Die Demo für die Rote Flora am Sonnabend eskalierte. Polizeigewerkschaft kritisiert den Umgang mit politischen Streitthemen. 120 Polizisten wurden verletzt. Veranstalter sprechen von 500 verletzten Demonstranten.

Hamburg. Die schwersten Krawalle in Hamburg seit Jahren alarmieren Politiker und Verbände. Nach den brutalen Zusammenstößen zwischen Randalierern und Polizeikräften fordern Oppositionsparteien und Gewerkschaften politische Konsequenzen - und sehen den Senat in der Pflicht, den Streit um das Kulturzentrum Rote Flora zu lösen. Innensenator Michael Neumann (SPD) forderte die Stadt zur Solidarität mit den Polizeibeamten auf.

„Chaoten aus der gesamten Bundesrepublik und dem Ausland haben unsere Stadt aufgesucht und haben massive Gewalt ausgeübt“, sagte Neumann am Sonntag. Für ihren Einsatz verdiene die Polizei den Rückhalt von Zivilgesellschaft und Politik. Bei den Krawallen nach einer Demonstration für die Besetzung der Roten Flora hatten sich Beamte am Sonnabend teils brutale Gefechte mit 7300 Demonstranten im Schanzenviertel, St. Pauli, Eimsbüttel, Hoheluft und der Innenstadt geliefert. 120 Polizisten wurden verletzt, 19 davon mussten im Krankenhaus behandelt werden. Insgesamt waren 3200 Polizeibeamte aus dem gesamten Bundesgebiet im Einsatz.

Die Polizei nahm 20 Demonstranten fest und 320 weitere Personen in Gewahrsam. Von den zwanzig Festgenommenen sind nach Polizeiangaben zehn in Hamburg wohnhaft, die zehn weiteren Verdächtigen waren aus anderen Bundesländern wie Bremen und Baden-Würtemberg zu den Protesten angereist. Die Organisatoren der Demonstration sprachen am Sonntag von mehr als 500 Verletzten auf ihrer Seite. Sie werfen der Polizei vor, mit einer geplanten Auflösung des Protests zu der Eskalation beigetragen zu haben.

Opposition fordert Sondersitzung und Gesetzesänderung

Die Grünenfraktion in der Bürgerschaft beantragte für die kommende Woche eine Sondersitzung des Innenausschusses. „Die Entwicklung der Auseinandersetzungen – von der gleich zu Anfang gestoppten Demonstration, über Steinwürfe, Sachbeschädigungen und das Verbot weiterer Demonstrationen – müssen wir unverzüglich parlamentarisch besprechen“, forderte die innenpolitische Fraktionssprecherin Antje Möller. Sie sah durch den Polizeieinsatz auch das Demonstrationsrecht für „Tausende, die friedlich demonstrieren wollten“, ausgehebelt.

Nach Ansicht der Linksfraktion hat das Grundrecht auf Demonstration Schaden erlitten. „Ich habe den Eindruck, dass es die politische Absicht war, die Demonstration nicht stattfinden zu lassen“, sagte die innenpolitische Fraktionssprecherin Christiane Schneider. Zudem ließen „die stundenlange Einkesselung“ von Demonstranten und Pfefferspray- und Schlagstockeinsätze gegen friedliche Demonstranten daran zweifeln, „dass eine Wahrung der Verhältnismäßigkeit beabsichtigt war“.

Die CDU-Bürgerschaftsfraktion forderte eine Änderung des Demonstrationsrechtes. „Die von den linken Gewalttätern ausgehenden bürgerkriegsähnlichen Attacken auf unsere Polizei und unsere Stadt haben einmal mehr deutlich gemacht, dass dem Missbrauch des Demonstrationsrechts Einhalt geboten werden muss“, sagte ihr Fachsprecher Kai Voet Van Vormizeele laut Mitteilung. Er machte sich für Gesetzesänderungen stark, die eine Anmelderhaftung ermöglichen.

FDP-Fraktionschefin Katja Suding forderte den SPD-Senat auf, ein Konzept gegen linke Gewalt zu entwickeln. Die Krawalle zeigten wieder einmal, dass Hamburg ein wachsendes Problem mit linker Gewalt habe. Bei den Ausschreitungen hätten einige Demonstranten das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit missbraucht, indem sie Einsatzkräfte der Polizei und unbeteiligte Zivilisten angegriffen und verletzt hätten.

