Berlin/Washington. In den USA hat sich ein nie gesehenes Börsenbeben ereignet. 600 Milliarden Dollar sind weg – was macht US-Präsident Trump?

Das wertvollste Unternehmen der Welt ist seit Montag ein bisschen weniger wertvoll. Der US-Chiphersteller Nvidia verlor innerhalb weniger Stunden rund 600 Milliarden US-Dollar (rund 575 Milliarden Euro) an Börsenwert. Zum Vergleich: Der Bundeshaushalt für das vergangene Jahr 2024 betrug rund 470 Milliarden Euro.

Die Nvidia-Aktie brach um gut 17 Prozent ein und gab seinen Titel an die Konkurrenz von Apple ab. Die Kalifornier sind rund 3,3 Billionen Dollar wert, Nvidia „nur“ noch 2,9 Billionen. Hintergrund des größten Kursverlustes in der Geschichte der Wallstreet: Ein Chatbot aus China schoss auf Platz eins der App-Charts in den USA.

Die KI-Anwendung DeepSeek soll fast alles können, was die US-Bots, allen voran ChatGPT, auch können – ist aber umsonst und soll wesentlich weniger Rechenleistung benötigen. Rechenleistung, die auch Nvidia-Chips liefern.

KI-Boom trieb Aktie nach oben

Der Boom bei KI in den vergangenen Monaten hatte die Nvidia-Aktie in schwindelerregende Höhen getrieben. Die Chipsysteme des Konzerns spielen eine Schlüsselrolle vor allem beim Training von KI-Modellen, aber auch für deren Betrieb. Dafür waren bisher gewaltige Mengen an Computer-Leistung notwendig – und Anleger gingen davon aus, dass der weitere Ausbau Nvidia noch mehr Geschäft beschert.

Nvidia versuchte am Montag, die Sorgen zu zerstreuen. Um die KI-Modelle zu betreiben, brauche man immer noch erhebliche Mengen an Nvidia-Chips, betonte der Konzern. Zugleich verlieh Nvidia der Leistung von DeepSeek mehr Glaubwürdigkeit: Es sei ein „exzellenter KI-Fortschritt“, hieß es in einer Stellungnahme. Zudem sei er mit Einhaltung der US-Ausfuhrbeschränkungen für KI-Chips erzielt worden.

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Wie reagiert Trump?

Der US-Präsident Donald Trump sieht in den Geschehnissen vom Montag einen „Weckruf“ für die US-Industrie. Es gelte nun, hochkonzentriert in den Wettbewerb zu gehen, „um zu gewinnen“, sagte er am Montag vor Republikanern in Miami.

Der von DeepSeek ausgehende Schock könne aber auch positive Auswirkungen auf Silicon Valley haben, da es gezwungen sei, mit weniger hohen Ausgaben zu Innovationen zu kommen, fuhr der Republikaner fort. „Ich würde sagen, das könnte ein Vorteil sein“, sagte Trump. 

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Wohin geht die Reise nun?

Aber was bedeutet das alles nun für die Zukunft? Amerikanische Firmen übertrafen sich zuletzt mit Ankündigungen, wie viel Geld sie in KI-Infrastruktur stecken wollen. Allein der ChatGPT-Erfinder OpenAI und mehrere Partner versprachen, in den kommenden Jahren 500 Milliarden Dollar in Rechenzentren zu investieren. Beim Facebook-Konzern Meta stellte Gründer Mark Zuckerberg 60 Milliarden Dollar nur in diesem Jahr in Aussicht. Zeigt DeepSeek nun aber, dass man mit deutlich weniger Rechenpower auskommen wird?

US-Experten wollen es lieber andersherum sehen. Die Frage sei nicht, ob DeepSeek heutige Marktführer in den USA überholen könne, betonte etwa X. Eyeé von der KI-Beratungsfirma Malo Santo. Es gehe viel mehr darum, wie schnell man die Forschungsansätze der Chinesen umsetzen könne. „Wenn DeepSeek das mit alter Hardware entwickeln kann, was können wir dann mit neuerer Hardware schaffen?“, fragte sie im US-Sender CNBC.

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Experten melden Zweifel bei DeepSeek an

Die Tech-Industrie werde immer noch „eine Menge Chips brauchen“, zeigte sich auch Branchenanalyst Stacy Rasgon überzeugt. „Es ist eindeutig eine Panik heute“, betonte er mit Blick auf die Börsenreaktion. Zugleich zweifelte Rasgon die Angaben aus China an: „Sie haben das Modell nicht für fünf Millionen Dollar trainiert, das ist nicht passiert.“

Schon vergangene Woche sagte der Chef der KI-Firma Scale AI, Alexander Wang, nach seinen Informationen habe DeepSeek Zugriff auf 50.000 H100-Chipsysteme von Nvidia, könne aber wegen US-Ausfuhrbeschränkungen nicht darüber sprechen. Die US-Regierung erlaubt Nvidia, nach China nur Chips zu verkaufen, die weniger leistungsstark sind.