Gegen die 20 Festgenommenen gibt es keine Haftgründe. Bürgerschaft will die Krawalle aufarbeiten. Zehn Festgenommene sind Hamburger, sieben kommen aus anderen Bundesländern.
Hamburg. Die beiden Jüngsten sind 17 Jahre alt. Der Älteste ist 52. Sie gehören zu den 20 Männern, die bei der gewalttätigen Demonstration am Sonnabend festgenommen wurden. Offenbar hatte sich eine bunte Mischung von Randalierern aus ganz Deutschland im Schanzenviertel zusammengefunden, um aus einer Demo für die Rote Flora die brutalste Straßenschlacht seit Jahren in Hamburg zu machen.
Zehn der 20 Festgenommenen sind Hamburger, sieben kommen aus anderen Bundesländern (Schleswig-Holstein, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg), zwei haben keinen festen Wohnsitz, einer ist Aserbaidschaner. Ihnen wird Landfriedensbruch und Sachbeschädigung vorgeworfen. Gegen den 52-jährigen Hans L. wird ermittelt, weil er ein Polizeiauto mit Flaschen bewarf.
Es handelt sich bei den Festgenommenen ausschließlich um Männer, von denen sechs den Sicherheitsbehörden als linksextremistische Gewalttäter bekannt waren. Neben den zwei Jugendlichen sind zwei Heranwachsende (18 bis 21 Jahre) unter den Festgenommenen. Bei 16 handelt es sich um Erwachsene, von denen zehn älter als 30 sind.
Eines haben sie alle gemeinsam: Sie wurden auf freien Fuß gesetzt – aus Mangel an Haftgründen. Etwa weil weder Flucht- noch Verdunkelungsgefahr besteht. Ohnehin ist es schwierig, die Taten gerichtsfest zu beweisen.
In einem Fall wird zwei unbekannten Randalierern „menschengefährdende Brandstiftung“ vorgeworfen. Sie gehörten zu einer Gruppe von etwa 15 Vermummten, die an der Holstenstraße drei Mannschaftswagen der Polizei angriffen. Das Duo hatte laut Polizei durch eine zerstörte Seitenscheibe einen Brandsatz in eines der Fahrzeuge geworfen, in dem der Fahrer saß.
Allein von der Hamburger Bereitschaftspolizei wurden 46 Einsatzfahrzeuge beschädigt – zehn davon so schwer, dass sie zunächst nicht mehr benutzt werden können. Die Landespolizei meldete 16 demolierte Fahrzeuge. Die Reparaturkosten werden nach ersten vorsichtigen Schätzungen mit mindestens 160.000 Euro beziffert.
Über die Abläufe, die zu dem Gewaltausbruch vor der Roten Flora führten, gibt es deutlich unterschiedliche Wahrnehmungen. Das Bündnis Recht auf Stadt macht eine „Eskalationsstrategie“ der Polizei dafür verantwortlich, die den Demonstrationszug „grundlos“ unter der Eisenbahnbrücke gestoppt hätte. Laut Polizei war es anders. Der Aufzug sei zu früh gestartet. Er habe gestoppt werden müssen, weil ein Stück weiter noch der Verkehr lief. Daraufhin habe ein massiver Bewurf mit Steinen und Böllern begonnen.
Die Grünen-Abgeordnete Antje Möller will die Vorgänge rund um die Demonstration schnell im Innenausschuss aufgearbeitet sehen. Sie wird allerdings bis zum nächsten Jahr warten müssen. Der SPD-Vorsitzende des Ausschusses hat eine Sondersitzung vor dem Jahreswechsel abgelehnt.
Möller moniert, dass die Polizei nicht eine neue Demonstration zuließ, die vor Ort angemeldet werden sollte, nachdem die Polizei die Krawalldemo für aufgelöst erklärt hatte. „Aus Sicht der Grünen wäre das rechtlich geboten gewesen“, so Möller. Die Polizeiführung argumentiert, man habe eine stationäre Kundgebung angeboten, eine Demo durch die Stadt aufgrund der hohen Gewaltbereitschaft vieler beteiligter Demonstranten aber abgelehnt.
Gegen eine Aufarbeitung der Auseinandersetzungen im Innenausschuss habe man nichts einzuwenden, hieß es aus dem Polizeipräsidium. Ganz im Gegenteil: Dort könne dann auch das umfangreiche Videomaterial der Polizei gezeigt werden, das Dokumentationstrupps gemacht haben.