Essen. Kurz nach dem Wahlsieg von Trump startet die UN-Klimakonferenz in Baku. Krisen sind die Klimadiplomaten gewohnt. Drei Gipfel, drei Geschichten.
Der Wahlsieg von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen belastet die gerade begonnene UN-Klimakonferenz in Baku in Aserbaidschan. Laut einem Bericht der New York Times bereitet Trump den Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen vor. Was wird nun aus den UN-Verhandlungen zum Schutz des Klimas?
Weltklimakonferenzen zählen mit ihren über zehntausend Teilnehmern zu den größten politischen Veranstaltungen, die es gibt. Genau das hat den internationalen Klimaschutzverhandlungen unter dem Dach der Vereinten Nationen so viele Kritiker eingebracht. Kaum ein anderes politisches Plenum ist so umstritten. Jahr für Jahr entbrennt eine Diskussion darüber, ob Aufwand und Ertrag noch in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Was aber ist in den fast 30 Jahren Klimapalaver eigentlich passiert?
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Die diesjährige UN-Klimakonferenz COP29 findet in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku. COP ist die Abkürzung für Conference of the Parties, Konferenz der Vertragsparteien.198 Staaten (inklusive der EU) verhandeln dort im Rahmen der Klimarahmenkonvention über den Schutz des Klimas. Die Konvention ist die völkerrechtliche Basis für weltweite und verbindliche Maßnahmen.
„Nach 28 vorangegangenen Weltklimakonferenzen, mehr als einem Vierteljahrhundert, ist immer noch kein wirklicher Durchbruch erzielt worden, obwohl wir Jahr für Jahr von immer neuen historischen Durchbrüchen hören.“
Ihren eigentlichen Zweck, die Treibhausgas-Emissionen rasch und massiv zu senken, haben die Konferenzen bislang nicht erfüllt. „Man kann sich auch tot verhandeln“, sagte der Klimaforscher Mojib Latif in einem Interview mit den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. „Nach 28 vorangegangenen Weltklimakonferenzen, mehr als einem Vierteljahrhundert, ist immer noch kein wirklicher Durchbruch erzielt worden, obwohl wir Jahr für Jahr von immer neuen historischen Durchbrüchen hören.“ Dem entgegnen Befürworter der UN-Konferenzen: Es gibt keine Alternative zu diesem Format, denn die Alternative wäre Stillstand.
Doch blickt man auf die 28 vergangenen COPs, dann hat es sehr wohl bedeutsame, richtungsweisende Entscheidungen gegeben – aus Sicht des Klimaschutzes waren es gute und schlechte. Das sind die drei wichtigsten UN-Klimakonferenzen, die in die Geschichte eingegangen sind.
November 2000, COP 6 in Den Haag: Tortenwurf und die erste Niederlage für den Klimaschutz
Es war eine Sahnetorte, die mit viel Schwung im Gesicht des US-Delegationsleiter Frank Loy landete. Eine junge Frau hatte es trotz strenger Sicherheitsvorkehrungen mit einer Gruppe Demonstranten geschafft, ins Tagungsgebäude und in die Pressekonferenz zu gelangen. Der Tortenwurf galt symbolisch den USA, die nun in Den Haag deutlich machten, dass sie unter ihrem frisch gewählten Präsidenten George W. Bush verbindliche Klimaschutzmaßnahmen ablehnen.
Den Haag war die erste große Niederlage für den globalen Klimaschutz. Die Konferenz endete ohne Abschlussdokument, ein bis heute einzigartiger Kollaps einer UN-Klimakonferenz. Gestritten wurde vor allem über Schlupflöcher. Natürliche Kohlenstoffspeicher wie etwa Wälder, die beim Wachsen CO2 binden, sollten als Klimaschutzmaßnahme angerechnet werden dürfen.
Die COP 6 wurde ein halbes Jahr später in Bonn fortgesetzt. Die USA waren nur noch als „Beobachter“ dabei. Der damals weltweit größte CO2-Verursacher war aus den Verhandlungen über ein erstes global verbindliches Klimaschutzabkommen ausgestiegen. Eine Spaltung, die bis 2009 anhielt.
Dezember 2009, COP 15 in Kopenhagen: Die Klimaverhandlungen auf dem Tiefpunkt
Für viele Beobachter gilt Kopenhagen als Tiefpunkt der Klimaverhandlungen. Mit ihren fast 30.000 Teilnehmern wurde die Konferenz zu einem Mega-Gipfel, allerdings auch zum Opfer der hohen Erwartungen. Gerungen wurde um den Einstieg in einen weltweiten, verbindlichen Vertrag mit bindenden Zielen. Im Vorfeld hatte die Wissenschaft der Politik deutlich wie nie zuvor dargelegt, wie dringlich sofortiges Handeln sei. Vergebens.
