganz andere Pläne für ihr Leben und ist Herrmann nur durch einen Zufall begegnet. Ein glücklicher Zufall; wie sie heute weiß. Holly Cova ist in England geboren und aufgewachsen. Hier ging sie zur Schule, machte ihren Schulabschluss, studierte Jura und begann als Anwältin zu arbeiten. Irgendwann, berichtet sie, habe sie sich entschieden, noch einmal eine Auszeit zu nehmen. „Ich hatte Geld gespart und wollte die Welt sehen – und segeln.“

Also kündigte sie ihren Job – und ging nach Australien, wo sie ein Jahr auf verschiedenen Schiffen mitfuhr. „Gesegelt habe ich seit meiner Kindheit, allerdings nie Regatten.“ Die liebe zum Meer hätten ihr aber bereits ihre Eltern vermittelt, berichtet Cova.

Ocean Race: Holly Cova lernte Herrmann auf einer Party kennen

Zurück in England arbeitete die junge Frau eine Weile als Anwältin auf der Insel Guernsey, der Heimat ihrer Mutter. Als Holly Cova allerdings einen Mann kennen- und lieben lernte, der in Hamburg lebte, gab sie erneut alles auf – und zog in die Hansestadt um. „Irgendwie war ich mit dem Leben als Anwältin nie glücklich“, sagt sie heute.

Geradezu schicksalhaft ist da die Begegnung mit ihrem späteren Chef, Freund und Kollegen Boris Herrmann, irgendwann im Sommer 2018. Nur eine Woche nachdem die junge Frau in der Hansestadt angekommen war, traf sie den zufällig auf einer Party. „Wir kamen ins Gespräch, er erzählte mir, was er macht.“ Irgendwann habe er sie gefragt, ob sie gut organisiert sei, „dann habe er vielleicht für zwei Wochen einen Job für mich“.

Holly Cova kannte bis zu diesem Zeitpunkt Boris Herrmann nicht

Holly Cova erzählt, dass sie bis zu diesem Zeitpunkt Herrmann nicht kannte. „Ich kannte auch die Imoca-Szene nicht, ich hatte nichts von Foils gehört. Aber ich hatte einfach Lust dazu, es mit ihm auszuprobieren.“ Sofort übernahm sie alle Aufgaben, die bei dem Hamburger Extremsegler anfielen. „Er gab mir eine lange Liste, die habe ich abgearbeitet.“

Und nach zwei Wochen fragte Herrmann sie, ob sie nicht seine Teammanagerin werden wolle. „Die Chemie zwischen uns hat von Anfang an gestimmt. Wir haben einander vertraut. Das ist die Basis von allem.“ Die 33-Jährige wurde damit quasi die erste fest angestellte Person in seinem Team. „Ich habe von der Eventplanung über die Kommunikation und die Organisation einfach alles gemacht.“

Boris Herrmann segelte Greta 2019 über den Atlantik

Rückblickend, sagt Holly Cova, gab es zwei Ereignisse in der seglerischen Laufbahn von Herrmann, die entscheidend für seine Bekanntheit und damit für seinen Lebensweg waren. Das Erste war die Entscheidung, Greta Thunberg mit seinem Schiff nach New York zu bringen. „Das war ein wirklich großes Ding“, sagt sie noch heute. Zu Hause zu sitzen und die Hände in den Schoss zu legen sei beim Thema Klimawandel keine Option für sie und Herrmann gewesen. „Also sahen wir die Chance, diese große Message von Greta zu unterstützen und weiterzuverbreiten.“

Greta Thunberg an Bord der „Malizia“ mit Boris Herrmann und ihrem Svante Thunberg in der Mitte. Holly Cova war maßgeblich an der Organisation der Segelreise beteiligt.
Greta Thunberg an Bord der „Malizia“ mit Boris Herrmann und ihrem Svante Thunberg in der Mitte. Holly Cova war maßgeblich an der Organisation der Segelreise beteiligt. © Holly Cova team Malizia | Holly Cova/ team Malizia

Die Arbeit um die Überführung herum sei allerdings immens gewesen. „Wir hatten drei Wochen für die Vorbereitung, und die waren der Wahnsinn.“ Bis heute bezeichnet Holly Cova die Greta-Wochen als die verrückteste Zeit in ihrem Leben. „Wir hatten Taucher, die das Boot absuchen mussten, weil es Drohungen gegen das Schiff gab.“ Dazu die Medien aus aller Welt, die mit dem Kapitän von Greta sprechen wollten. Dennoch, es sei richtig und wichtig gewesen, sagt Holly Cova noch heute.

