Wien. Ex-Signa-Chef René Benko ist festgenommen worden. 2023 gingen seine Immobilienunternehmen pleite. Er lebte weiter auf großem Fuß.
Rein auf dem Papier ist René Benko ein Niemand, der zuletzt in Hotel-Mama gewohnt hat. Denn offiziell hatte Benko keinerlei Funktion in der Firmengruppe, die dennoch vor allem sein Gesicht trägt. Er selbst ist an sich Pleitier. Schließlich hat Benko Privatinsolvenz angemeldet. Und dennoch hat Benko auch nach der Pleite seines Firmenimperiums und nach der Privatinsolvenz ein Luxus-Anwesen bewohnt, fuhr teure Sportwagen, ging auf die Jagd mit Entscheidungsträgern und pflegte wichtige Kontakte.
Damit könnte es jetzt allerdings vorbei sein: Am Donnerstag wurde Benko in Innsbruck auf Antrag der Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft (WKStA) festgenommen. Benkos Anwalt bestätigte die Festnahme am Donnerstag. Die Vorwürfe gegen Benko sind mannigfaltig und reichen von Betrug bis zu fahrlässiger Krida, einem österreichischen Straftatbestand, der eine betrügerische oder grob fahrlässige Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit bezeichnet. Am Freitag entschied ein Haftrichter dann, dass Benko in Untersuchungshaft kommt. Es gilt die Unschuldsvermutung.
René Benko festgenommen: Ermittlungen wegen Kredit- und Bestechungsversuchs
Bei der Festnahme Benkos geht es dabei weniger um das Gebaren der Signa-Gruppe an sich. Grundlage der jetzigen Festnahme Benkos in Innsbruck sind viel eher Machenschaften knapp vor und nach Einleitung des Insolvenzverfahrens. Benko wird von der WKStA einerseits vorgeworfen, an der Insolvenzmasse vorbei gewirtschaftet zu haben. Benko, so die WkStA, habe Vermögenswerte verschleiert. Es bestehe demnach also der Verdacht, dass er den Gläubigern und Gläubigerinnen Vermögen zu entziehen versuchte.
Untersucht werden zudem aber auch die Umstände um die Verlängerung eines Bankkredits kurz vor der Insolvenzeröffnung im Sommer 2023. Der Vorwurf lautet: Benko habe damals bei diesen Gesprächen mit der Bank die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Signa-Gruppe vorgetäuscht. Zudem soll er an diesen Verhandlungen mit der Bank direkt beteiligt gewesen sein. Das Problem daran: Benko war in dieser, seiner Gruppe, auf dem Papier eigentlich ein Niemand.
Gegen Benko wird auch in Deutschland, Liechtenstein und Italien ermittelt
Dabei ist der Umfang der Signa-Pleite an sich nicht einmal in vollem Umfang erfasst. Was sich aber mehr und mehr andeutet ist, dass die Firmengruppe zuletzt eher einem Finanz-Kartenhaus glich, in dem Teilfirmen einander Rechnungen stellten und Darlehen gaben, um einander finanziell auszuhelfen, was in Summe aber in einem Defizit-Schneeball endete.
Und diese Pleiten betreffen keinesfalls nur Österreich: Ermittelt wird gegen Benko neben Österreich auch in Deutschland, Liechtenstein und Italien. Es geht um Vorgänge mit einer Vielzahl an Verdächtigen, denen schwerer vorsätzlicher Betrug und andere wirtschaftskriminelle Vorgänge vorgeworfen werden. Fazit des Gebarens der Signa-Gruppe: 150 Gesellschaften stehen mit in Summe 30 Milliarden Euro Schulden in der Kreide, hunderte Hausdurchsuchungen und ein Netz an Aktivitäten, das sich erst nach und nach erschließt. In Summe: Die größte Pleite in der europäischen Wirtschafts-Geschichte.