Dies sah auch Neumann so. Denjenigen, die Einsatzkräfte mit Flaschen, Steinen und Feuerwerkskörpern bewerfen, sollte niemand irgendwelche politischen Motive für ihr Tun unterstellen, sagte der Innensenator. Zugleich rief er die Bevölkerung zu Solidarität mit den Polizeibeamten auf: „Die Polizei hat nicht nur den Rückhalt des Senats verdient, sondern darüber hinaus die Solidarität von Politik und Zivilgesellschaft.“

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierte die Krawalle als schweren Missbrauch des Demonstrationsrechts. Er sei erschüttert, mit welchem Hass politische Extremisten in Deutschland nach dem Leben von Polizisten trachteten, erklärte der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow. Ohne Schutzkleidung hätte es tote Polizisten gegeben.

Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) hat die Ausschreitungen bei der Demonstration scharf verurteilt. „Ich bin entsetzt über das aggressive Verhalten der Chaoten, die sich selbst auch noch Versammlungsteilnehmer nennen“, erklärte Caffier am Sonntag in Schwerin. Die Ereignisse in Hamburg zeigten, dass Gefahr für Freiheit und Demokratie auch vom gewaltbereiten Linksextremismus drohe.

Die Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern hatte die Hamburger Polizei mit rund 30 Bereitschaftspolizisten unterstützt. Von den Beamten aus dem Nordosten wurde niemand verletzt, wie ein Sprecher des Innenministeriums sagte.

Polizeipräsident ist „betroffen“ über Eskalation der Gewalt

Unmittelbar nach Ende der Krawalle in der Nacht hatte sich bereits Polizeipräsident Wolfgang Kopitzsch zu den schweren Krawallen geäußert. "Ich bin betroffen über die offensichtliche Bereitschaft der Störer, die Gefährdung für die Gesundheit und das Leben von Unbeteiligten und Polizisten in Kauf zu nehmen", so der Polizeipräsident.

Auch der innenpolitische Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Arno Münster, zeigte sich schockiert. "Vielen Protestlern ging es einzig und allein um Krawalle. Das Ausmaß an Brutalität und blinder Zerstörungswut macht fassungslos“, sagte der Innenexperte der SPD-Fraktion in der Bürgerschaft, Arno Münster. Gleichzeitig lobte er die Einsatzkräfte für ihr Vorgehen: „Die Polizei konnte Schlimmeres verhindern, ihnen und auch allen anderen Einsatzkräften gilt unser großer Dank. Unsere Gedanken sind bei den verletzten Kollegen. In Anbetracht der Geschehnisse war es genau die richtige Entscheidung, den Innenstadtbereich vorsorglich als Gefahrengebiet auszuweisen."

Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) warnte am Sonntag eindringlich vor einem „Weiter so“ im Umgang mit aufgeladenen politischen Streitthemen. „Der Hamburger Senat ist in der Pflicht, die „Flora-Problematik“ politisch umfassend und tragfähig zu lösen“, sagte der Vorsitzende des Landesverbandes, Joachim Lenders. Hamburg dürfe nicht zum „Trainingslager für innerstädtische Terroristen“ werden. Außerdem stelle sich die Frage, ob Versammlungen mit eindeutig aggressivem Charakter vom Demonstrationsrecht geschützt seien.

Der eskalierte Demonstrationszug auf dem Schulterblatt richtete sich gegen eine Räumung des seit mehr als 20 Jahren besetzten Kulturzentrums Rote Flora, wie sie der Eigentümer Klausmartin Kretschmer angedroht hat. Außerdem ging es um das Bleiberecht für Flüchtlinge und die „Esso-Häuser“ an der Reeperbahn. Die Häuser waren am vergangenen Wochenende wegen Einsturzgefahr evakuiert worden. Alle Bürgerschaftsfraktionen hatten in den vergangenen Tagen parteiübergreifend zu einem friedlichen Protest aufgerufen.

Straßenschlacht am Schulterblatt

Die Situation am Sonnabend eskalierte schon kurz nach Beginn der Demonstration am Nachmittag, als in unmittelbarer Nähe des besetzten Kulturzentrums Rote Flora Randalierer aus dem sogenannten Schwarzen Block Einsatzkräfte im Schanzenviertel attackierten. Diese stoppten um 15.10 Uhr den Demonstrationszug nach etwa 50 Metern und setzten Wasserwerfer ein. Auch von einer Brücke seien Beamte mit Gegenständen beworfen worden, sagte eine Polizeisprecherin.

