Berlin. Die neue chinesische ChatGPT-Alternative DeepSeek hat die US-Börse ins Wanken gebracht. Was kann die KI? Wir haben den Chatbot getestet.
Der neue KI-Chatbot DeepSeek aus China hat am Montag die Börse in den USA ordentlich durcheinander gebracht. Der Börsenwert von Computerchip-Hersteller Nvidia fiel am Montag um nahezu 600 Milliarden Dollar, nachdem die Aktie mit einem Minus von rund 17 Prozent aus dem Handel ging.
Die DeepSeek-App ist inzwischen in den USA auf Platz 1 der Downloads in Apples Plattform App Store. Den Rivalen ChatGPT des US-Anbieters OpenAI verwies sie damit auf Rang 2. Wir haben uns den Chatbot angeschaut und beantworten die wichtigsten Fragen – zumindest die, die DeepSeek uns lässt.
Was ist DeepSeek?
Bei DeepSeek handelt es sich um einen Chatbot, sehr ähnlich wie ChatGPT oder Google Gemini. Nutzer können Fragen oder Anforderungen eingeben, sogenannte Prompts, und erhalten eine Antwort.
DeepSeek setzt auf Open-Source-Modelle, bei denen der Quellcode öffentlich einsehbar ist. Die Daten werden auf Servern in China gespeichert. Nutzer sollten sich also genau überlegen, welche Informationen sie mit der App teilen. Es ist aber auch möglich, sich eine eigene lokale Instanz zu installieren.
Wer steckt hinter DeepSeek?
Die Firma wurde 2023 vom Hedge-Fonds-Manager Liang Wenfeng gegründet. Der 40-Jährige kommt aus der Finanzwelt, hat Strategien zur Anwendung von AI im Aktienhandel entwickelt und soll, das berichtet die Financial Times, mit ein paar Tausend Grafikchips des Herstellers Nvidia, dann sein eigenes AI-Projekt gestartet haben. Wenig später regulierte die Biden-Regierung den Export der Hightech-Chips nach China.
Wenfeng überraschte selbst Kollegen mit seinem Hobby. „Keiner hat ihn ernst genommen“, zitiert die Financial Times einen Geschäftspartner Wenfengs. Jetzt will die chinesische Regierung seine Expertise in ihren Jahresplan für 2026 aufnehmen.
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Was soll es angeblich besser können als andere Chatbots?
Bisher ging man davon aus, dass für das Training von KI-Modellen weiterhin gewaltige Mengen an Computer-Leistung notwendig sein werden. Das ließ vor allem Aktien von Nvidia in atemberaubende Höhen steigen. Denn Chipsysteme des Konzerns spielen eine Schlüsselrolle für Künstliche Intelligenz. Und Anleger gingen davon aus, dass der weitere Ausbau Nvidia noch mehr Geschäft beschert.
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Erst vergangene Woche hatte der ChatGPT-Erfinder OpenAI gemeinsam mit US-Präsident Donald Trump angekündigt, über mehrere Jahre 500 Milliarden Dollar in neue KI-Rechenzentren zu investieren. DeepSeek will jedoch sein neues KI-Modell, das in Tests ähnlich gut wie die Konkurrenz abschnitt, mit Kosten von weniger als sechs Millionen Dollar und abgespeckten Chips trainiert haben. Ob das stimmt, weiß man nicht. Doch die Reaktion der Börse fiel zunächst einmal harsch aus.
Ist Deepseek in Deutschland verfügbar?
Jein. Wer versucht, sich mit einer deutschen E-Mailadresse (.de) anzumelden, bekommt eine Meldung, dass DeepSeek in diesem Land noch nicht verfügbar sei. Es besteht aber auch die Option, sich mit einem Google-Account anzumelden. Für unseren Test haben wir einen neuen Account mit .com-Endung erstellt. Damit hat es funktioniert.
Kann Deepseek Deutsch?
Ja, der Chatbot von Deepseek versteht deutsche Prompts und beantwortet diese auch auf Deutsch. Bei einem unserer Tests rutscht DeepSeek allerdings in einem Halbsatz ins Englische ab:
- Prompt: Auf welchen Tag fällt Heiligabend 2025?
- Antwort: Heiligabend, also known as Christmas Eve, fällt in 2025 auf den 24. Dezember 2025, einem Mittwoch.
Auf welchem Stand sind die Informationen in Deepseek?
Der Wissensstand des Chatbots reicht bis Oktober 2023. Fragt man beispielsweise, in welcher Liga der Fußballverein Darmstadt 98 spielt, antwortet DeepSeek: „Der SV Darmstadt 98 spielt in der Saison 2023/2024 in der Bundesliga, der höchsten Spielklasse im deutschen Fußball. Der Verein ist in die Bundesliga aufgestiegen und tritt damit gegen die besten Mannschaften Deutschlands an. Viel Erfolg den Lilien!“ Die Erfolgswünsche hätten die Darmstädter gut gebrauchen können, im Mai 2024 stiegen sie nach nur einer Saison in der Bundesliga wieder ab.
Die Frage nach dem aktuellen US-Präsidenten beantwortet DeepSeek dem Stand Oktober 2023 entsprechend korrekt.
Wie gut sind die Antworten?
Hier wird es interessant. Die Antworten auf Prompts sind bis auf Kinderkrankheiten brauchbar. Bei der Generierung von Gedichten wirkt DeepSeek noch etwas hölzerner als ChatGPT und Gemini.
Auch scheint DeepSeek mit manchen Themen seine Probleme zu haben. Auf die Frage „Was kannst du mir über China erzählen?“ schreibt der Chatbot fröhlich los. „China ist ein faszinierendes Land [...] seine Geschichte umfasst mehrere Epochen [...] es gibt neben Mandarin noch weitere Dialekte [...]“ Doch dann bricht die Textgenerierung plötzlich ab und das bislang Geschriebene verschwindet. Stattdessen erscheint eine (englische) Einblendung: „Sorry, das ist mehr als mein aktueller Umfang. Lass uns über etwas anderes reden.“
Dieselbe Fehlermeldung erscheint auch, wenn wir die Frage wiederholen und auch wenn wir fragen, was 1989 auf dem Platz des Himmlischen Friedens geschah. Komplett frei sprechen darf DeepSeek anscheinend nicht.
Gehen wir noch weiter: „Gibt es in China Pressefreiheit?“ Die Textgenerierung beginnt: „Die meisten Medien in China, einschließlich Zeitungen, Fernsehsender und Online-Plattformen, sind entweder staatlich geführt oder stehen unter strenger staatlicher Aufsicht [...] Es gibt zahlreiche Gesetze und Vorschriften, die die Medienfreiheit einschränken.“ Gut, dass wir rechtzeitig einen Screenshot gemacht haben, denn die Antwort verschwindet schnell wieder vom Bildschirm. Stattdessen erscheint die bekannte Anregung: „Lass uns über was anderes reden.“