Essen/Berlin. Danielle Dutz hat vier Kontinente besucht. Wo erlebte die Alleinreisende das größte Risiko für Leben und Gesundheit? Afrika, Asien oder USA?
Wie Danielle Dutz auf die Idee kam, für mehr als zwei Jahre auf Weltreise zu gehen? Es ging ihr wie so vielen jungen Menschen: Nach dem Abi war ihr noch unklar, was man studieren sollte und wo; klar war nur, dass sie eine Zeit im Ausland verbringen und sich eine Auszeit nehmen wollte. „Dann habe ich im Fernsehen eine Doku gesehen über eine Safari in Afrika. Ich dachte mir: Da möchte ich hin“, erzählt die heute 27-Jährige. Anders als viele, die damals Anfang 20 waren, war sie nicht von den zahlreichen jungen Weltreisenden auf YouTube, Instagram & Co. inspiriert, die den Gedanken der Erdumrundung dort zum verbindenden, bewusstseinserweiternden Mantra erhoben haben. Bei ihr klang es erstmal nach ein, zwei Auslandsemestern in Selbsterfahrung.
Im Herbst 2016 fiel der Entschluss, im Februar 2017 ging der Flieger nach Kapstadt, ohne Rückflugticket. „Ich habe mir gesagt, wenn ich ein halbes Jahr weg bleibe oder ein Jahr, ist es okay. Ich habe mir Routen angeschaut. Und ich wollte in eine Auffangstation für Tiere und da mitarbeiten als freiwillige Helferin. Diese Eckpunkte hatte ich geplant, alles andere habe ich frei gemacht.“
Auge in Auge mit der Raubkatze in Südafrika
Es wurde eine Auffangstation für Geparden. „Es war für mich gewöhnungsbedürftig, weil die Tiere dort eingezäunt sind. Es ist nicht genügend Lebensraum da und die Tiere werden deswegen in Gefangenschaft aufgezogen, ehe man sie auswildern kann. Es war aber eine tolle Erfahrung, mit den Pflegern ihren Alltag zu teilen, der so ganz anders ist als das, was man von hier kennt. Und ich habe dort Freundschaften fürs Leben geschlossen“, sagt Dutz.
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Dabei begann die Reise für sie so, dass andere vermutlich sofort über einen Heimflug nachgedacht hätten. „Als ich in Südafrika angekommen bin, habe ich mir direkt an Tag zwei einen Sonnenbrand zweiten Grades geholt.“ Das Gesicht entstellt, unglaubliche Schmerzen. Und als der Sonnenbrand langsam abklang, taten die Augen in der Nacht weh. „Es hat sich angefühlt, als hätte ich 1000 kleine Nadeln in meinen Augen. Ein paar Stunden später konnte ich sie nicht mehr öffnen.“ Es kam heraus, dass sie sich ein Stück ihrer Hornhaut von beiden Augen abgezogen hatte, weil die Kontaktlinsen ausgetrocknet waren. Für zehn Tage war sie fast erblindet. Die Serie von Krankheiten setzte sich fort, denn dann kam eine Mandelentzündung, dabei stellte man einen Abszess im Hals fest. „Die ersten vier Wochen waren nur von Krankheit geprägt. Aber das Gefühl, dass ich nach Hause fliegen sollte, hatte ich tatsächlich nie. Stattdessen eher: Wann geht es jetzt endlich los?“
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Fünf Monate blieb sie in Südafrika, unterwegs als Backpackerin mit 15 Kilo auf dem Rücken, außerhalb der ausgetretenen Touristenpfade. Und es war nicht der Geldmangel, der sie wieder wegführte. „Auslöser war ehrlich gesagt das Wetter. Es wurde langsam Winter. Da bin ich nach Portugal geflogen, habe für drei Monate in einem Familienhotel in der Küche gearbeitet, in den Bergen, ein ganz anderer Kontrast.“
Es wurde sogar noch westeuropäischer, nächster Halt… „Brüssel war schon immer eine aufregende Stadt für mich und ich dachte: Na ja, das probiere ich jetzt einfach mal aus.“ Sie lernte ein bisschen Niederländisch, überlegte in Belgien zu studieren, entschied sich dagegen, und flog wieder für vier Wochen nach Südafrika, bevor sie kurzzeitig nach Hause zurückkehrte, um die Finanzen wieder aufzustocken. Dabei war schon klar: Es sollte weitergehen, nach Indien und in die USA.
Nach der Yoga-Ausbildung kam die Gefahr
„Indien hat mich immer interessiert wegen der Kultur“, sagt Dutz. Sie machte eine Ausbildung zur Yogalehrerin, bevor sie das Land erkundete. „Das war eine der anstrengendsten Reisen.“ Besonders die konstante Lärmbeschallung machte ihr zu schaffen, es war laut am Strand, überall klang es nach Party, nach Feuerwerk, es gab die städtische Geräuschkulisse, Hupen…
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Einmal war es richtig gefährlich. In Indien ist ihr in der vierten Woche das Handy kaputtgegangen. Deshalb musste sie ohne Handy den Bus in die Stadt Hampi finden – aber an den Haltestellen stand alles auf Hindi geschrieben. Ein Einheimischer, den sie nach dem Bus fragte, gab ihr bewusst eine falsche Auskunft – und sie wartete für eineinhalb Stunden. Bis er zurückkam und überraschend sagte: „Mein Cousin ist gleich da, dann werfen wir deinen Rucksack auf mein Motorrad, ich fahre dich da hin. Ich wusste: Das ist gefährlich, ich bin in einer ganz blöden Situation. Ich habe mir meinen Rucksack gepackt, in der Menschenmenge einen Mann in Uniform gesehen und bin zu ihm gerannt. Er hat die Situation schnell erfasst und mich sofort in den richtigen Bus geschoben.“
Alleinreisen ist nicht für jeden zu empfehlen
Später flog Danielle Dutz noch in die USA für drei Monate. Zuerst nach New York für ein paar Wochen, dann weiter nach Washington DC. „Dann bin ich noch nach San Francisco und nach Los Angeles. Irgendwann kam der Moment, da saß ich in New York auf der Couch und habe gemerkt: Okay, ich bin jetzt echt lang unterwegs. Ich habe 21 von 26 Monaten im Ausland verbracht. Ich muss mal wieder ein bisschen zurückkommen und dachte. Wo könnte ich hin?“ In Berlin begann sie schließlich ihr Studium.
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Die Erfahrungen möchte sie nicht missen: „Jeder, der mit dem Gedanken spielt, sollte sich nicht von seinen Ängsten stoppen lassen. Ich weiß, dass Alleinreisen nicht für jeden was ist, aber es gibt Gruppen, die so was organisieren. Ich bin in dieser Zeit so gewachsen. Das ist definitiv etwas, was mich mein ganzes Leben lang begleitet.“
Was Anna und Eugen Lambrecht auf ihrer fünfjährigen Weltreise erlebt haben, lesen Sie demnächst an dieser Stelle
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