Ungewöhnlich lange Fieberphasen. Welche Krankheiten aktuell in Hamburg grassieren – und mit welchen Tipps Kinder wieder fit werden.

Hamburg In vielen Familien läuft seit Monaten nichts mehr normal. Ständig ist eines der Kinder krank. Aktuell infizieren sie sich in Hamburg gehäuft mit Adenoviren.

„Das gehört in die gleiche Gruppe wie Hand-Fuß-Mund-Krankheit und ist ein bisschen damit vergleichbar, macht aber im Gegensatz zu den anderen Enteroviren gerne die Kombination aus Atemwegsinfekt und Bauchsymptomen. Normalerweise sehen wir dabei nicht so langes Fieber, aber jetzt treten zum Teil fünf bis acht Tage Fieber auf“, sagt Dr. Claudia Haupt, Vorsitzende des Landesverbands der Kinder- und Jugendärzte in Hamburg. Typische Symptome dabei seien Husten, Schnupfen, Bauchschmerzen und Bindehautentzündungen.

Kinderarzt Hamburg: Mit einfachen Tipps werden kranke Kinder wieder fit

Zusätzlich leiden ihren Angaben zufolge auch weiterhin viele Kinder an Streptokokken-Infektionen, viele davon an Scharlach. „Die sind leider immer noch sehr häufig“, sagt die Kinderärztin, die eine Praxis in Blankenese betreibt. Auch Mittelohrentzündungen seien im Moment ein häufiger Grund für einen Besuch beim Kinderarzt.

Problematisch sei immer noch die Versorgung mit Medikamenten, klagt Haupt. „Wir haben ganz große Probleme, weil die meisten Kinderantibiotika für den ambulanten Bereich kaum verfügbar sind. Aktuell müssen statt der Mittel der ersten Wahl Antibiotika mit einem breiteren Spektrum verordnet werden.“ Mittelohrentzündungen etwa würden normalerweise immer mit Amoxicillin behandelt, das gebe es kaum mehr.

Die Infektion mit dem Adenovirus geht bei Kindern oftmals auch mit Bauchschmerzen einher (Symbolbild).
Die Infektion mit dem Adenovirus geht bei Kindern oftmals auch mit Bauchschmerzen einher (Symbolbild). © Pictrue Alliance

Hamburg: Immer noch keine Kinder-Medikamente verfügbar

„Man hofft immer schon morgens, wenn man alle Apotheken im Umfeld abtelefoniert hat, dass man bloß möglichst wenig Kinder hat, die ein Antibiotikum brauchen, weil es wirklich zunehmend Mission impossible ist.“ In Einzelfällen müssten sie und ihre Kolleginnen und Kollegen ein schwer krankes Kind ins Krankenhaus einweisen, damit das Kind, das eigentlich ein orales Antibiotikum braucht, eine Infusion bekommt. „Im Moment sind das noch Einzelfälle, und ich hoffe auch, dass es so bleibt.“

Oder man verordne eine zu große Flasche, weil die kleine nicht zu kriegen sei, oder zwei kleine Flaschen, weil die große nicht zu bekommen sei. „Das ist alles total unwirtschaftlich und auch entgegen jeder Leitlinie. Aber wir müssen es jetzt im Moment so machen“, sagt die Ärztin.

Von Nahrungsergänzungsmitteln rät die Kinderärztin ab

Abgesehen von den akuten Erkrankungen treibt viele Eltern derzeit um, wie sie ihre Kinder, die nach vielen Infekten geschwächt sind, aufpäppeln können. Von oftmals sehr teuren Nahrungsergänzungsmitteln rät die Kinderärztin ab: „Wenn Kinder hochwertig und normal ernährt werden, auch wenn sie gar nicht so wahnsinnig viel essen, sind sie mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt.“