Augenzeugen der Randale im Schanzenviertel haben Videoaufnahmen der Krawalle im Internet veröffentlicht. Ein Mitschnitt, der den Beginn des Demonstrationszuges und die Konfrontation mit den Polizeibeamten an der Bahnbrücke auf dem Schulterblatt um 15.08 Uhr zeigt, verzeichnete am Sonntagvormittag bereits mehr als 55.000 Besucher bei YouTube. Nach Ansicht einiger Demonstranten sollen die Videos belegen, dass die Polizeitaktik zur Eskalation der Proteste beigetragen hat.

Die Organisatoren kritisierten einen „massiven Einsatz von Schlagstöcken, Pfefferspray und Wasserwerfern“ und warfen der Polizei vor, den Protestzug von Anfang an bewusst gestoppt zu haben. Dies stelle den skandalösen Versuch dar, die politische Auseinandersetzung um die Rote Flora, die Esso-Häuser und das Bleiberecht von Flüchtlingen hinter Rauchschwaden und Wasserwerfern unsichtbar zu machen, hieß es in einer Erklärung.

Wegen der Krawalle löste die Polizei die Demonstration kurzfristig auf. „Es hat von Anfang an eine aggressive Grundstimmung geherrscht, wir sind massiv angegriffen worden“, begründete Polizeisprecher Mirko Streiber den Schritt. „Das ist derart gewalttätig gewesen, das haben wir lange so nicht erlebt.“ Ein Drogeriemarkt, in dem sich Kunden befunden hätten, sei mit Steinen attackiert worden, die Scheiben von Sparkassen seien eingeschlagen und Müllcontainer in Brand gesetzt worden. Nach der Räumung des Schulterblattes warfen kleine Gruppen Steine auf die Fassade des Modegeschäftes „American Apparell“ errichteten provisorische Barrikaden an der Schanzenstraße und entzündeten Restgut. Die Brände wurden teils von Anwohnern gelöscht.

Zudem war der Nah- und Fernverkehr beeinträchtigt. Weil Demonstranten im Bereich des Schanzenviertels immer wieder auf die Gleise liefen, wurde die S-Bahn-Strecke zwischen Sternschanze und Holstenstraße gesperrt. Fernzüge aus Hannover, Berlin, Bremen und Rostock endeten im Hamburger Hauptbahnhof und konnten nicht nach Altona weiterfahren. Fernzüge aus dem Norden wurden umgeleitet und endeten dafür in Harburg.

Polizeikessel und zerstörte Hotelfassaden in St. Pauli

Nach der Auflösung der Demonstration zogen die Randalierer in Gruppen in Richtung Reeperbahn weiter und lieferten sich ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei. Im gesamten Stadtteil St. Pauli kam es zu schweren Auseinandersetzungen mit Böller- und Flaschenwürfen, unter anderem in der Wohlwillstraße. Im Stadtteil wurden bei einem SPD-Büro die Scheiben eingeworfen, zwei Polizeiautos beschädigt und ein DHL-Paketfahrzeug nahe der Feldstraße in Brand gesetzt.

Am frühen Abend griffen Randalierer gezielt mehrere hochpreisige Hotels im Umfeld der Reeperbahn an. Die Erdgeschossfassade des „Empire Riverside Hotel“ in der Bernhard-Nocht-Straße wurde nahezu vollständig mit Steinen und anderen Wurfgegenständen zerstört, Vermummte warfen große Blumenkübel im Eingangsbereich um und entwurzelten Pflanzen. Auch Fenster und Glastüren des „NH Hotel“ an der Feldstraße und des “Hotel Hafen Hamburg“ an der Seewartenstraße wurden zerstört. Im „Arcor Onyx“ (Reeperbahn 1) kam es nach Augenzeugen neben eingeworfenen Scheiben auch zu Zerstörungen im Restaurantbereich.

Vor den einsturzgefährdeten Esso-Häusern fand am Abend eine Kundgebung für die Sanierung des Gebäudeensembles statt, am Rande kam der Versammlung gab es vereinzelten Sachbeschädigungen. Mehrere Demonstranten versuchten außerdem, sich Zutritt zu den maroden Gebäuden zu verschaffen.

