Düsseldorf. Wenn der Mobilfunk ausfällt, muss Vodafone-Techniker Marc Hofmeister ran. Hier erzählt er, was er auf 200 Meter hohen Funkmasten erlebt.

Sie stehen auf Bergen, im Meer, mitten im Wald oder getarnt als Litfaßsäule auf Straßen: Funkmasten, die den superschnellen Mobilfunkstandard 5G auf die Smartphones bringen. Kaum einer kennt die zum Teil 140 Meter hohen Türme besser als Marc Hofmeister, der hochklettern muss, wenn es Störungen gibt. Zwischen den Antennen erlebt der Vodafone-Techniker vom Niederrhein täglich neue Überraschungen.

Rund 16.000 5G-Masten hat der Düsseldorfer Telekommunikationskonzern Vodafone bereits deutschlandweit gebaut. Und es werden immer mehr. „Es gibt sehr viele besondere Masten – kaum eine 5G-Station ist wie jede andere“, sagt Hofmeister. Seine Mission: Das 5G-Netz so schnell wie möglich wieder an den Start zu bringen, wenn es Störungen gibt. Hunderte Masten hat der 54-Jährige nach eigenen Angaben schon erklommen.

Funkmast in Gelsenkirchen-Scholven ist für Hofmeister Heimat

Der Standort mit der größten Ausstrahlung liegt nach seiner Einschätzung aber immer noch mitten im Revier. „Wenn ich auf der A2 an der Abraumhalde Gelsenkirchen-Scholven mit den beiden Windrädern und dem Sendemast von Vodafone und WDR vorbeifahre, ist das für mich eine Landmarke, an der ich mich heimisch fühle“, schwärmt Hofmeister. Die Anlage versorgt große Teile des Ruhrgebiets mit dem schnellen 5G-Netz. „Je höher eine Funk-Antenne hängt, desto größer ist die Reichweite“, weiß der Vodafone-Mann. Da hat die Halde Oberscholven als eine der höchsten Erhebungen im Revier, die exakt 201,1 Meter über dem Meeresspiegel liegt, nicht nur Reichweite zu bieten. „Wenn man nach oben geht, sieht man aus 200 Metern Höhe, wie schön das Ruhrgebiet ist. Das ist einer der höchsten Funk-Masten in Deutschland“, erklärt Hofmeister.

Mindestens schwindelfrei müssen Mastenkletterer sein, sagt Marc Hofmeister.
Mindestens schwindelfrei müssen Mastenkletterer sein, sagt Marc Hofmeister. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Dabei sind die 201,1 Meter in Gelsenkirchen ein Klacks im Vergleich zum höchsten Standort, den Vodafone in einer Auflistung der „krassesten 5G-Stationen“ hervorhebt.  Denn auch auf Deutschlands höchstem Berg, der Zugspitze, funkt es – atemberaubende 2962 Meter über dem Meeresspiegel. Aber nicht, weil dort so viele Menschen wie im Ruhrgebiet leben. Auf der Zugspitze ist 5G wichtig, damit Wanderer und Skifahrer gleich Fotos vom Gipfel verschicken können. Eine stabile Mobilfunk-Verbindung benötigen natürlich auch Rettungskräfte im Falle eines Unglücks.

Hofmeister selbst war dort, nicht um verunglückte Skifahrer zu retten, sondern um den Sendemast von Vodafone zu reparieren. „Ich musste eine zwei Meter dicke Eisschicht mit Spitzhacke und Bunsenbrenner beseitigen, um die Technik entstören zu können– und das auf Deutschlands höchstgelegener Mobilfunkstation“, erinnert er sich an den besonders kalten Einsatz.

Hofmeister: „Man sollte schwindelfrei und fit sein“

Nicht weniger spektakulär ist allerdings die Umgebung der Funkmasten, die im Wasser stehen. „Zu manchen Standorten – etwa in der Nordsee – werden wir geflogen. Diese Stationen sind mitten auf dem Meer, um beispielsweise Techniker und Drohnen auf Off-Shore Windparks zu vernetzen“, berichtet Hofmeister. Ob auf dem See oder mitten im Meer: Um Funkmasten in diesen exponierten Lagen zu reparieren, braucht es trainierte Entstörungstechniker. „Man sollte schwindelfrei und fit sein“, sagt der Mann vom Niederrhein. „Natürlich tragen wir Schutzkleidung und werden von Kollegen am Boden gesichert. Das macht das Klettern nicht einfacher. Wir alle frischen jedes Jahr unsere Grundausbildung auf.“

Ein Vodafone-Funkmast in Dinslaken.
Ein Vodafone-Funkmast in Dinslaken.

Viel Kondition und gute Kenntnisse brauchte er vor allem im Winter 2006, als nie gekannte Schneemassen das Emsland unter sich begruben und Strommasten unter der Last der nassen Flocken wie Streichhölzer umknickten. Hofmeister spricht vom bislang „spektakulärsten Einsatz“ seiner Karriere. Weil ganze Stadtteile der Region in der Krisensituation gar nicht mehr telefonieren konnten, mussten er und seine Kollegen ausrücken, um Mobilfunkstandorte vom Schnee zu befreien und Generatoren heranschaffen, um sie mit Notstrom wieder ans Laufen zu bringen.

Der Vodafone-Mann rückt aber nicht nur bei Katastrophen aus. „Eine große Wartung der Mobilfunkmasten ist gesetzlich alle zwölf Jahre vorgeschrieben. Aber wenn wir von Technik sprechen, ist doch klar, dass immer auch mal zu kurzzeitigen Beeinträchtigungen kommt. Wenn man sie nicht aus der Ferne per Computer beseitigen kann, muss man dann auch mal nach ganz oben hochklettern“, sagt er.

Storchennester und Turmfalken auf Vodafone-Masten

Und dort, an der Spitze der Masten, wartet auf ihn abseits von Wetterschäden so manche Überraschung. „Ich habe schon Storchennester auf Mobilfunkmasten gesehen und in Asdonkshof am Niederrhein einen brütenden Turmfalken“, schmunzelt Hofmeister und muss in seinem Gedächtnis gar nicht so lange nach weiteren Geschichten kramen. „Auf einem 40-Meter-Masten im Ruhrgebiet haben Eichhörnchen vor ein paar Jahren das Glasfaserkabel angeknabbert“, lacht er. „Sie haben dann natürlich die Flucht ergriffen, als ich da hochkam.“ Nicht ganz so putzig waren dagegen seine Begegnungen mit Hornissen und Ratten im Dickicht der Antennen. „Das macht dann weniger Spaß“, schaudert es Hofmeister noch heute.

Zum Glück schreitet der Fortschritt voran. Inzwischen benötigt das 5G-Netz nicht mehr überall hohe Türme, zumal der Platz auf Dächern von Gebäuden ohnehin immer knapper wird. „In Düsseldorf bringen wir 5G-Antennen in Litfaßsäulen untern. Die können wir relativ schnell aufbauen und sie fügen sich optimal ins Stadtbild ein“, meint der Vodafone-Techniker. Inzwischen habe sein Unternehmen die 150. 5G-Litfaßsäule in Betrieb genommen. In Köln nutze der Konzern inzwischen auch Straßenlaternen für den Mobilfunk. Angesichts der bundesweit rund 25.000 Mobilfunkstationen, von denen 16.000 5G-taulich sind, ist der Anteil der kompakten Antennen allerdings noch vergleichsweise gering. Marc Hofmeister und seine Kollegen werden also weiterhin klettern müssen.

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