Hamburg. Der Ton wird rauer in Hamburg unter Hundefreunden. Ein Streitthema: schlechte Erziehung. Nun fordern Hundehalter mehr Kontrollen.
Hundehalterinnen, die sich von anderen Hundehaltern bedroht fühlen. Frei laufende Hunde, die nicht gehorchen und rücksichtsloses Verhalten einiger Hundehalter. Mit der steigenden Zahl an Hunden in Hamburg auf derzeit rund 62.336 Tiere steigt gefühlt auch der Ärger – und zwar vor allem auch unter Hundehaltern.
Hunde in Hamburg – Androhung von Schlägen im Altonaer Volkspark
Altonaer Volkspark vor einigen Tagen: „Hallo an die drei Männer mit ihren Golden Retrievern, die ich eben im Volkspark getroffen habe. Mir Schläge anzudrohen, weil ich einen ihrer ungehorsamen Rüden von meiner Hündin am Geschirr von ihr gezogen habe, nachdem er sie besteigen wollte und mir dann auch noch zu sagen, ich sollte locker bleiben, geht gar nicht“, schreibt eine Hundehalterin auf Facebook.
Die Androhung von Schlägen und Beschimpfungen unter Hamburger Hundehaltern, das erlebt auch Conny Oberg aus Wandsbek. „Vermehrt realisiere ich unkultivierte Hunde und uneinsichtige Besitzer in meinem Umfeld“, sagt die 64-jährige Halterin von zwei Welsh Corgi Cardigan.
Horner Rennbahn in Hamburg: Hund stürzt sich auf Corgi
„Es kommt immer wieder zu brenzligen Umständen, in denen ich mich mit meinen Hunden gefährlichen Situationen ausgesetzt sehe. Ich muss nicht erklären, was es für eine Person mit 1,57 Metern bedeutet, einen großen, schweren und aggressiven, bissigen Hund vom eigenen kleinen Corgi runterzuziehen, während der Besitzer telefoniert, nichts tut und ich aggressiv angepöbelt werde und mich dadurch bedroht fühle“, sagt Oberg.
Passiert sei das auf der Horner Rennbahn. „Als ich mit meinen Hunden auf dem Weg im öffentlichen Park spazieren ging und ein bulliger, weißer mittelgroßer Hund hinter uns herlief und sich plötzlich auf meinen Corgi stürzte.“ Sie fühlt sich häufig hilflos. Denn: „Ich habe die Polizei gerufen. Leider musste ich feststellen, dass man mich nicht ernst genommen hat. Es sei ja nichts passiert, außer dass sich zwei unangeleinte Hunde gestritten hätten.“
Hunde in Hamburg: Viele Halter lassen Tiere frei laufen
Hundehalter, die andere Hundehalter anpöbeln: eine Beobachtung, die auch Hundetrainerin Andrea Fietz macht. „Wenn ich andere Halter bitte, ihre Hunde an die Leine zu nehmen oder sich von meinen angeleinten Hunden zu entfernen, werde ich auch noch als dumm bezeichnet.“
Dabei haben offensichtlich viele ein Problem damit, ihr Tier an die Leine zu nehmen. Laut Hamburger Hundegesetz dürfen Hunde zwar nach einer erfolgreichen Gehorsamsprüfung von der Leinenpflicht befreit werden, aber es gibt auch für geprüfte Vierbeiner etliche Ausnahmen.
Hunde in Hamburg – hier gilt generelle Leinenpflicht
Generell gilt eine Leinenpflicht in Einkaufszentren, in Fußgängerzonen, Einkaufsstraßen, auf Veranstaltungen und an Orten mit vielen Menschen, im Wald oder im Naturschutzgebiet, wenn die Hündin läufig ist. Zudem ist die Leine Pflicht, wenn der Hund schon mehr als einmal Menschen oder Tiere verfolgt, länger angebellt oder belästigt hat oder wenn der Hund nicht zuverlässig gehorcht. Außerdem müssen Hunde in unmittelbarer Nähe von Schulen, Spielplätzen sowie Kinder- und Jugendeinrichtungen angeleint werden.
