Essen. Die Signa-Insolvenz trifft Galeria Karstadt Kaufhof noch nicht direkt. Aber Benko hat seinen Traum der Deutschen Warenhaus AG wohl aufgegeben.
Die Insolvenz der Karstadt-Mutter Signa an sich kommt nicht mehr überraschend. Zu dramatisch klang alles, was aus dem Umfeld des Unternehmens und von Insidern in den letzten Wochen zu hören war. Was vor allem den ein oder anderen im Dunstkreis des Essener Warenhauskonzerns Galeria negativ überraschen dürfte, ist aber der Subtext in der Mitteilung des österreichischen Konzerns: Er nennt als Begründung für den Gang zum Insolvenzgericht an erster Stelle den schlecht laufenden stationären Einzelhandel und erst danach die Probleme im Immobilienbereich. Was wollen die Österreicher damit sagen?
Nach allem, was unsere Redaktion zuletzt gehört hat, hat in erster Linie die Zinswende mit ihren Verwerfungen für die gesamte Immobilienbranche das Benko-Imperium in Schieflage gebracht. Sichtbar wurde das mit diversen Baustopps an Prestigeprojekten – in Düsseldorf, Hamburg, Berlin und München. Von unbezahlten Rechnungen berichteten Handwerker- und Baufirmen.
Auch bei den Handelstöchtern läuft es freilich alles andere als gut, die Probleme des Immobilienzweigs auffangen können sie keineswegs, stattdessen schreibt etwa auch die Warenhaustochter Galeria Karstadt Kaufhof weiter Verluste. Allerdings weniger als zuvor, nicht mehr. Mit Benkos Immobilienwerten ging es dagegen seit dem Sommer 2022 steil abwärts. Der Auslöser für seine zuletzt hektische Suche nach frischem Geld, um seine Kredite noch fristgerecht begleichen zu können, muss demnach das Kerngeschäft des Immobilienmoguls Benko sein, nicht der Handelszweig.
Signa ist eines der größten Immobilienunternehmen Europas. Die Branche befürchtet vor allem bei Gewerbe- und Handelsimmobilien nun Schockwellen durch die Insolvenz der Muttergesellschaft. Mit den Werten der Gebäude sinken auch die mit ihnen zu erzielenden Mieten – zumindest müssten sie das. Das wirft zugleich ein Schlaglicht darauf, dass im Reich Benkos schon lange gegensätzliche Interessen miteinander kollidieren: Die Einzelhändler, allen voran die Luxus-Kaufhäuser in den Metropolen sowie die Karstadt- und Kaufhof-Filialen in Häusern, die Signa gehören, ächzen unter den hohen Mieten, die ihre Schwestergesellschaft ihnen berechnen und sehr offensichtlich auch dringend brauchten.
Das zugesagte Geld für Galeria steht mit der Signa-Insolvenz infrage
Wo die Signa-Sanierer nun ansetzen wollen, verraten sie bisher nicht. Aber was sie erahnen lassen, verheißt nichts Gutes für Karstadt und Kaufhof. „Die Investitionen in diesem Bereich haben nicht den erwarteten Erfolg gebracht“, betont die Galeria-Mutter. Das klingt nicht so, als stünde die Überweisung der im Insolvenzplan zugesagten 200 Millionen Euro für die Renovierung der Warenhäuser unmittelbar bevor. Wer die vergangenen dreieinhalb Jahre mit zwei Galeria-Insolvenzen verfolgt hat, musste allerdings den Eindruck gewinnen, dass Benko nicht zu viel, sondern viel zu wenig Geld in seine Kaufhäuser investiert hat.
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Wenn der Hinweis aus Wien auf den missglückten Versuch, im stationären Einzelhandel erfolgreich zu sein, das Eingeständnis des Scheitern sein soll, würde das mindestens bedeuten, dass Signa aus einer Insolvenz heraus sicher nicht Geld in die Hand nimmt, um das Warenhausgeschäft zu stärken. Im Extremfall kann es bedeuten, dass Benko seinen Traum von der deutschen Warenhaus AG ausgeträumt hat – und die verbliebenen verkaufen will, um wenigstens Teile seines Immobilien-Imperiums retten zu können.