Essen. Immowelt: Die Mieten in fast allen Großstädten sind in den vergangenen zwölf Monaten gestiegen – besonders im Ruhrgebiet. Die Städteauswertung.

Dass der Neubau dramatisch eingebrochen ist und die aktuell starke Zuwanderung den Mangel verschärft, müssen vor allem die Mieterinnen und Mieter ausbaden. In 69 der 80 deutschen Großstädte sind die Mieten in den vergangenen zwölf Monaten teils deutlich gestiegen, ergab eine Auswertung des Portals Immowelt. Die größten Steigerungen gab es in NRW – und zwar insbesondere im Ruhrgebiet: Mülheim mit einem Plus von 7,8 Prozent und Bottrop (7,6 Prozent) gehören bundesweit zu den Städten mit den größten Mieterhöhungen.

Der von Immowelt ermittelte Trend der auf dem Portal angebotenen Mietwohnungen deckt sich für die untersuchten Großstädte mit anderen Datenquellen, etwa dem jüngst erschienenen Preisspiegel 2023 des Immobilienverbands Deutschland (IVD). Der Unterschied ist, dass etwa der IVD die Bestandsmieten dokumentiert, während Immowelt die Preise bei Neuvermietungen erfasst. Hier fällt die Steigerung in der Regel höher aus, weil Hausbesitzer bei einem Mieterwechsel gezielter erhöhen als bei langjährigen Mieterinnen und Mietern. Datengrundlage sind mehrere Hunderttausend angebotene Wohnungen.

Mieterhöhungen im Revier zwischen 0,7 und 7,8 Prozent

Das sind die aktuellen durchschnittlichen Kaltmieten je Quadratmeter bei Neuvermietungen und die Vorjahresveränderungen in den Großstädten des Ruhrgebiets und in den NRW-Metropolen Köln und Düsseldorf:

Bochum: 7,53 Euro (+3,7 Prozent)

Bottrop: 7,58 Euro (+7,6 Prozent)

Dortmund: 7,83 Euro (+1,8 Prozent)

Duisburg: 6,87 Euro (+3,6 Prozent)

Düsseldorf: 10,57 Euro (+0,5 Prozent)

Essen: 7,51 Euro (+3,0 Prozent)

Gelsenkirchen: 6,07 Euro (+3,6 Prozent)

Hagen: 6,82 Euro (+6,0 Prozent)

Herne: 6,92 Euro (+0,7 Prozent)

Köln: 12,42 Euro (+2,7 Prozent)

Moers: 7,20 Euro (+4,3 Prozent)

Mülheim an der Ruhr: 8,40 Euro (+7,8 Prozent)

Oberhausen: 6,86 Euro (+5,0 Prozent)

Recklinghausen: 6,56 Euro (+3,8 Prozent)

Was auffällt: Dort, wo die Mieten bereits sehr hoch sind, in NRW vor allem in Köln und Düsseldorf, steigen sie nicht mehr so stark an. In den meisten Ruhrgebietsstädten sind die Mieten nach wie vor vergleichsweise niedrig, die Immobilienbesitzer können aktuell auch stärkere Erhöhungen durchsetzen, weil mehr Menschen im Revier Wohnungen suchen als früher. Auf dem in den vergangenen Jahrzehnten zwischen Duisburg und Dortmund vergleichsweise entspannten Wohnungsmarkt wird es zusehends enger.

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Das liegt daran, dass wegen der hohen Inflation und wegen der Zinswende im Sommer 2022 der Neubau in den vergangenen zwölf Monaten fast zum Erliegen gekommen ist. Gleichzeitig suchen vor allem wegen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine viel mehr Menschen bezahlbare Wohnungen. Das lässt die Mieten steigen, obwohl die Kaufpreise für Wohnhäuser zuletzt gesunken sind, weil viele Interessenten wegen der hohen Kreditzinsen wegfallen.

Rekordzuwanderung verschärft die Wohnungsnot

„Der Rekordzuzug nach Deutschland und die Flaute beim Wohnungsbau sorgen für eine zusätzliche Belastung der bereits angespannten Mietmärkte“, sagt auch Immowelt-Geschäftsführer Felix Kusch. „Besonders alarmierend ist der Blick auf die Baufertigstellungen, die jeden Monat aufs Neue einen Tiefstand erreichen.“ Dagegen müsse die Bundesregierung angehen. „Andernfalls wird Wohnen in den Städten für viele Menschen zum Luxus“, prognostiziert Kusch.

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Aktuell rechnen Experten damit, dass in Deutschland rund 700.000 Wohnungen fehlen. Das ergab eine Studie des Pestel-Instituts und des Bauforschungsinstituts Arge für ein Branchenbündnis aus Mieterbund, IG BAU sowie Sozial- und Unternehmensverbänden. Gleichzeitig ist das von Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) ausgegebene Ziel, 400.000 Wohnungen pro Jahr zu bauen, in weiter Ferne. Aktuelle Prognosen für das kommende Jahr befürchten einen Rückgang auf weniger als 200.000 neue Wohnungen.

2024 droht ein neuer Negativrekord beim Wohnungs-Neubau

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In einer Studie befürchtet das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung im schlimmsten Fall einen Rückgang auf 177.000 neue Wohnungen und damit einen Rückfall auf den historischen Tiefstand im Neubau aus dem Jahr 2009. Was dazu gar nicht passt, ist die aktuelle Rekordzuwanderung nach Deutschland: 2022 kamen rund 1,5 Millionen Menschen mehr nach Deutschland als fortzogen, insbesondere wegen der Hunderttausenden Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Bis diesen Juni suchten laut Bundesinnenministerium 1,1 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer Schutz in Deutschland.