Klein und schwarz. Nicht gerade die idealen Mode-Attribute für einen Eyecatcher. Warum das Klassiker-Kleidchen trotzdem immer Saison hat.
„ Im Zweifel das Kleine Schwarze“. L`Wren Scott, selbst Designerin, internationale Socialite und Lebensgefährtin von „Rolling Stone“ Mick Jagger kennt sich aus in Sachen Coolness und vertrackter kosmopolitischer Dresscodes. Sie weiß: Im Little Black Dress (LBD) tritt man immer stilsicher auf und wirkt je nach Accessoires und Styling sexy, businesslike, pastoral-streng, charmant, dezent oder extravagant.
Das LBD ist das Chamäleon unter den Klassikern. Es passt sich jeder Situation und jeder Trägerin an – pure schwarze Magie. In der Welt der Mode, in der Looks und Lebensgefühle schneller wechseln als Outings auf WikiLeaks hat es von allen Kleidungsstücken „die längste Saison“ (US-Vogue-Zitat von 1944!). Genauer gesagt, seit 85 Jahren.
„Der Ford von Chanel“ kommentierte die US-Vogue den ersten Entwurf von Mademoiselle Coco Chanel von 1926. Schwarz, knielang, aus Crêpe-de-Chine, schmale Ärmel; kein Schnokus und keine Pleureusen. Wie das Auto war auch das Kleid funktional und von schlichter Eleganz.
Viele Stars entdeckten seinen Glamour in der Vielseitigkeit des LBD und machten ihn sich zunutze: Rita Hayworth in „Gilda“, Gloria Swanson in „Heute Nacht oder nie“, Marilyn Monroe in „Manche mögen’s heiß“; das hautenge Spaghettiträger-Etuikleid, in dem sie hingebungsvoll Ukulele spielte, nannte sie ihr „Glückskleid“. Ins kollektive Gedächtnis eingebrannt hat sich natürlich vor allem Audrey Hepburns Holly Golightly („Frühstück bei Tiffany“): Diva-Sonnenbrille, Hochsteckfrisur, Zigarettenspitze. Und das Kleine Schwarze. Dieses wohl berühmteste aller LBDes stammte allerdings – Treppenwitz der Modegeschichte – nicht von Madame Chanel, sondern von Hepburns Leib- und Leben-Schneider Hubert de Givenchy.
Man könne sein T-Modell in jeder Farbe haben, witzelte der Henry Ford, als das Auto (bis 1972 das bestverkaufte der Welt!) 1909 auf den Markt kam. Allein: Er tat es aus utilitaristischen Gründen, nicht weil er bunte Farben wie Coco Chanel „gemein“ und „ausgesprochen hässlich“ fand – es war einfach billiger und damit gewinnträchtiger, ein Auto in nur einer Farbe herzustellen.
La Chanel aber wurde mit dem LBD unsterblich.
Oder könnten Sie sich im Ernst vorstellen, dass ein kleines Kleidchen in skandinavischem Erbspüreegrün – ein LED – über 85 Jahre lang ein Welterfolg sein würde?