Essen/Duisburg. Pipeline-Betreiber Thyssengas warnt vor Scheitern der DRI-Pläne von Thyssenkrupp in Duisburg – Sorge um die Wasserstoff-Wirtschaft.

Die nordrhein-westfälischen Pipeline-Betreiber Thyssengas und Open Grid Europe (OGE) zeigen sich angesichts der Entwicklung bei Deutschlands größtem Stahlkonzern Thyssenkrupp Steel besorgt. „Das macht uns Sorge – ganz offen“, sagt Thyssengas-Chef Thomas Gößmann bei einem digitalen Pressegespräch, als er darauf angesprochen wird, dass der Bau einer Direktreduktionsanlage (DRI-Anlage) für die Grünstahl-Produktion am Standort Duisburg vom Thyssenkrupp-Management hinterfragt wird. Mit Blick auf ein mögliches Aus des Projekts mahnt Gößmann: „Wir müssen alles dafür tun, dass dieser Fall nicht eintritt.“

Das milliardenschwere DRI-Projekt von Thyssenkrupp am Stahlstandort Duisburg spielt bei den Planungen für den Aufbau eines kilometerlangen Wasserstoff-Netzes eine wichtige Rolle. „Mit diesem Vorhaben geben wir auch der Wasserstoff-Wirtschaft in Deutschland und Europa einen weiteren Push“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im vergangenen Sommer. Mit der Direktreduktionsanlage könne der Einsatz von Kohle in der Stahlerzeugung vollständig durch Wasserstoff ersetzt werden, betonte er.

Thyssengas-Chef Thomas Gößmann: „Wir vertrauen darauf, dass die Regierung dafür sorgt, dass dieser Hochlauf schnell vonstattengeht.“
Thyssengas-Chef Thomas Gößmann: „Wir vertrauen darauf, dass die Regierung dafür sorgt, dass dieser Hochlauf schnell vonstattengeht.“ © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Die geplante DRI-Anlage für Deutschlands größten Stahlkonzern Thyssenkrupp Steel hat einen gewaltigen Wasserstoff-Hunger. In einigen Jahren, so hatte es der Konzern angekündigt, soll das Aggregat rund 143.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr verbrauchen. Das entspricht Unternehmensangaben zufolge alle zwei Stunden und 365 Tage im Jahr der Füllmenge des Gasometers Oberhausen.

Ursprünglich auch zweite DRI-Anlage für Duisburg geplant

Der Bau einer zweiten Direktreduktionsanlage bis zum Jahr war unter dem mittlerweile geschassten Stahl-Management von Thyssenkrupp rund um Bernhard Osburg fest eingeplant. Doch von Plänen für eine zweite DRI-Anlage war zuletzt unter der Führung von Konzernchef Miguel López öffentlich keine Rede mehr.

Thyssengas-Chef Thomas Gößmann warnt, sollte das aktuelle DRI-Projekt bei Thyssenkrupp Steel scheitern, würde der Hochlauf der Wasserstoff-Wirtschaft in Deutschland verlangsamt. Gößmann fordert „gemeinsame Anstrengungen“, um „die Dinge nicht ins Rutschen kommen zu lassen“.

Der direkte Einfluss des Pipeline-Betreibers ist in der Sache allerdings begrenzt. Thyssengas könne keine Import-Verträge schließen, so Gößmann. Denn der Netzbetreiber dürfe keine Energie besitzen, sondern dürfe sie nur transportieren. Auch Elektrolyseure zur Wasserstoff-Produktion könne Thyssengas nicht bauen. „Wir können Thyssenkrupp natürlich nicht helfen, jetzt die Kosten zu reduzieren. Das geht nicht“, sagt Gößmann. „In der Tat stehen wir bei diesen Fragen ein Stück weit an der Seitenlinie.“

Thyssengas warnt vor Scheitern der Wasserstoff-Pläne

Insbesondere die amtierende und die künftige Bundesregierung sieht der Thyssengas-Chef beim Thema Wasserstoff in der Pflicht. „Wir vertrauen darauf, dass die Regierung dafür sorgt, dass dieser Hochlauf schnell vonstattengeht“, erklärt Gößmann. „Den Hochlauf nicht hinzukriegen, ist keine Option.“

Das Dortmunder Unternehmen Thyssengas betreibt eigenen Angaben zufolge ein rund 4400 Kilometer langes Gasnetz – vor allem in Nordrhein-Westfalen, aber auch in Niedersachsen. Einen beträchtlichen Teil des Netzes will das Unternehmen von Erdgas auf Wasserstoff umstellen. Leitungen mit einer Länge von 1100 Kilometern sollen künftig einer „grünen Gasversorgung in NRW“ dienen.

Pipeline-Betreiber OGE: „Hochlauf aktuell nicht reibungslos“

„Es lässt sich nicht leugnen, dass der Hochlauf der Wasserstoff-Wirtschaft aktuell nicht reibungslos verläuft, es sind ein paar dunkle Wolken aufgezogen“, sagte vor wenigen Tagen auch der neue Chef des Essener Pipeline-Betreibers Open Grid Europe (OGE), Thomas Hüwener, dem „Handelsblatt“. Im Unternehmen OGE ist ein großer Teil der Leitungen des früheren Ruhrgas-Konzerns aufgegangen. Thyssenkrupp Steel (TKSE) sei „als einer der Topabnehmer von Wasserstoff eingeplant“, so Hüwener. „Ein Wegfall der Nachfrage von TKSE hat spürbaren Einfluss auf das Wasserstoff-Kernnetz.“ Große Abnehmer von Wasserstoff seien „eine Grundvoraussetzung für den Aufbau der Infrastruktur“, so der OGE-Chef.

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