Straßburg/Peking. Brüssel und Peking streiten über mögliche Strafzölle auf chinesische Elektroautos. Wer dahinter stecken könnte und wie China darauf reagiert.
Zwischen der Europäischen Union und China ist ein offener Streit über mögliche Strafzölle auf chinesische Elektroautos entbrannt. Die EU werde die staatliche Förderung für chinesische Autobauer untersuchen, kündigte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an. „Der Preis dieser Autos wird durch riesige staatliche Subventionen künstlich gedrückt – das verzerrt unseren Markt“, sagte die deutsche Spitzenpolitikerin im Europaparlament in Straßburg. Das sei nicht akzeptabel. Die Weltmärkte würden von billigeren chinesischen Elektroautos überschwemmt.
Nicht zuletzt dank üppiger Subventionen hat sich die Volksrepublik zum größten Markt für Elektrofahrzeuge entwickelt. Zahlreiche innovative Start-ups sind entstanden, die nach Einschätzung von Branchenexperten hervorragende Autos mit Elektroantrieb bauen. Kommissionsangaben zufolge sind chinesische Elektroautos normalerweise rund 20 Prozent günstiger als in der EU hergestellte Modelle. Es wird damit gerechnet, dass der Anteil chinesischer Elektrofahrzeuge von derzeit acht auf 15 Prozent im Jahr 2025 steigen werde. Die Antisubventionsuntersuchung kann dazu führen, dass Strafzölle erhoben werden. In der Vergangenheit hatte die EU unter anderem schon auf Solarpaneele aus China Antidumpingzölle eingeführt.
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Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck begrüßte die Ankündigung einer Untersuchung. Es gehe nicht darum, leistungsfähige, günstige Autos aus dem europäischen Markt herauszuhalten, sondern zu prüfen, ob es Subventionen gebe, die den Wettbewerb unlauter verzerrten, sagte der Grünen-Politiker.
Die Autoindustrie vertritt die Ansicht, die Untersuchung alleine löse bestehende Herausforderungen nicht. Es brauche langfristige Strategien, denn der deutsche und europäische Standort leide unter hohen Energiekosten, Steuern, Abgaben, Umlagen und unter zu viel Bürokratie, sagte ein Sprecher des Verbands der Automobilindustrie (VDA). Er wies auch darauf hin, dass Antisubventionsuntersuchungen der EU sehr formale Verfahren seien. Schäden müssten bemessen werden können und zudem mögliche Gegenreaktionen aus China berücksichtigt werden. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer befürchtet gar einen großen Schaden für deutsche Autobauer, weil China auf Strafzölle sicher hart reagieren werde.
China warnt vor den Folgen von EU-Strafzöllen
Und die Reaktion folgte prompt: China sei besorgt und unzufrieden mit dieser Sache, erklärte ein Sprecher des Handelsministeriums in Peking. China gehe davon aus, dass die Untersuchungsmaßnahmen dem Schutz der europäischen Industrie dienten. Dies stelle ein „unverhohlenes protektionistisches Verhalten“ dar, das die Lieferketten der globalen Autoindustrie ernsthaft stören und verzerren werde und sich negativ auf die chinesisch-europäischen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen auswirken werde.
Die Wichtigkeit gerechter Bedingungen auf den Märkten betonte die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK). „Chinesische Wettbewerbsverzerrungen sind ein besonderes Problem, die Europa entschlossen angehen sollte, aber möglichst nicht über eigene übermäßige Subventionen oder neue Strafzölle als Folge langwieriger Anti-Dumpingverfahren“, so DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. Durch weltweite Subventionswettrennen werde der freie Wettbewerb immer stärker zum Schaden der deutschen Unternehmen belastet.
Deutsche Autobauer eher zurückhaltend in Zolldebatte
Deutsche Autobauer selbst äußerten sich zunächst zurückhaltend. BMW teilte mit, man wolle die Ankündigung nicht kommentieren, solange noch keine konkreten Eckpunkte vorlägen. Französische Autokonzerne Stellantis (mit Opel) und Renault gelten Experten innerhalb Europas als Treiber der Strafzoll-Debatte. Denn sie sind im chinesischen Markt schwach, aber in Deutschland ganz gut unterwegs. Ein erfolgreicher Markteintritt von BYD & Co. im größten Automarkt Europas würde sie besonders treffen.
Europa sei offen für Wettbewerb, aber nicht für einen ungleichen Unterbietungswettlauf, erklärte von der Leyen. „Wir müssen uns gegen unfaire Praktiken wehren.“ Zugleich betonte sie, es sei unabdingbar, mit China im Dialog zu bleiben. Als ein Risiko im Umgang mit China gilt etwa, dass wichtige Industriezweige ihre Produktion auslagern. „Wir haben nicht vergessen, wie Chinas unfaire Handelspraktiken unsere Solarindustrie beeinträchtigt haben“, sagte von der Leyen. Die Produktion von Solaranlagen hat sich in den vergangenen Jahren zunehmend nach China verlagert.
VW in China von BYD überholt
Gleichzeitig geraten deutsche Autohersteller durch die inzwischen teilweise überlegene Konkurrenz stark unter Druck. Jahrzehntelang profitierten sie vom rasanten Wachstum in China und freuten sich über ihre enormen Absatzzahlen von Verbrenner-Autos dort. Doch bei der Entwicklung von E-Autos zögerten sie zu lange. Erst kürzlich musste Volkswagen den Titel des größten Autoherstellers in China an das heimische Unternehmen BYD abtreten, das deutlich mehr Autos mit Elektroantrieb verkauft.