Hamburg. Der Frühling hält Einzug in Hamburg, Kinder erkunden Parks und Kleingärten. Doch dort können sie auf gefährliche Pflanzen treffen.
Alles grünt und blüht im Frühling – allerdings auch die giftigen Pflanzen. Gerade Eltern, die kleine Kinder haben, sollten wachsam sein: Denn es gibt Pflanzen, die verlockend aussehen und Kinder zum Naschen verleiten – mit schweren gesundheitlichen Folgen. Jetzt warnen Hamburger Experten vor den Giftgefahren im eigenen Garten, in Parks, Grünanlagen und Kleingärten.
Sie raten davon ab, die Schwarze Tollkirsche in Gärten und Kleingärten, die in Hamburg sehr beliebt sind, zu pflanzen. „Man sollte sehr schmackhafte Früchte wie die der Schwarzen Tollkirsche nicht pflanzen, denn hier kann es durchaus passieren, dass sich Kinder diese in den Mund stecken und es rasch zu einer Überdosis kommt“, sagt Thea Lautenschläger, wissenschaftliche Leiterin im Botanischen Loki-Schmidt-Garten der Universität Hamburg, dem Abendblatt.
Kleingarten Hamburg: Tollkirsche – süß, aber mit tödlichen Folgen
Die Schwarze Tollkirsche (Atropa belladonna) entwickelt zwischen Juni und August die schwarzglänzenden Beeren, die Tollkirschen. Die Früchte – wie auch der Rest der Pflanze – enthalten eine große Menge giftiger Alkaloide. Bei den appetitlich aussehenden Früchten ist die Gefahr sehr hoch, dass sie – vor allem Kinder – zum Essen einladen.
Trügerisch ist auch, dass die Beeren nicht bitter schmecken. Vielleicht ist dies der Grund dafür, dass die Tollkirsche bei Vergiftungen durch Pflanzen eine der führenden Stellungen in den Statistiken der Giftnotrufzentralen einnimmt. „Man geht von einer Sterblichkeit von ungefähr zehn Prozent aus. Bei Kindern ist schon mit drei bis vier Beeren eine tödliche Dosis erreicht“, heißt es beim Industrieverband Agrar mit Sitz in Frankfurt am Main.
Giftige Pflanzen: Thuja, Goldregen und der Eisenhut
Abhängig von der Dosis, betonen Experten, kommt es zu allgemeiner Erregung und körperlicher Unruhe, zu euphorischen Zuständen bis hin zu starker Verwirrtheit und Krämpfen. Später kann es zu Lähmungen und einem narkoseähnlichen Schlaf kommen, der durch Atemlähmung zum Tod führen kann.
Die meisten Pflanzen mit giftigen Substanzen seien grundsätzlich nicht attraktiv als Nahrung, sagt Thea Lautenschläger. In einen verholzten Zweig (Thuja, Eibe) hineinzubeißen, sei für die wenigsten Menschen verlockend. „Etliche sind dagegen sehr attraktiv, wie der Goldregen oder der Eisenhut.“
Eisenhut im Kleingarten? Die giftigste Pflanze Europas
Wie Helge Masch, Leiter des Botanischen Sondergartens in Wandsbek, betont, gilt der Eisenhut (Aconitum sp.), der als Gartenpflanze und Schnittblume Verwendung findet, als die giftigste Pflanze Europas. „Bereits der reibende Hautkontakt führt zu ersten Vergiftungserscheinungen. Auch der Goldregen, ein Großstrauch, ist als sehr giftige Pflanze zu nennen.“
Sein Tipp an Eltern: Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann auf Pflanzen wie den Eisenhut, Gartenraute und Gefleckten Schierling verzichten oder die Pflanzen mittig im Beet platzieren, sodass ein Kontakt vermieden wird. Denn bereits durch die Berührung dieser Pflanzen werde Gift übertragen. Der Eisenhut löst auf diese Weise Hautirritationen, Kribbeln auf der Haut und sinkenden Blutdruck aus.
