Essen. Weil noch nicht alle Funklöcher gestopft sind, sollen Telekom, Vodafone und O2 erstmals Bußgelder zahlen. NRW beschleunigt jetzt den Ausbau.
Weil sie Löcher im Mobilfunknetz nicht rechtzeitig gestopft haben, will die Bundesnetzagentur erstmals Bußgelder gegen die drei Netzbetreiber Telekom, Vodafone und Telefonica/O2 verhängen. Nordrhein-Westfalen hat indes die Bauvorschriften merklich reduziert, um die Errichtung neuer Funkmasten, die für die Stabilität des Mobilfunknetzes notwendig sind, zu erleichtern.
Es geht um bundesweit 500 Funklöcher, die im 4G-Netz klaffen. Die Rede ist von „weißen Flecken“, weil in diesen Landstrichen überhaupt kein Empfang im 4G-Netz möglich ist. Nach den Auflagen der Bundesnetzagentur hätten diese weißen Flecken bis zum Jahresende verschwunden sein sollen. Jetzt heißt es aber, dass der Zeitplan nicht einzuhalten sei. Hinzu komme, dass auch in einigen Tunneln auf Bundesstraßen der Handyempfang im wahrsten Wortsinn unterirdisch sei.
Bundesnetzagentur verhängt erstmals Bußgelder
Um Druck auf Telekom, Vodafone und Telefonica/O2 auszuüben, will die Regulierungsbehörde erstmals zur Bußgeld-Keule greifen und es nicht mehr wie bisher beim erhobenen Zeigefinger belassen. In einem Schreiben an die Unternehmen begründet sie die angedrohten Strafen mit „schuldhafter nicht rechtzeitiger vollständiger Erfüllung der Versorgungsauflagen“.
Die Netzbetreiber haben nun Gelegenheit, sich zur Sache zu äußern. Sie berufen sich auf eine Ausnahmeregel: Dort, wo der Ausbau aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nicht möglich war – etwa weil niemand ein Grundstück vermieten wollte, auf dem ein Funkmast aufgestellt werden kann – gilt die Auflage auch ohne Netz als erfüllt. Allerdings ist die Netzagentur der Ansicht, dass diese Begründung in einigen Fällen nicht greift – und dass mancherorts eben doch Antennen hätten installiert werden können.
Telefonica/O2: Planung dauert häufig zwei Jahre
Die Telekommunikationskonzerne klagen seit langem über hohe bürokratische Hürden. „Baugenehmigungsverfahren dauern sehr lange – zum Teil ein Jahr. Die gesamte Errichtung eines Funkmasts, von der Grundstücksakquise, der Planung bis hin zum Bau dauert dann häufig zwei Jahre“, sagt Telefonica-Manager Christoph Heuer im Gespräch mit unserer Redaktion. Er sieht aber Bewegung im Dickicht der Vorschriften. „Die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz vom Oktober versprechen einige Verbesserungen. Der Bund prüft jetzt, ob es ein Recht auf Mitnutzung von Gebäuden des Bundes, der Länder und Kommunen für Mobilfunk geben soll“, so Heuer.
Ein „Zeitfresser“ seien überdies Verhandlungen mit Grundstückseigentümern. „Von den Musterverträgen mit dem Bauernverband erwarten wir nun eine Beschleunigung“, hofft der Telefonica-Experte. Aber: „Die letzten weißen Flecken befinden sich häufig in Naturschutzgebieten. Das sorgt für zusätzliche Verzögerungen“, erklärt Heuer. Eine Bremse seien auch die Vorbehalte in der Bevölkerung. „Wir beobachten zunehmend die Haltung: Bitte nicht vor meiner Haustür.“
Großes Lob für Bauerleichterungen in NRW
Großes Lob gibt es dagegen für den Weg, den NRW geht, um den Netzausbau zu beschleunigen. Im Juni hatte die Landesregierung mit den Mobilfunknetzbetreibern, den drei großen Funkturmgesellschaften sowie den kommunalen Spitzenverbänden die gemeinsame „Task Force Mobilfunk NRW“ gestartet.
Zudem hatte Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) im Frühjahr die Bürgerinnen und Bürger dazu aufgerufen, selbst zu messen, wo Netze verfügbar sind. Nach Angaben des Ministeriums beteiligten sich mehr als 36.000 Menschen an der Messwoche vom 27. Mai bis 3. Juni. Dabei seien über 13 Millionen Messpunkte erfasst worden. Das waren mehr als 70 Prozent der Messpunkte, die in NRW sonst in einem Jahr in der Funkloch-App der Bundesnetzagentur registriert werden.
Vodafone baut in NRW 158 neue Mobilfunkmasten
Die von der Bundesnetzagentur ausgewerteten Ergebnisse zeigen, dass an knapp 94 Prozent der Messpunkte eine Versorgung mit 4G oder 5G gemessen wurde. Den sehr niedrigen Mobilfunkstandard 2G gab es an mehr als fünf Prozent der Messpunkte.
Auf Anfrage erklärt der Düsseldorfer Telekommunikationskonzern Vodafone, dass man in NRW auf eine Bevölkerungsabdeckung von 99,5 Prozent komme. Beim aktuell schnellsten Standard 5G seien es 94 Prozent. Seit Januar 2023 hat Vodafone in NRW einem Sprecher zufolge 158 neue Mobilfunkmasten gebaut. Hinzu kämen „Hunderte weitere Baumaßnahmen, die das Mobilfunknetz stärken und die Mobilfunkversorgung für Kunden verbessern“.
Ministerin Scharrenbach: NRW ist Vorreiter
Bereits im Sommer 2021 wurde die Landesbauordnung geändert, um die den Ausbau des Mobilfunks zu erleichtern. Jetzt hat das Ministerium von Ina Scharrenbach noch einmal nachgelegt: Bei der Installation von Antennen im Außenbereich – egal wie hoch sie sind – sollen einem Sprecher zufolge ab 1. Januar 2024 überhaupt keine bauordnungsrechtlichen Verfahren mehr nötig sein. Vereinfachungen gibt es auch beim Bau von Funkmasten entlang der Bahnstrecken. Denn auch immer wieder abbrechende Handy-Gespräche in Zügen sind ein Ärgernis. „Nordrhein-Westfalen ist bundesweit Vorreiter, wenn es um den Ausbau des Mobilfunks geht“, sagt Bauministerin Scharrenbach. „Die Errichtung von Mobilfunk verfahrensfrei zu stellen, ist wirklich bundesweit einmalig.“