Essen. Warum Autopapst Dudenhöffer die Chinesen mit ihren Elektroautos vorne sieht. Was er den deutschen Herstellern rät. Und was er von Habeck fordert.
Zuerst haben die Deutschen den Chinesen Nachhilfe beim Bau von Verbrenner-Autos gegeben. Jetzt geben chinesische Hersteller den deutsche Nachhilfe bei Elektroautos. Das sagt der in der Branche oft „Autopapst“ genannte Experte Ferdinand Dudenhöffer im Interview mit unserer Redaktion. Der Gründer des renommierten Duisburger CAR-Instituts sieht die chinesischen Hersteller wie BYD vor allem in der Batterietechnik und mit ihrem Tempo beim Hochlauf der neuen Antriebsart gegenüber den deutschen Konkurrenten im Vorteil. Sein Rat: Kooperation statt Resignation und wieder höhere Kaufprämien in Deutschland.
Herr Dudenhöffer, chinesische Autobauer drängen mit Elektromodellen auf den deutschen Markt. Bisher hat kein Hersteller hierzulande wirklich Fuß fassen können, gelingt es den Chinesen diesmal?
Dudenhöffer: Zu 100 Prozent! Viele Marken wie Polestar, Nio oder Lynk sind ja schon hier, fristen aber noch ein Nischendasein. BYD wird sehr stark sein, Chinas Nummer eins wächst exponentiell. Das ist ein Hochtechnologie-Unternehmen, das vor allem bei Batterien ein großes Knowhow und Kostenvorteile hat, weil es die Batterien selbst herstellt. BYD wird einen großen Schritt machen in Deutschland und Europa, der vergleichbar sein wird mit dem von Tesla in den vergangenen Jahren.
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Bisher kennt in Deutschland aber kaum jemand BYD. Und die deutsche Markenverbundenheit war bisher immer die größte Hürde für Neulinge.
Dudenhöffer: Diese Markenverbundenheit ist Schnee von gestern, die gibt es so gar nicht mehr. Sonst hätte auch Tesla hier keinen Erfolg haben können. Das wird nicht anders laufen als bei den Smartphones: Die Tradition von Nokia war letztlich für den Mülleimer der Geschichte. Hier haben sich die asiatischen Marken, die vorher keiner kannte, auch durchgesetzt. BYD wird sich hier etablieren wie Tesla.
Und wie Tesla eigene Werke bauen? Eines hat BYD ja schon angekündigt.
Dudenhöffer: Mit absoluter Sicherheit, alles andere wäre ja dumm. Noch sind die Preisvorteile von BYD nicht so groß, was an den geringen Stückzahlen, aber auch am Importzoll von zehn Prozent liegt. Ab einer gewissen Stückzahl, die sie bald erreichen werden, rechnen sich chinesische Werke in Europa und sorgen dafür, dass ihr Preisvorteil wächst.
Dudenhöffer: Chinesen in Batterietechnik voraus
Muss uns das sorgen?
Dudenhöffer: Im Gegenteil – wir sollten froh sein, wenn Chinesen in Europa Autowerke bauen. Wir können Entwicklungshilfe bei der Elektromobilität gebrauchen, so wie deutsche Ingenieure früher den Chinesen Entwicklungshilfe bei den Verbrennern gegeben haben. In Sachen Batterietechnik und Software sind uns die Chinesen derzeit weit voraus.
In Brüssel diskutieren hohe EU-Politiker über Strafzölle auf chinesische Autos, weil die Hersteller vom Staat subventioniert würden. Könnte das ihre Offensive in Europa bremsen?
Dudenhöffer: Strafzölle wären der Tod der deutschen Autoindustrie, denn Peking würde darauf reagieren. Die deutschen Autobauer verkaufen weltweit 30 bis 40 Prozent ihrer Autos in China. Wenn VW der weltgrößte Markt wegbricht, kann Volkswagen einpacken. Strafzölle wären aber auch sachlich Unsinn. In China gibt es anhaltend hohe Kaufprämien für Elektroautos, in Deutschland waren sie auch hoch. Dass wir sie jetzt runterfahren, ist ein Riesen-Fehler, wie die sinkenden Zulassungszahlen zeigen. Wir sollten die Chinesen nicht bestrafen, sondern es ihnen gleichtun.
Auf der Automobilmesse IAA war viel vom „China Speed“ die Rede. Überholen sie uns?
Dudenhöffer: Tesla und BYD haben viel Speed. Und sie bauen nur Elektromodelle, während bei den deutschen Herstellern weltweit nur zehn bis 15 Prozent ihrer verkauften Autos elektrisch sind. Die Dynamik ist beim Antriebswechsel entscheidend, und in Deutschland fehlt sie gerade völlig. Wenn wir zu langsam hochfahren, erreichen Tesla und BYD Kostenvorteile durch ihre Größe, die nicht mehr aufzuholen sind.
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Dudenhöffer: Sie haben großen Respekt, das sieht man schon daran, dass sie sich chinesische Partner suchen, um von ihnen zu lernen. VW hat sich bei XPeng eingekauft und will mit dem Start-up neue Modelle für den chinesischen Markt entwickeln, um dort verlorenes Terrain zurückzugewinnen. Das Gleiche versucht Audi mit SAIC. Mercedes arbeitet schon lange mit BAIC zusammen. Die Chinesen sind in vielem inzwischen Technologieführer, die Deutschen wissen das. Vor ein paar Jahren haben unsere Ingenieure die Chinesen noch ausgelacht. Das war ein Fehler.