Eine Ausnahme sei das Vitamin D, dessen aktive Form nur unter Belichtung der Haut gebildet werde und deshalb in der dunklen Jahreszeit knapp werden könne. „Aber alle anderen Vitamine und Spurenelemente bekommen wir mit einer ausgewogenen Ernährung.“

Wenn jemand versuche, sein Kleinkind vegan zu ernähren, müsse man sehr aufpassen, vor allem bei der Versorgung mit Eisen und B-Vitaminen. „Die kriegt man bei einer vegetarischen Ernährung mit viel grünem Gemüse und reichlich Hülsenfrüchten noch hin, aber mit einer veganen Ernährung nicht mehr. Da müssen immer Tabletten herhalten.“

Aber selbst wenn Kinder sehr wählerisch seien: Zumindest Cerealien, Milchprodukte und oft irgendeine Sorte Obst oder irgendeine Sorte Gemüse essen ihrer Erfahrung nach alle Kinder.

Tipp der Ärztin: Kinder sollten unbedingt ein wenig Obst essen

Viele seien sehr kohlenhydratlastig ernährt, aber wenn sie Milchprodukte und ab und zu mal kleine Mengen Fleisch oder Fisch essen, dann bekämen sie keinen Mangel, sagt Claudia Haupt. Jenseits der Säuglingszeit könnten Kinder mit ausgewogenen Mahlzeiten auch gut vegetarisch ernährt werden. „Schön wäre natürlich, wenn man Kindern, die gar kein Obst essen, Obstmus oder Obstsaft gibt, Direktsaft oder selbst gemachten Saft.“ Äpfel etwa seien sehr gutes Obst für Kinder.

Dr. Claudia Haupt kennt aber die Sorgen vieler Mütter und Väter und sagt: „Wenn Kinder einen schlechten Appetit haben und permanent krank waren, dann kann es für die Eltern entlastend sein, wenn man ihnen sagt, dass sie ihrem Kind ein Multivitaminpräparat oder einen pflanzlichen Eisensaft aus der Drogerie oder dem Reformhaus geben können. Bestenfalls bekommt das Kind dann ein bisschen mehr Appetit.“

Kinder bekommen oft einen Infekt nach dem anderen

Von teuren hoch dosierten Nahrungsergänzungsmitteln rät sie aber definitiv ab. „Die meisten darin enthaltenen Inhaltsstoffe sind überflüssig, und ihre Aufnahme im Körper funktioniert schlechter als aus natürlichen Nahrungsmitteln.“

Dass sich Kinder einen Infekt nach dem anderen einfangen, sei indes nicht ungewöhnlich. „Wenn das lernende Immunsystem in kurzen Abständen einen Infekt nach dem anderen bekämpfen muss, dann kommt es zwischenzeitlich nicht mehr zur kompletten Erholung. Das wird sich im Frühsommer und Sommer alles wieder zum Guten wenden.“ Dass alle völlig erschöpft sind im März, kenne man auch von früheren ausgeprägteren Grippesaisons.

Die Kinderärztin aus Hamburg hat folgende Tipps für Eltern:

Die Kinderärztin hat Tipps für erschöpfte Eltern mit häufig kranken Kindern zusammengefasst: „Auf jeden Fall ist ein ordentlicher, vernünftiger Lebenswandel mit ausreichend Schlaf, ausreichend frischer Luft, ausreichend Bewegung und gutem Essen das Allerwichtigste.“ Das Kind solle, wann immer es geht, Tageslicht abbekommen.

„Da muss man den Eltern nicht Angst machen, dass sie, wenn sie das nicht schaffen, Rabeneltern sind. Ernähren Sie Ihr Kind gut und sehen Sie zu, dass es genug Bewegung hat und sich auch im Freien aufhält, wenn es möglich ist. Dann kommt lange nichts, und dann kommen Nahrungsergänzungsstoffe. Und bei größeren Kindern sollten Eltern darauf achten, dass diese nicht fünf Stunden am Bildschirm kleben bleiben, sondern auch mal rausgehen“, so die Kinderärztin.