Berlin. Die EU beschließt Strafzölle für Elektroautos aus China, betroffen sind auch deutsche Hersteller. Was heißt das für die Autopreise?
Autokäufer in Deutschland und der EU müssen sich auf deutliche höhere Preise für Elektroautos aus China einstellen. Die Europäische Union macht ernst im Handelskonflikt mit China und führt Strafzölle für Importe von E-Autos aus der Volksrepublik ein – bis zu 35 Prozent. Die Vertreter der 27 Staaten segneten am Freitag in Brüssel einen entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission ab. Die Bundesregierung stimmte vergeblich mit Nein: Sie lehnt ebenso wie die deutsche Autoindustrie die Strafzölle ab, konnte sich aber nicht durchsetzen.
Strafzölle für E-Autos: Das soll gelten
Die EU begründet die Zollaufschläge mit einem verbotenen Preisdumping Chinas, durch das den europäischen Wettbewerbern ein wirtschaftlicher Schaden droht. Umfassende Untersuchungen hätten ergeben, dass die Hersteller von Elektroautos in China über die gesamte Wertschöpfungskette von „unfairen Subventionen“ profitierten – das reiche von zinsgünstigen Krediten über verbilligte Immobilien bis zu Rabatten im Rohstoffeinkauf. Auch dank dieser Staatshilfen sind Elektroautos aus China nach Kommissionsangaben bislang um rund 20 Prozent günstiger als die in der EU hergestellten Modelle.
Lesen Sie auch: Zwei Drittel der Deutschen erwägen Kauf eines chinesischen Autos
Die Strafzölle – zusätzlich zum regulären Einfuhrzoll von zehn Prozent – unterscheiden sich je nach Hersteller, abhängig vom Ausmaß der Staatshilfen und der Kooperationsbereitschaft während der Antisubventionsuntersuchung: Für den Hersteller BYD soll der Aufschlag 17 Prozent betragen, für Geely 19,3 Prozent und für den Staatskonzern Saic sowie nicht kooperationsbereite Firmen 35,3 Prozent. Für andere Hersteller sind 21,3 Prozent vorgesehen. Tesla käme mit 7,8 Prozent Strafzoll noch vergleichsweise günstig davon.
Strafzölle: Das sind die Folgen für Autokäufer
Auch einige E-Auto-Modelle deutscher und europäischer Firmen, die in China hergestellt und in Europa verkauft werden, sind vom Strafzoll betroffen – das betrifft Fahrzeuge wie den SUV iX3 oder den Mini Cooper von BMW, den Smart #1 von Mercedes, den Cupra Tavascan von Seat oder Volvos Modell EX30, für die Importaufschläge von um die 20 Prozent fällig werden. Experten gehen davon aus, dass die Strafzölle für Autokäufer in Europa zu deutlich höheren Preisen bei aus China importierten E-Autos führen. Das Ausmaß ist allerdings bislang offen.
Auch wenn die Gewinnspannen der chinesischen Hersteller in Europa bisher als relativ groß gelten, reicht der Spielraum nicht, um etwa bei einem 40.000 Euro teuren E-Fahrzeug einen Strafzoll von 8000 bis 14.000 Euro ohne Preisanhebungen zu kompensieren.
Auch interessant
Nach Berechnungen des europäischen Umwelt-Dachverbands Transport und Umwelt (T&E) könnten die Strafzölle mittelgroße Fahrzeuge und SUV aus China teurer machen als vergleichbare europäische Modelle, während kompakte SUV und Oberklasselimousinen trotzdem etwas billiger bleiben könnten. Europäische Hersteller könnten aber nach einer Studie des Verbands einen entscheidenden Anteil des Stromerautomarkts zurückgewinnen, zumal noch in Kürze eine Reihe von erschwinglichen Elektrofahrzeugen auf den Markt kämen.
Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel erwartet ebenfalls steigende Preise – auch für Elektroautos in Europa insgesamt. Längerfristig dürften sich die Preise für die Stromer zwar nur leicht um 0,3 bis 0,9 Prozent erhöhen, kurzfristig aber auch stärker, schätzen die IfW-Wissenschaftler. In der EU dürfte in der Folge der Absatz von Elektroautos aus der Volksrepublik um rund 40 Prozent einbrechen, so das Institut.
In der EU-Kommission wird das Risiko von Preissprüngen, die den Ausbau der E-Mobilität bremsen könnten, als „nicht gravierend“ eingestuft. Es werde weiter preisgünstige Autos aus China geben, heißt es in der Behörde, aber künftig zu „fairen Preisen“.
