Berlin. Eigentlich sollten die Markenrechte für Esprit nach Großbritannien gehen. Doch auch Deichmann hat Interesse an einem noch wackeligen Deal.
- Esprit ist pleite: Bis Ende des Jahres sollen die Geschäfte der Mode-Kette verschwinden
- Doch an den Markenrechten gibt es Interesse
- Hinter den Kulissen wollen mehrere Konzerne den Zuschlag – auch Deichmann
Die Geschäfte der beliebten Modemarke Esprit sollen bis Jahresende aus deutschen Fußgängerzonen und Einkaufszentren verschwunden sein. Längst haben viele der rund 1300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wegen der Insolvenz des Unternehmens ihre Kündigung erhalten und sind freigestellt. Zuvor war es nicht gelungen, das operative Geschäft der Modekette an einen Investor zu verkaufen. Lediglich an den Rechten für Marke, Lizenzen, Schnittmuster und Internetdomains gab es Interesse.
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Den – auch von der insolventen Esprit Europe GmbH und sechs weiterer deutscher Tochterfirmen bereits öffentlich verkündeten – Zuschlag hatte eigentlich der britische Investmentspezialist Alteri erhalten. Doch hinter den Kulissen spielt sich seit einigen Wochen ein Krimi ab, der nun dazu führen könnte, dass die Londoner doch noch leer ausgehen und stattdessen der deutsche Schuhhändler Deichmann einen Teil der Rechte erhält. Denn ein Vertrag mit Alteri ist nach wie vor nicht unterschrieben worden, erfuhr diese Redaktion aus dem Umfeld der deutschen Esprit-Gläubigerversammlung.
Esprit: Warum Deichmann plötzlich den Zuschlag bekommen könnte
Bereits bekannt ist, dass nun auch Deichmann Interesse am Erwerb der Markenrechte hat. Konkret biete Deichmann lediglich für die Schuhmarkenrechte, bestätigte ein Sprecher des Unternehmens. Esprit und die Firma aus Essen sind seit fünf Jahren Partner im Schuhbereich. Seit 2019 führt Deichmann Schuhe von Esprit im Sortiment, seit 2020 entwickelt man gemeinsam mit Esprit sogar Kollektionen. Um die Marke Esprit nutzen zu können, zahlt Deichmann bislang Gebühren, die man sich über einen Erwerb der Markenrechte perspektivisch sparen könnte.
Dass Deichmann überhaupt noch in das eigentlich bereits beendete Bieterverfahren einsteigen konnte, liegt auch an dem komplizierten Konstrukt bei Esprit: Insolvent sind nämlich nur einzelne Unternehmen, darüber aber steht noch eine Dachfirma, die Esprit Holding mit Sitz in Hongkong. Und die Holding ist in Besitz der Markenrechte, um die es den Interessenten geht.
Esprit-Markenrechte: Der eigene Plan der Holding und ein böser Verdacht
Mit den hiesigen Esprit-Gläubigern hatte man sich für den Verkauf des Esprit-Geschäfts in Deutschland und Europa eigentlich darauf verständigt, gemeinsame Sache zu machen – und den Erlös aus dem Investorenprozess zwischen Insolvenzmasse und der Holding aufzuteilen. Eine entsprechende, vertraglich festgehaltene Vereinbarung dazu hat nach wie vor Gültigkeit.
Doch nachdem der Gläubigerausschuss in Deutschland grünes Licht für Alteri gab und es an die Vertragsdetails ging, tauchte die Hongkonger Dachgesellschaft plötzlich ab. „Stattdessen verfolgt die Holding jetzt ihre eigene Agenda“, vermutet ein Insider.
Esprit-Schuhe: Deichmann bietet Holding offenbar Umsatzbeteiligung an
Mit den Eigentümern selbst verhandelt derzeit Informationen dieser Redaktion zufolge aber niemand. Dem Vernehmen nach waren zuletzt Anwälte der Consulting-Gesellschaft Deloitte unterwegs, boten die Rechte erneut und offenbar im Auftrag der Holding an, unter anderem eben auch Deichmann. Womöglich erhofft man sich in Hongkong so steigende Erlöse aus dem Verkauf der Markenrechte. Alteri war Informationen dieser Redaktion zufolge bereit, einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag für europäische Markenrechte, Schnittmuster und Lizenzen zu zahlen.
Deichmann müsste mindestens ebenfalls diese Summe bieten, um noch den Zuschlag zu erhalten. Vom Unternehmen selbst heißt es zu der Wendung: „Wir haben die Situation von Esprit als Lizenznehmer natürlich beobachtet und wurden dann kurzfristig auf die Möglichkeit des Erwerbs unseres Lizenzpakets aufmerksam gemacht.“
Neben einer festen Summe, die an die deutsche Insolvenzmasse fließen soll, ist Deichmann nach Informationen dieser Redaktion zufolge bereit, die Esprit-Holding in Hongkong künftig an einem gewissen Teil der mit Esprit-Schuhen erzielten Umsätze zu beteiligen. Laut den Informationen biete Deichmann auch nicht nur für die Schuhrechte, sondern für das gesamte Esprit-Markenpaket. Der Deichmann-Sprecher bestätigte das auf Nachfrage nicht – und teilte auch nicht mit, an wen man Modermarkenrechte und Schnittmuster möglicherweise weiterveräußern würde.
Esprit: Entscheidung über einen Verkauf der Markenrechte steht bevor
Informationen dieser Redaktion zufolge wollen die deutschen Gläubigervertreter Anfang der kommenden Woche endlich einen Vertrag unterzeichnen. Wenn die Holding zustimmt und Alteri bis dahin einen unterschriftsreifen Vertrag vorlegt, so ist zu hören, am liebsten mit den Londonern. Das gelte zumindest, solange ein anderer Interessent nicht bereit ist, ähnlich viel oder sogar mehr Geld zu zahlen. Unklar ist, was passiert, wenn es grundsätzlich unterschiedliche Positionen zu der Frage gibt, an wen die Markenrechte verkauft werden sollen. Dann drohe ein Patt mit ungewissem Ausgang, so eine mit dem Verfahren vertraute Person gegenüber dieser Redaktion.
Esprit hatte für das Geschäft in Deutschland und in Teilen Europas im Mai Insolvenz angemeldet. Für die operative Tätigkeit von Esprit – in Deutschland mehr als 50 Filialen und der Hauptsitz in Ratingen (Nordrhein-Westfalen) – fand sich aber kein Abnehmer. An den Markenrechten hatten zwischenzeitlich neben Alteri, dem schon Modemarken wie Street One, Cecil und der deutsche Babyausstatter Baby Walz gehören, auch die Düsseldorfer Modekette Peek & Cloppenburg sowie das Modeunternehmen Techno Design Interesse. Neu-Interessent Deichmann gilt als der europaweit größte Schuhhändler. In 34 Ländern beschäftigt das Unternehmen eigenen Angaben zufolge 49.000 Mitarbeiter.
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