Essen/Berlin. Der Bahn-Aufsichtsrat gibt grünes Licht für die Trennung von der Essener Logistiktochter Schenker. Verdi: Beschäftigte verunsichert.
Nach der Zustimmung des Aufsichtsrats der bundeseigenen Deutschen Bahn zum Verkauf der Essener Logistiktochter Schenker zeigt sich die Gewerkschaft Verdi besorgt um die Arbeitsplätze des Unternehmens, für das der dänische Konkurrent DSV den Zuschlag erhalten hat. „Nach den monatelangen Diskussionen im Verkaufsprozess sind die Kolleginnen und Kollegen nachvollziehbar verunsichert“, sagt Verdi-Logistikexperte Stefan Thyroke. „Sie brauchen endlich Klarheit und Sicherheit, dass ihre Arbeitsplätze erhalten bleiben.“ DSV sei „in der Pflicht, die Arbeitsplätze bei Schenker langfristig zu sichern“, fordert der Gewerkschafter.
Zuvor hat der Bahn-Aufsichtsrat in einer außerordentlichen Sitzung mehrheitlich für die Trennung von Schenker gestimmt. Nach Angaben der Bahn gab auch der Bund grünes Licht für den Firmen-Deal mit einem Volumen von rund 14,3 Milliarden Euro.
Essens Oberbürgermeister Kufen bangt um Arbeitsplätze in der Stadt
Vertreter der Gewerkschaft EVG votierten gegen den Schenker-Verkauf. „Im Aufsichtsrat haben wir nochmals unsere grundsätzlichen Argumente gegen den Verkauf von Schenker dargelegt und deutlich gemacht, welchen Vorteil der Erhalt von Schenker im Systemverbund Bahn hätte“, erklärte EVG-Chef Martin Burkert nach der Sitzung.
Auch Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) bangt um die Schenker-Arbeitsplätze in seiner Stadt. „In Essen haben wir den geplanten Verkauf mit großer Sorge verfolgt. Essen ist Hauptsitz der Logistiksparte, betroffen sind nicht weniger als 700 Arbeitsplätze“, sagte Kufen vor wenigen Tagen unserer Redaktion. Kufen stellte fest, dass der dänische Konzern DSV einer der führenden Anbieter innerhalb der Branche sei, und die Ankündigung, dass DSV am Standort Essen festhalte, bewerte er als ein positives Signal. „Mit Blick auf die Arbeitsplätze in Essen beruhigt bin ich noch nicht“, fügte Kufen aber auch hinzu.
DSV-Chef Jens Lund hatte der FAZ Ende September gesagt, in den fünf Jahren nach der geplanten Übernahme würden bis zu 1900 der bisherigen 15.000 Arbeitsplätze bei Schenker in Deutschland wegfallen.
Weltweit hat Schenker rund 70.000 Beschäftigte und erzielte zuletzt gut 19 Milliarden Euro Umsatz. DSV ist mit 75.000 Beschäftigten und gut 20 Milliarden Euro Umsatz nur unwesentlich größer.
Angeschlagener Bahn-Konzern verkauft gut laufendes Geschäft
Die Deutsche Bahn hatte den Verkaufsprozess für Schenker kurz vor Weihnachten vergangenen Jahres gestartet. Auch der Finanzinvestor CVC hatte mitgeboten. DSV setzte sich nach Angaben der Deutschen Bahn mit dem „eindeutig wirtschaftlich vorteilhaftesten Angebot durch“. Ein Abschluss des Geschäfts wird im Laufe des kommenden Jahres erwartet.
Mit Schenker trennt sich die angeschlagene Deutsche Bahn von einem Geschäft, das innerhalb des Staatskonzerns gut läuft. Die Verkaufserlöse sollen in den Abbau des Schuldenbergs bei der Bahn fließen. Bevor die Transaktion abgeschlossen ist, müssen außer der Bundesregierung auch noch die Wettbewerbsbehörden zustimmen.
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