Die Konferenz scheiterte nach einer denkwürdigen letzten Nacht, in der Klimadiplomaten vor Ermüdung am Verhandlungstisch einschliefen. Die COP endete mit einer nichtssagenden politischen Erklärung, die im Plenum nicht formell verabschiedet, sondern nur zur Kenntnis genommen wurde. Bundeskanzlerin Angela Merkel, US-Präsident Barack Obama und andere Regierungschefs, die sich eigentlich für einen Durchbruch in den Klimaverhandlungen feiern lassen wollten, verließen im Schneeregen fluchtartig Kopenhagen.
Im „Copenhagen Accord“, so hieß die Erklärung, erkannten die Vertragsstaaten lediglich an, dass bei der globalen Erderwärmung ein Anstieg um zwei Grad im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung nicht überschritten werden sollte. Weder gab es eine Regelung über das Jahr 2012 hinaus, noch mussten sich die Staaten einer Verpflichtung zur Reduktion des CO2-Ausstoßes unterwerfen.
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Für die Klimadiplomatie aber war das Scheitern von Kopenhagen die Chance, sich neu zu erfinden. In dieser letzten Konferenznacht war den Delegierten klargeworden, dass ein starres Regime mit gleichen Reduktionszielen für alle keine Aussicht auf Erfolg mehr hatte. Ein neues System, das Ländern mehr Freiheit und Freiwilligkeit bei den Pflichten zugestehen sollte, nahm Gestalt an.
Dezember 2015, COP 21 in Paris: Der erste weltweit verbindliche Klimavertrag
Stille. Fast ungläubig schauten sich die Delegierten im riesigen Konferenzsaal im Norden von Paris an. Laurent Fabius, damals Außenminister Frankreichs und Leiter der COP, hatte gerade den Hammer geschwungen und das Plenum überrumpelt. „Damit ist der Vertrag angenommen“, sagte Fabius, obwohl es im Plenum noch Redebedarf gegeben haben soll, wie es später hieß. Die Welt hatte erstmals einen völkerrechtlich verbindlichen Klimaschutzvertrag. Jubel brach aus, Delegierte fielen sich in die Arme.
Das Übereinkommen von Paris sieht eine Begrenzung der Erderwärmung auf zwei, wenn möglich auf 1,5 Grad vor. Es gilt zum ersten Mal ausnahmslos für alle Staaten, auch für Entwicklungs- und Schwellenländer. Das Bahnbrechende aber liegt darin, dass es ein System von freiwilligen Selbstverpflichtungen ist.
Konkret erlaubt das Abkommen von Paris, dass die Staaten selbst festlegen, welche Beiträge sie zum Klimaschutz leisten wollen und können. Die Ziele werden beim Klimasekretariat der Vereinten Nationen eingereicht. Die Summe aller eingereichten Ziele gibt Auskunft darüber, auf welchem Pfad sich die Welt hinsichtlich der globalen Erderwärmung befindet und wie groß die Lücke zum angestrebten 1,5-Grad-Ziel ist. Wenn nötig, werden Ziele nachgeschärft.
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Auch wenn das Pariser Klimaschutzabkommen auf Vertrauen und Verantwortungsbewusstsein baut, sieht es doch politischen Druck vor. Es gibt regelmäßige Zwischenbilanzen, bei denen Staaten ihre Erfolge und Versäumnisse vorlegen müssen. Strafen sind nicht vorgesehen, dafür drohen kritische Diskussionen.
Neun Jahre nach dem Zustandekommen des Vertrags zeigt sich jedoch auch, dass kurzfristige Erfolge im Klimaschutz kaum möglich sind. Aus Sicht der Wissenschaft ist das Ziel des Pariser Abkommens, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu beschränken, „faktisch gescheitert“. Die globale Durchschnittstemperatur habe von Januar bis September dieses Jahres bei der Rekordmarke von 1,54 Grad über dem vorindustriellen Niveau (1850–1900) gelegen, berichtet die Weltwetterorganisation WMO zum Start der COP 29 in Baku. Die Chance, das Klimasystem mit relativ wenig Aufwand zu stabilisieren, sei verpasst, hieß es vor wenigen Wochen in einer Erklärung zum Auftakt des Extremwetterkongresses in Hamburg. Was es bedeutet, wenn das Klimasystem reagiert und nicht mehr stabil ist, zeigten kürzlich die jüngsten Bilder aus Spanien.
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