Essen. Tarifstreit bei Galeria eskaliert. Was der Warenhauskonzern den Beschäftigten künftig zahlen will und warum Verdi das Angebot „vergiftet“ nennt.

Der Tarifstreit beim Essener Warenhauskonzern Galeria eskaliert. Nach Angaben von Verdi hat die Geschäftsführung die Gespräche mit der Gewerkschaft über die künftige Bezahlung der 12.500 Beschäftigten abgebrochen. Galeria strebe nun individuelle Tariflösungen mit den Mitarbeitenden an. Verdi spricht von „Erpressung“.

Galeria kommt nicht zur Ruhe. Drei Insolvenzen in vier Jahren, Filialschließungen und der Abbau Tausender Arbeitsplätze haben die verbliebenen Beschäftigten gerade erst verdaut, da kommt der nächste Paukenschlag. Nach Verdi-Angaben habe Galeria die Tarifverhandlungen „terminlos gestellt“ und plane nun Vereinbarungen direkt mit den Mitarbeitenden. So solle das Verfahren nach Worten des Verdi-Verhandlungsführers Marcel Schäuble weitergehen. „Den Kolleginnen und Kollegen wird die Pistole auf die Brust gesetzt“, kritisiert er.

Verdi: Galeria setzt Beschäftigten die Pistole auf die Brust

Verdi zufolge sollen die Beschäftigten am kommenden Montag per Post ein Angebot von Galeria erhalten. Es sehe Gehaltssteigerungen in verschiedenen Stufen vor: 3,0 Prozent zum 1. Oktober, 3,3 Prozent zum 1. Januar 2025 sowie jeweils 2,5 Prozent zum 1. Oktober 2025 und 2026.

Die Mitarbeitenden, aber auch der Gesamtbetriebsrat hätten dann bis zum 8. November Zeit, dem Angebot zuzustimmen. Das Gehaltsplus soll nach Darstellung von Verdi aber nur ausgezahlt werden, sofern 90 Prozent der Beschäftigten einer Filiale zustimmen. Das Unternehmen war für eine Stellungnahme bislang nicht zu erreichen.

Galeria will Zustimmung bis zum 8. November einholen

Die Verantwortlichen bei Verdi schäumen. „Offenkundig wird damit versucht, die Zustimmung zum Angebot zu erpressen, indem Beschäftigte gegenseitig unter Druck gestellt werden. Dies widerspricht dem Prinzip der individuellen Vertragsfreiheit“, erklärt Verdi-Bundesvorstandsmitglied Silke Zimmer, die das Tarifangebot deshalb als „vergiftet und unmoralisch“ rundweg ablehnt.

Der Verdi-Verhandlungsführer hält den Weg, den Galeria einschlage, überdies für unzulässig. „Die eingeforderte Zustimmung ist nicht rechtens und ein Eingriff in die Autonomie der Tarifpartner“, sagte Marcel Schäuble unserer Redaktion. Der Gewerkschafter hat aber auch inhaltliche Kritik an dem Angebot von Galeria: Nachdem die Beschäftigten in den vergangenen Jahren aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage auf fast 30 Prozent ihrer Bezüge im Vergleich zum Flächentarifvertrag des Einzelhandels verzichtet hätten, bewirke das neue Angebot nur marginale Verbesserungen. „Damit wird der Abstand zum Flächentarif auf 23 Prozent verfestigt“, kritisiert Schäuble.

Verdi: „Das ist mit uns nicht zu machen“

Das will Verdi nicht akzeptieren. „Die Beschäftigten bei Galeria haben – anders als die Eigentümer – den Laden seit Jahren am Laufen gehalten. Sie haben ohne Wenn und Aber eine faire Bezahlung verdient“, sagt Verdi-Spitzenfrau Zimmer. Galeria sei überdies verpflichtet, eine Anschlussregelung für den im Oktober 2022 gekündigten Sanierungsvertrag zu verhandeln. Stattdessen plane der Warenhauskonzern einen „dauerhaften Abschied von den regionalen Entgelt- und Manteltarifverträgen der Branche und in der Folge auf Dauer ein Einkommensniveau stark unterhalb der marktüblichen Entgelte – das ist mit uns so nicht zu machen“, unterstreicht Zimmer.

Offen bleibt freilich, wie jede und jeder einzelne Beschäftigte auf das Angebot der Galeria-Geschäftsführung reagieren wird. Die Stimmung unter den Mitarbeitenden sei zwiegespalten, heißt es. Überdies hat Verdi offenbar überhaupt keine Erfahrung mit dieser „Anpassung der Vergütung ohne Tarifabschluss“. Verhandlungsführer Schäuble sagte dazu unserer Redaktion: „So etwas habe ich noch nicht erlebt.“

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