Autoindustrie und Regierung sagen Nein zu Strafzöllen
Die Bundesregierung hatte wie Spanien und Ungarn vergeblich versucht, die Strafzölle zu verhindern, konnte sich aber gegen starke Befürworter wie Frankreich, Italien und Polen nicht durchsetzen. In Brüssel stimmte Deutschland mit Nein, die Anweisung kam von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) – er hatte von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht, weil sich das Kabinett nicht hatte einigen können: Finanzminister Christian Lindner (FDP) war für die Ablehnung, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock (beide Grüne) plädierten dagegen aus taktischen Erwägungen für eine Enthaltung, obwohl auch sie die Strafzölle verhindern wollten. Mit dem Nein folgt die Bundesregierung den schweren Bedenken der deutschen Autoindustrie, die seit Monaten vor den Strafzöllen warnt.
Auch interessant
Die Präsidentin des Verbands der deutschen Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, sagt: „Ausgleichszölle für aus China importierte E-Pkw sind nicht geeignet, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie zu stärken.“ Zwar sei die staatliche Unterstützung, die China seiner Autoindustrie zukommen lasse, eine „Herausforderung“. Doch warnt Müller: „Der potenzielle Schaden, der von den vorläufig angesetzten Ausgleichszöllen ausgehen könnte, ist voraussichtlich höher als der mögliche Nutzen einer zunehmenden Marktabschottung für die europäische – und insbesondere die deutsche – Automobilindustrie.“ Die deutschen Autobauer, für die China ein wichtiger Markt ist, fürchten Gegenmaßnahmen: China hatte bereits Handelserschwernisse für Autos der Oberklasse angedroht, was vor allem die deutschen Hersteller treffen würde.
Zuletzt hatte BMW-Chef Oliver Zipse die Bundesregierung aufgefordert, gegen die Zölle zu stimmen. Sie schadeten global tätigen deutschen Unternehmen und könnten einen Handelskonflikt heraufbeschwören, der am Ende nur Verlierer kenne, sagte Zipse. Der Wohlstand in Deutschland hänge von offenen Märkten und freiem Handel ab.
Mercedes-Chef Ola Källenius sagt, das deutsche Nein zu den Zöllen signalisiere, dass man über eine „faire Win-win-Situation mit fairen Wettbewerbsbedingungen“ verhandeln wolle. Kurz vor der Brüsseler Entscheidung warnten auch die Betriebsratschefs von Volkswagen, Mercedes-Benz, BMW, Ford, Audi und Opel gemeinsam mit der IG-Metall-Vorsitzenden Christiane Benner vor den Importzöllen: „In einem eskalierenden Handelskonflikt würden alle verlieren“, erklärten sie. Beide Seiten sollten alles tun, um mit Hochdruck auf dem Verhandlungswege Lösungen für ein faires Wettbewerbsumfeld auf den internationalen Automobilmärkten zu finden.
Die klare Positionierung der deutschen Autobauer hängt auch mit ihrer Erwartung zusammen, dass chinesische E-Autos den europäischen Markt nicht überschwemmen werden: Der chinesische Anteil am gesamten Autoabsatz in Europa werde sich 2030 bei etwa fünf bis zehn Prozent einpendeln, so der VDA. Bei den E-Auto-Verkäufen beträgt der Marktanteil chinesischer Marken in Europa nach EU-Schätzungen allerdings schon acht Prozent und könnte im kommenden Jahr 15 Prozent erreichen.
Werden Strafzölle doch noch verhindert?
Am deutschen Nein gab es auch Kritik: Der Chef der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, Daniel Caspary (CDU), warf der Bundesregierung vor, sie sei der EU-Kommission in den Rücken gefallen und lasse sich von China erpressen. Der Schaden sei groß, das Signal für den Industriestandort Deutschland fatal. Aber nicht nur Caspary äußerte die Hoffnung, dass es doch noch eine Verhandlungslösung geben könne.
Die chinesische Regierung unterstützt zwar Verhandlungen, droht allerdings schon mit Gegenmaßnahmen: Peking wirft der EU „Protektionismus“ vor und eine Missachtung der Regeln der Welthandelsorganisation (WTO). Im Gegenzug hat Chinas Regierung Antisubventionsuntersuchungen gegen importierte Milchprodukte und gegen Branntwein aus der EU vorangetrieben. Die Kommission hat jetzt noch mehrere Wochen Zeit, mit der chinesischen Führung eine Lösung zu suchen, möglicherweise ist für Peking der Einigungsdruck nun gestiegen. Auch nach Inkrafttreten der Zölle wäre eine Einigung denkbar. Wirtschaftsminister Habeck mahnte, Ziel müsse eine Verhandlungslösung sein, die die Interessen Deutschlands und der EU wahre.
- Altersvorsorge: Ruhestand mit 30, 40 oder 50? So viel Geld brauchen Sie dafür
- Arbeit & Ausbildung: 5000 Euro für Azubis – Deutschlands bestbezahlte Berufe
- Arbeitsplatz: Abfindung im Job kassieren? Diese Tipps sind bares Geld wert
- Ruhestand: Drei Banker verraten, was sie für ihre Altersvorsorge tun
- Wohnen und Mieten: Reich werden mit Airbnb – Zwei Brüder verraten, wie es geht
- Geldanlage: Goldpreis auf Rekordhoch: Lohnt sich der Einstieg noch?