Gegen 21 Uhr kesselten Einsatzkräfte eine Gruppe von 300 mutmaßlichen Randalierern in der angrenzenden Kastanienallee ein. Unter lautstarken Parolen von Sympathisanten außerhalb der Polizeiketten wurden die verdächtigen Personen anschließend einzeln durchsucht und teilweise in Gewahrsam genommen. Mit mehreren Kleinbussen brachte die Polizei die verdächtigen Randalierer in die zentrale Verwahrstelle in Fuhlsbüttel, sie müssen teilweise mit Anzeigen wegen schweren Landfriedensbruches rechnen. Zu weiteren Übergriffen auf Beamte kam es dabei nicht, gegen 21.45 Uhr beruhigte sich die Lage rund um die Reeperbahn deutlich.

Auch Eimsbüttel, Hoheluft und die Innenstadt betroffen

Neben den Krawallen in St. Pauli und Sternschanze kam es auch in anderen Stadtteilen zu Zwischenfällen. An der Kreuzung von Eppendorfer Weg/Neumünstersche Straße in Eimsbüttel bewarf eine Gruppe von Randalierern die Einsatzfahrzeuge der Polizei mit Steinen. Am Abend warfen Unbekannte Glasscheiben in der Frontfassade des Bezirksamtes Eimsbüttel am Grindelberg ein, auch die Fassade eines gegenüberliegenden Aldi-Supermarktes wurde zerstört.

Gegen 21.30 Uhr registrierte die Polizei eine Gruppe von etwa 1000 Personen mit „Störerpotenzial“ im Bereich der Hoheluftchaussee und war rasch mit einer großen Anzahl von Beamten und drei Wasserwerfern vor Ort. Auch hier kam es vereinzelt zu Flaschenwürfen und Katz-und-Maus-Szenen mit den Demonstranten. Gegen 22 Uhr löste sich die versammelte Gruppe der potenziellen Randalierer auf und verteilte sich in die umliegenden Stadtteile.

Entgegen der Befürchtungen blieb es in der Innenstadt bis zum Abend zunächst ruhig, Sichtungen von angeblichen Randalierern im Bereich des Weihnachtsmarktes erwiesen sich als falsch. Am Abend griffen jedoch Unbekannte die Filiale der Deutschen Bank in der Spitaler Straße mit Steinen und anderen Gegenständen an, mehrere Fensterscheiben wurden dabei zerstört.

Überblickskarte der geplanten Protestaktionen

So verliefen die schweren Krawallen am Sonnabend im Live-Ticker auf abendblatt.de

1.15 Uhr: Die Lage hat sich im gesamten Innenstadtgebiet, dem Schanzenviertel und St. Pauli normalisiert. Der Großeinsatz der Polizei ist beendet, die Beamten zeigen in den Brandherden jedoch weiter verstärkte Präsenz.

23.36 Uhr: Das Ortsamt an der Weidenallee wurde ebenfalls mit Steinen attackiert und beschädigt

22.05 Uhr: Auch am Bezirksamt Eimsbüttel wurden Fenster eingeschlagen, gegenüber wurde die Fassade eines Aldi-Marktes zerstört.

21.58 Uhr: Neben dem Empire Riverside Hotel an der Bernhard-Nocht-Straße ist auch das NH Hotel an der Feldstraße schwer beschädigt worden. Randalierer zerschlugen die komplette Eingangstür aus Glas und warfen Steine durch die Fenster zum Restaurant. Der Gastronomiebereich ist laut eines Sprechers auch innen demoliert. „Zum Glück wurden keine Gäste verletzt“, sagte der Sprecher weiter. Wie hoch der Schaden ist, war zunächst unklar. Ein Notfalldienst wurde alarmiert, um die Schäden sofort zu reparieren.

21.11 Uhr: Die Zahl der verletzten Polizisten ist noch einmal drastisch gestiegen. 70 Einsatzkräfte wurden bei den Krawallen verletzt. Zehn davon so schwer, dass sie dienstunfähig sind. Auf der Schanze wurde ein Beamter so schwer von einem fliegenden Stein getroffen, dass er bewusstlos zu Boden ging.

20.20 Uhr: Die Lage hat sich etwas beruhigt. Auf der Schanze ist es mittlerweile komplett ruhig, auf der Reeperbahn sind nach wie vor kleinere Gruppen von Demonstranten unterwegs. Am Empire Riverside Hotel haben Randalierer Scheiben im Eingangsbereich eingeschlagen und Statuen vor dem Eingang demoliert.