Die Liste der Pflanzen, die Kleinkindern gefährlich werden können
Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat eine Liste giftiger Pflanzenarten zusammengestellt. Damit sollen Kleinkinder geschützt werden. Pflanzen wie Tollkirsche, Stechapfel, Fingerhut, Blauer Eisenhut und Maiglöckchen sollten nicht an Orten angepflanzt werden, die Kindern als Aufenthaltsort und Spielort dienen.
Zum Glück gibt es nach Auskunft von Helge Masch keinen nennenswerten Anstieg an Vergiftungsunfällen durch Pflanzen in Hamburg. Es sei aber weiterhin zu beobachten, dass das Allgemeinwissen der Menschen zu Naturthemen deutlich rückläufig ist. „Das ist schlecht – und betrifft natürlich auch die Kenntnisse über die Inhaltsstoffe der Pflanzen.“ Das fundierte Halbwissen führe leicht zur Verunsicherung und zu Übersprunghandlungen, gewisse Pflanzen aus den Gärten und sogar der Natur zu entfernen oder nicht zu pflanzen.
Kinder müssen Umgang mit Giftpflanzen lernen
Der Chef des Wandsbeker Sondergartens, der alljährlich die „Giftpflanze des Jahres“ kürt, rät jedoch zu einem besonnenen Umgang mit Giftpflanzen. „Bei der Gartenplanung lassen sich auch Giftpflanzen in einem Garten, in dem Kinder spielen, integrieren“, betont er.
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Kinder sollten lernen, dass man grundsätzlich keine Pflanzenteile abreißen und essen darf. „Kinder, die so aufwachsen, sind auch in Natur- und Gartenräumen, in denen Pflanzen sich natürlich entwickeln, sicher.“ Der Umgang mit Pflanzen und Natur müsse wie das Verhalten im Straßenverkehr gelernt werden.
Giftiger Riesenbärenklau in Hamburg auf dem Vormarsch
Unterdessen bereitet eine eingewanderte Pflanze dem Hamburger Gärtner Sorgen. „Weiterhin problematisch sehe ich hier den Riesenbärenklau bzw. die Herkulesstaude“, sagt Masch. „Diese Pflanzen sind zum einen stark giftig, zum anderen aber auch phototoxisch (lichtgiftig).“ Komme man durch Berührung mit dem Pflanzensaft in Kontakt, ziehe dieser in die Haut ein. Wird anschließend dieser Hautbereich von der Sonne beschienen, gebe es kapitale Verbrennungen.
Das Entfernen dieser Pflanzen aus Kleingärten, Gärten und der Natur stelle biologisch kein Problem dar, da diese Pflanze zu den invasiven Neophyten (problematischen gebietsfremden Pflanzen) zählt. Masch rät: Beim Entfernen der Pflanze auf Schutzkleidung achten.
Kleingarten Hamburg: Hier sind besonders viele Giftpflanzen zu sehen
Wer in aller Ruhe Giftpflanzen betrachten möchte, ist im Botanischen Garten Klein Flottbek genau richtig. Aktuell blühen dort zum Beispiel verschiedene Tulpen, das gelbe Windröschen oder die Kaiserkrone. Im Sommer sprießen zahlreiche weitere Pflanzen wie Fingerhut, Schwarze Tollkirsche, Eisenhut oder Stechapfel.
Im Botanischen Sondergarten Wandsbek wachsen unter anderem Eisenhut, Aronstab, Tollkirsche, Zaunrübe, Zaubernuss, Efeu, Christrose, Lenzrose, Stechpalme, Tulpe, Eibe und Lebensbaum. Auch in Planten un Blomen sind solche Pflanzen zu finden.
Hilfe in akuten Fällen bietet der Giftnotruf Nord. E-Mail: giznord@giz-nord.de;
Telefonnummer: 0551–19240.