Im Herbst 2020 nahm Boris Herrmann an der Vendée Globe teil

Stück für Stück begann zu dieser Zeit das Team zu wachsen. Herrmann und seine Teammanagerin konnten Partner gewinnen – und hatten damit auch das Geld, Mitarbeiter zu bezahlen. Die Teilnahme an der Vendée Globe nahm Gestalt an.

Sie ist der zweite große Schritt in der Karriere von Herrmann. Der Hamburger fuhr mitten im Corona-Lockdown von November 2020 bis Januar 2021 einmal um die Welt. Und ließ alle Interessierten sein Abenteuer hautnah miterleben. „Wir haben uns vorher gemeinsam überlegt, dass wir die Menschen direkt an der Weltumsegelung teilhaben lassen wollen“, sagt Holly Cova. „Sie sollten alle Emotionen miterleben, von Freude bis zu Tränen. Und das ohne Filter.“

„Wir hatten Primetime“, sagt Cova über den Corona-Lockdown während der Regatta

Mit dieser Methode erarbeitete sich das Team Malizia eine große Bekanntheit. Viele Tausend Menschen verfolgten gebannt alles, was Herrmann da draußen erlebte. Allerdings hatte auch Corona mit Sicherheit einen Anteil an dem Erfolg der Wettfahrt, gibt die Teammanagerin zu. „Wir hatten Primetime“, nennt Holly Cova das. „Es gab keine anderen Sportveranstaltungen zu dieser Zeit, das hat uns unheimlich geholfen.“

Dennoch, die junge Frau ist überzeugt davon, dass die Offenheit genau richtig war. „Auch jetzt beim Ocean Race sind wir das Team, das am meisten zeigt – und das soll auch so bleiben.“ Die Dokumentationsreihe „The Malizians“ sei ein Teil dieser Strategie. Nur so könne man den Menschen das Hochseesegeln nahebringen, sind sie und Herrmann überzeugt. „Selbst auf mich kommen jetzt Menschen zu und erkennen mich. Das liegt an dieser offenen Kommunikation und an den vielen kleineren und größeren Filmen der vergangenen Monate.“

Ocean Race: Im August macht das gesamte Team Urlaub

Und nach dem Ocean Race? Nach dem Rennen ist vor dem Rennen. Die Planungen für die nächsten Regatten laufen. Und natürlich für die nächste Vendée Globe im kommenden Herbst. „Außerdem wollen wir alle gemeinsam das Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz noch mehr verfolgen – und das mithilfe des Segelsports transportieren. Wir haben viele Pläne und Ideen.“

Erst einmal wird allerdings das gesamte Team Urlaub machen. „Das haben wir wirklich nötig.“ Holly Cova selbst wird im August nun endlich Zeit mit ihrem Ehemann verbringen können. Die junge Frau hat im Januar schnell und unbemerkt den Niederländer Jeroen Swart geheiratet.

In Kopenhagen hat Holly Cova im Januar schnell geheiratet

„Kurz nach dem Start in Alicante sind wir für zwei Tage nach Kopenhagen geflogen und haben zusammen mit ein paar Freunden und der Familie geheiratet“, sagt die Britin. Warum Kopenhagen? Weil es in Dänemark leichter für zwei Menschen aus zwei verschiedenen Nationen ist. Und weil Holly Cova wieder einmal nur wenig Zeit hatte neben ihrer Arbeit für das Team Malizia.

Doch da die Britin eigentlich nie Urlaub nimmt, stand selbst ihre Hochzeit unter dem Einfluss des Ocean Race, das schließlich gerade erst gestartet war. „Die ,Malizia – Seaexplorer‘ sollte früher als erwartet auf den Kapverden ankommen, also musste ich auch früher in den Flieger zu den Kapverden steigen. Quasi direkt nach der Hochzeit“, sagt sie. Einmal konnte sie noch schnell anstoßen mit dem neuen Ehemann und der Familie – und dann war sie schon wieder weg. „Meine Hochzeitsnacht habe ich auf den Kapverden verbracht mit einigen Mitgliedern unseres Teams.“

Ocean Race: Holly Cova hat nach Zieleinlauf endlich Zeit für ihren Mann

Hilfreich ist es da, dass ihr Ehemann die Leidenschaft für ihre Arbeit teilt. Er ist Datenwissenschaftler, hat seinen Job gekündigt, um mit Holly Cova um die Welt reisen zu können. „Nun arbeitet er frei, das ist ein großes Geschenk.“

Andernfalls würde es vermutlich auch nicht funktionierten. Holly Cova hat ihr Leben im Moment schlicht und ergreifend dem Team Malizia gewidmet – und das soll auch noch eine Weile so bleiben. Herrmann und viele andere Teammitglieder wird das freuen.