18.50 Uhr: Laut einer ersten Bilanz wurden bisher 22 Polizisten bei den Krawallen verletzt.

18.35 Uhr: Auf der Rückseite der Esso-Häuser haben sich Tausende Demonstranten versammelt. Jetzt stehen sie sich mit Polizisten an der Kastanienallee und der Hopfenstraße gegenüber. Die Einsatzkräfte haben rund 100 Randalierer und Angreifer in Gewahrsam genommen. Die Lage ist weiter undurchsichtig. Von einem Bauwagen aus, der am Nachmittag auch auf der Schanze zum Einsatz gekommen war, ertönen Ansprachen der Demonstranten.

18.24 Uhr: Neben S-Bahnen ist auch der Regional- und Fernverkehr von den Randalen betroffen. Fernzüge aus Hannover, Berlin, Bremen und Rostock enden im Hamburger Hauptbahnhof und könnten nicht nach Altona weiterfahren. Fernzüge aus dem Norden würden umgeleitet und endeten dafür in Harburg, sagte ein Bahnsprecher.

18.06 Uhr: Die Situation eskaliert. Auf der Reeperbahn sind Tausende Linke unterwegs, viele vor den Esso-Häusern. Die Polizei versucht die Lage unter Kontrolle zu bekommen und muss die Einsatzkräfte aufstocken. Die Polizei wirkt unterlegen. Zwischen Partygängern und den Buden des Weihnachtsmarktes auf dem Spielbudenplatz und finden die Demonstranten immer wieder Möglichkeiten sich zu verstecken. Es kommt zu Eins-gegen-Eins-Auseinandersetzungen zwischen Beamten und Randalierern. Zahlreiche Polizisten wurden verletzt.

17.53 Uhr: Größere und kleinere Gruppen ziehen durch St. Pauli. Randalierer haben Mülltonnen auf die Straße geworfen. Immer wieder explodieren Böller. Die Polizei hat die Davidwache abgesperrt.

17.33 Uhr: Die Lage verschärft sich: In Kleingruppen sind die Demonstranten in Richtung Kiez gezogen. Die Situation ist unübersichtlich. Die Polizei riegelt einzelne Straßen ab. Die Reeperbahn ist komplett dicht. Von Altona aus kommen weitere Demonstranten den Kiez herauf, ebenso wie aus den Querstraßen Menschen dazustoßen. Vor der Davidwache steht ein Wasserwerfer. Rund um die Polizeiwache und die wenige Meter entfernten Esso-Häuser vereinen sich die Protestzüge.

17.06 Uhr: Polizei und Demonstranten stehen sich an der Kreuzung Schanzenstraße, Schulterblatt und Neuer Pferdemarkt gegenüber. Noch immer sind rund 5000 Teilnehmer dabei. Vereinzelt fliegen Flaschen, insgesamt ist die Lage aber momentan etwas ruhiger. Derzeit verharren die Protestierer auf dem Platz. Die Polizei fordert, dass die Demonstranten eine Versammlung anmelden. Dann wäre ein geordneter Zug in Richtung Innenstadt möglich. Zuvor waren Rufe laut geworden, am Abend zu den Esso-Häusern auf der Reeperbahn zu ziehen.

16.47 Uhr: Jetzt ist auch der S-Bahnverkehr betroffen. Weil sich Personen aus dem Kreis der Demonstranten auf den Gleisen befanden, hat die Bundespolizei die Strecke zwischen den Bahnhöfen Sternschanze und Holstenstraße gesperrt. Ein Zug der Linie S 31 mit rund 200 Fahrgästen an Bord musste am Nachmittag mehr als eine Stunde auf der Strecke verharren, konnte gegen 16.40 Uhr dann zur Haltestelle Sternschanze weiterfahren. Die Strecke bleibt weiter gesperrt: „In der Dunkelheit können wir sonst keinerlei Sicherheit gewähren“, sagte ein Sprecher der Bundespolizei.

16.30 Uhr: Die Teilnehmer der offiziell aufgelösten Demonstration macht sich von der Schanze aus in Richtung Neuer Pferdemarkt auf den Weg. Ursprünglich sollte die Demo in die entgegengesetzte Richtung verlaufen.

16.10 Uhr: Der Bereich vor dem Kulturzentrum Rote Flora hat die Polizei geräumt. Eine Spur der Verwüstung zieht sich über die Schanze.

