Düsseldorf. Auch bei Genossenschaften und kommunalen Anbietern steigen die Mieten in NRW rasant. Warum das so ist und wer darunter besonders leidet.

Hohe Baukosten und Zinsen führen dazu, dass auch die Mieten bei Genossenschaften, kommunalen, kirchlichen und anderen sozialorientierten Wohnungsunternehmen stärker steigen. Der Abstand zu den sonstigen Durchschnittsmieten in NRW schrumpfe, teilte der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen (VdW) am Mittwoch mit. Vor allem für Familien mit mehreren Kindern und Menschen im Rollstuhl werde es immer schwerer, eine bezahlbare Wohnung zu finden.

Mit 5,42 Millionen Wohnungen in Nordrhein-Westfalen vertritt der VdW 476 große und kleine Immobilienunternehmen. Verbandsdirektor Alexander Rychter wird seit Jahren nicht müde zu betonen, dass man bei seinen Mitgliedern günstiger wohne als im Durchschnitt des Landes. Das war auch im vergangenen Jahr so: Mit 6,27 Euro pro Quadratmeter lag die VdW-Kaltmiete unter dem Niveau von NRW in Höhe von 6,82 Euro. Am Mittwoch musste Rychter aber einräumen, dass der Abstand zu den übrigen Anbietern schrumpft. Lag die Differenz 2018 noch bei 1,01 Euro, betrug sie 2022 nur noch 69 Cent. Zahlen für 2023 liegen noch nicht vor.

Genossenschaften investieren mehr in Modernisierung

„Es wird schwieriger, bezahlbare Mieten anzubieten“, stellt der Verbandsdirektor ernüchtert fest und benennt auch eine Ursache. „Das liegt daran, dass unsere Wohnungsgenossenschaften und -unternehmen offensichtlich stärker in die energetische Sanierung ihrer Bestände investieren als andere“, vermutet er. Und das sei teuer. Rychter präsentiert eine Grafik, die zeigt, wie krass sich die Baupreise nach oben hin von der allgemeinen Inflation entkoppelt haben.

Das schlage sich auch auf die Mieten nieder, die bei den VdW-Unternehmen im vergangenen Jahr um 14 Cent pro Quadratmeter nach oben ging. Vor allem in den Großstädten steigen die Kosten, wenn eine Wohnung wiedervermietet wird. In Dortmund wurden im vergangenen Jahr bei Onlineportalen im Schnitt 8,78 Euro verlangt. Bei VdW-Unternehmen lag die Ersparnis bei 1,23 Euro. In Essen dagegen, wo die Miete 8,10 Euro hoch ist, betrug die Differenz nur noch sieben Cent. In Bochum (7,91 Euro) waren es 54 Cent, in Duisburg (7,14 Euro) dagegen nur 21 Cent.

VdW: „Die Mieten werden weiter steigen“

„Die Mieten werden weiter steigen, wenn wir das bisherige Sanierungstempo leisten sollen“, prophezeit Rychter im Hinblick auf die energetischen Vorgaben. Nach den Planungen des Bundes soll der Wohnungsbestand in Deutschland bis zum Jahr 2045 klimaneutral sein. Wenn die Bundesregierung nicht mehr Fördermittel bereit stelle, funktioniere die Refinanzierung nur über noch weiter steigende Mieten und den begrenzt möglichen Griff in die Rücklagen der Unternehmen.

Trotz akuten Wohnungsmangels haben viele von ihnen Neubau-Projekte gestoppt. „Das macht uns Sorgen. Das ist eine große Hypothek“, sagt Rychter. Einer gemeinsamen Umfrage mit der NRW-Bank zufolge bewerten fast 90 Prozent der VdW-Mitglieder das Investitionsklima zum Bau neuer Wohnungen als „eher schlecht“ oder „schlecht“. Dennoch sehen beide Institute „auch eine positive Trendwende“: Während im vergangenen Jahr noch 56 Prozent der Unternehmen Neubauprojekte aufgeschoben oder gestoppt haben, sind es aktuell nur noch 40 Prozent. Auch für die Zukunft plant die Branche optimistischer: Fast die Hälfte der Unternehmen entwirft bereits Neubauprojekte für 2026 und später.

Ukrainer suchen Wohnungen

Kurzfristig bringt das freilich keine Entlastung. Aus der Umfrage geht hervor, dass es aktuell Familien mit mehreren Kindern und Menschen, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, besonders schwer haben, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Gute Chancen haben dagegen Haushalte mit mittlerem Einkommen. Die Unternehmen beobachten zudem, dass die Nachfrage ukrainischer Geflüchteter nach Wohnungen in NRW spürbar angezogen habe. Auf den angespannten Wohnungsmarkt in NRW. VdW-Direktor Rychter spricht von einer „immensen Bereitschaft“ seiner Mitgliedsfirmen, den Ukrainern zu helfen. Das gelinge nur, weil den Abriss von Gebäuden und geplante Modernisierungen von Wohnungen verschoben habe. Denn die Leerstandsquote ist bei nahezu allen Unternehmen verschwindend gering.

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