Jahrelang war Benko der strahlende Geschäftsmann gewesen, sein Leben war eine glänzende Aufstiegsgeschichte: Vom Sohn eines Beamten, der ohne Abschluss das Wirtschaftsgymnasium verließ, zum Milliardär. Benko baute das Goldene Quartier in Wien, er war am New Yorker Chrysler Building beteiligt und am Londoner Luxuskaufhaus Selfridges. In Deutschland erwarb er in mehreren Teilschritten unter anderem Karstadt und nach jahrelangen Verhandlungen auch Galeria Kaufhof und fusionierte die beiden Kaufhausketten.
Jahrelang sollen italienische Ermittler Benkos Telefon abgehört haben
So hatte etwa auch Italien erst im Dezember des Vorjahres einen europäischen Haftbefehl erlassen. Und da lauten die Vorwürfe: Bildung einer kriminellen Vereinigung, Manipulation von Ausschreibungen, Korruption, Bestechung und Betrug. Konkret geht es um Geschäfte vor allem in Norditalien. In der Sache gab es Hunderte Hausdurchsuchungen – darunter auch im Rathaus von Bozen.
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Mindestens acht Verdächtige wurden unter Hausarrest gestellt, darunter etwa auch der Bürgermeister von Riva del Garda am Gardasee sowie ein namhafter Unternehmer und Geschäftspartner Benkos. Anscheinen hatten die italienischen Ermittler jahrelang die Telefone Benkos und seiner italienischen Geschäftspartner abgehört. Laut italienischen Darstellungen ist Benko demnach so etwas wie der „Kopf einer Kriminellen Vereinigung“. Aber auch hier gilt die Unschuldsvermutung.
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Benko lebte zuletzt demonstrativ auf großem Fuß
Die Reaktion Österreichs darauf: Benko wurde befragt. Und dann wurde argumentiert, ein europäischer Haftbefehl müsse nicht umgesetzt werden, wenn ein entsprechendes Verfahren gegen einen österreichischen Staatsbürger auch im Inland durchgeführt werden könne.
Allerdings erregte Benkos Gebaren in den vergangenen Monaten gleich mehrfach Verwunderung: Ein Mann in der Privatinsolvenz und pleite, aber demonstrativ auf großem Fuß lebend.
Benkos Wohlstand speiste sich aus zwei Privatstiftungen in Liechtenstein
Dass das ging, liegt vor allem an zwei Privatstiftungen: Der Laura Privatstiftung, sowie der Ingbe Stiftung in Liechtenstein. Beide Stiftungen begünstigen Benkos Mutter sowie seine Frau und Kinder. Befüllt wurden sie in Zeiten, da der Himmel über Benko noch rosarot war und es für die Signa-Gruppe Geld regnete. Aus diesen Stiftungen finanzierte Benko bis zuletzt sein Leben mitsamt Jagden in eigenen Wäldern, zu denen er dann etwa Tiroler Lokalpolitiker einlud und sein Netzwerk pflegte.
Das kommt jetzt aber wie ein Bumerang zurück: Laut WKStA ist Benko „faktischer Machthaber und wirtschaftlicher Berechtigter“ der Laura Privatstiftung. Er habe das allerdings im Rahmen seiner persönlichen Insolvenz verheimlicht.
Haftrichter wird über Untersuchungshaft entscheiden
Am Freitag wird der Haftrichter nun entscheiden, ob über Rene Benko die Untersuchungshaft verhängt wird. Gut sieht es für ihn nicht aus. Die WKStA hat ihre Festnahmeanordnung mit Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr begründet. Grundlage für Verhängung einer U-Haft sind laut österreichischem Recht neben einem dringenden Tatverdacht: Verdunklungsgefahr, Tatbegehungsgefahr oder auch Fluchtgefahr.
Der drohende Strafrahmen der Delikte, die jetzt zur Festnahme geführt haben, beläuft sich sowohl beim „Schweren Betrug“ und der „Fahrlässigen Krida“ mit jeweils einem Schaden von über 300.000 Euro auf ein bis 10 Jahre Haft. Das sind die Höchststrafen im österreichischen Vermögensstrafrecht.
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