16.00 Uhr: Die Polizei hat die Demo offiziell aufgelöst. Grund seien die massiven Angriffe auf Beamte gewesen, sagte eine Polizeisprecherin. Mit der Auflösung fallen die Randalierer nicht mehr unter den Schutz des Versammlungsrechtes.Auf der Schanze herrscht weiter Ausnahmezustand und eine Situation, wie bei einer Straßenschlacht. Es fliegen weiter Böller und Steine. Baustellenabsperrungen wurden auf die Straße gezogen. Das Gebiet am Schulterblatt ist abgeriegelt. Die Scheiben von zahlreichen Geschäften wurden zerbrochen, auch die Drogerie-Filiale Budni ist stark beschädigt.

15.48 Uhr: Demonstranten berichten, die Polizei sprühe wahllos Tränengas in die Menge, die nach wie vor am Schulterblatt steht. „Haut ab!“-Rufe sind zu hören.

15.45 Uhr: Eine Gruppe von mehreren Hundert Vermummten mit Sturmhauben flüchtet Richtung Neuer Pferdemarkt. Polizisten setzen Pfefferspray ein, um die Gruppe zu stoppen. Immer wieder versuchen Demonstranten aus dem Bereich zu flüchten.

15.41 Uhr: Die Polizei hat die Demonstranten auf dem Schulterblatt „eingekesselt“. Die Stimmung ist nach wie vor aggressiv, es werden weitere Böller und bengalische Feuer gezündet.

Immer wieder versuchen Gruppen, aus dem Bereich zu flüchten und sich abzusetzen.

15.21 Uhr: Demonstranten klettern auf die Eisenbahnbrücke und werfen Steine auf die Polizisten. Rund 7300 Demonstranten haben sich versammelt.

15.18 Uhr: Kurz nach Beginn der Demonstration eskaliert die Lage direkt. Polizisten versuchen, den Zug an der Eisenbahnbrücke am Schulterblatt zu stoppen. Die Beamten werden mit Böllern, Flaschen und Steinen beworfen. Wasserwerfer fahren vor und drängen die Demonstranten Richtung Schulterblatt zurück. Bengalische Feuer werden gezündet.

15.10 Uhr: Der Beginn des Zuges verzögert sich, weil die Route geändert wurde und die Demo nicht über die Reeperbahn ziehen soll.

Mit etwas Verspätung setzt sich der Demonstrationszug in Bewegung – offenbar entgegen der Abmachung mit der Polizei. Rund 5500 Demonstranten nehmen an dem Zug teil, davon nach Schätzungen 4200 Gewaltbereite.

14.43 Uhr: Bisher bleibt die Lage ruhig. Allerdings wird der Demonstrationszug vom Millerntor direkt in die Glacischaussee abbiegen, anstatt wie zunächst geplant noch über die Reeperbahn zu ziehen.

14.15 Uhr: Etwa 2800 Menschen haben sich nach Schätzungen der Polizei vor der Roten Flora versammelt, wo der Protestzug um 15 Uhr startet. Weitere strömen hinzu.

13.15 Uhr: Rund 900 Menschen haben sich laut Polizei am Steindamm zu einer friedlichen Kundgebung der Lampedusa-Gruppe versammelt. Zwischenfälle gab es bisher nicht, sagte eine Polizeisprecherin. Die Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ verzichtet auf ihren geplanten Protestzug, um sich von Gewalt zu distanzieren.

Vertreter der Flüchtlinge sprachen sich angesichts der für den Nachmittag angekündigten Groß-Demo für friedliche Proteste aus. „Wir wollen Kreativität und keine Gewalt“, sagte ein Sprecher der Afrikaner. Gleichzeitig verwiesen die Redner auf den Kontrast zwischen dem weihnachtlichen Einkaufstrubel und den Kampf vieler Flüchtlinge ums Überleben.

7.01 Uhr: Das Oberverwaltungsgericht bestätigt in der Nacht die Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts, nach der die geplante Kundgebung am Adolphsplatz in der Innenstadt nicht stattfinden darf. Die Versammlung soll stattdessen an den S-Bahnhof Sternschanze verlegt werden, wie von der Innenbehörde angeordnet. Befürchtet wurde, dass gewaltbereite Teilnehmer des großen Demonstrationszuges anschließend zu der Versammlung in der Innenstadt ziehen und dort mitten im Weihnachtsgeschäft randalieren könnten.