Hunde dürfen nicht auf Rasen-, auf Wiesenflächen oder in Blumengärten. Auf Wegen müssen Hunde immer an der kurzen Leine geführt werden – es sei denn, es gelten in der Grünanlage Ausnahmen für geprüfte Hunde. Das sollte dann entsprechend auf Schildern stehen. Die in den einzelnen Hamburger Bezirken geltenden Regelungen stehen im Internet.
Hundehalter wünschen sich mehr Kontrollen in Hamburg
Conny Oberg wünscht sich einfach mehr Sicherheit. Ihre Idee: „Jeder registrierte Hund in Hamburg bekommt eine Ausweiskarte, auf der man Daten speichern kann. Auf dieser Ausweiskarte wird ein erfolgreich absolvierter Sachkundenachweis des Besitzers, eine praktische Gehorsamsprüfung des Hundes gespeichert. Es gilt auch für langjährige Hundebesitzer.“
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Trainerin Andrea Fietz fordert den verpflichtenden Besuch einer Hundeschule. Denn dort lernen die Menschen, ihre Tiere zu verstehen. Und sie lernen, an welche Regeln sich alle halten sollten. „Man geht als Team in eine Hundeschule, lernt dort neben der Erziehung auch den Hund zu lesen und zu verstehen.“ Auch stärkere Kontrollen seien notwendig.
Dazu rufen auch Lisa Marie Otte, tierpolitische Sprecherin der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, und ihre Kollegin Sarah Timmann von der SPD auf. „Regelmäßige Hundetrainings und die Hundeschule leisten einen wichtigen Beitrag für ein friedliches Miteinander in der Großstadt. All das schützt sowohl die Tiere als auch die Menschen vor vermehrten Stresssituationen und überflüssigen Konflikten“, so Otte. Timmann ergänzt: „So lassen sich viele Situationen im Alltag – insbesondere mit jungen Hunden – frühzeitig entschärfen.“
Nur vier Mitarbeiter im Bezirk Eimsbüttel kontrollieren Leinenpflicht
Doch daraus wird wohl vorerst nichts. Allein für den Bezirk Eimsbüttel gibt es derzeit lediglich vier Mitarbeitende aus dem Bezirklichen Ordnungswidrigkeitenmanagement, die die Einhaltung des Leinenzwangs durch Ortsbegehungen kontrollieren, oder sie gehen Hinweisen nach – allerdings haben die Mitarbeitenden auch weitere Aufgaben.
Auch in Altona sind es rund fünf Mitarbeitende, die sich auch um die Einhaltung der Leinenpflicht kümmern. Im Altonaer Volkspark versucht das Bezirksamt durch große Banner auf die Einhaltung der Leinenpflicht aufmerksam zu machen.
Hunde in Hamburg: zu wenig Personal für Kontrollen
Mike Schlink, Sprecher des Bezirksamtes Altona, erklärt: „In der Theorie haben die Mitarbeitenden unseres bezirklichen Ordnungswidrigkeitenmanagements die Möglichkeit, nach dem Hundegesetz tätig zu werden und Hundekontrollen durchzuführen. In der Praxis sind diese Kollegen und Kolleginnen aber mit einer Vielzahl weiterer Aufgaben befasst.“
Auch Polizeibeamte dürfen auf die Leinenpflicht aufmerksam machen und diese ahnden, sollte sie nicht eingehalten werden. Dennoch: Weitreichende Kontrollen sind kaum möglich.
CDU fordert Aufstockung des Hundekontrolldienstes
Die Opposition in der Hamburger Bürgerschaft fordert daher mehr Personal für Kontrollen. Sandro Kappe, tierschutzpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion: „Wir müssen die Anzahl der Mitarbeiter beim Hundekontrolldienst erweitern. Immer mehr Hunde, immer mehr Vorfälle.“
Hundehalterin Conny Oberg wünscht sich, dass Regeln für ein entspanntes Miteinander von möglichst allen eingehalten werden. „Wenn alle Tiere gut erzogen und kultiviert im Umgang wären und deren Besitzer verantwortungs- und rücksichtsvoll, wäre alles gut. Leider ist es nicht so.“