Berlin. Gutes Gehalt? Schlechtes Gehalt? Die Unterschiede beginnen schon im ersten Ausbildungsjahr. Experten sagen, wo man am meisten verdient.
Wer in der Pflege eine Ausbildung beginnt, gehört aktuell zu den Spitzenverdienern unter Azubis in Deutschland. 1341 Euro zahlen Bund, Gemeinden und der Öffentliche Dienst für Azubis im ersten Ausbildungsjahr, 1503 Euro im dritten Jahr. Als angehender Friseur oder künftige Friseurin verdient man dagegen mit 710 Euro gerade mal nur gut halb soviel. Selbst im dritten Ausbildungsjahr steigt der Lohn nur auf 955 Euro.
Je nach Branche, Beruf, Region und Ausbildungsjahr unterscheiden sich die tarifvertraglichen Ausbildungsvergütungen in Deutschland gewaltig. Dies hat eine Auswertung der Löhne im Ausbildungsjahr 2024 durch das WSI-Tarifarchiv der Hans-Böckler-Stiftung unter 20 ausgewählten Branchen ergeben, die dieser Redaktion vorliegt. Danach variieren die Bezahlungen zwischen 710 und 1650 Euro im Monat. Die höchste Ausbildungsvergütung wird im vierten Ausbildungsjahr mit 1650 Euro im westdeutschen Bauhauptgewerbe gezahlt.
Hintergrund: 5000 Euro für Azubis – Deutschlands bestbezahlte Berufe
Besonders viel verdienen Azubis im ersten Ausbildungsjahr bei Banken (1300 Euro), in der Textilindustrie (1245 Euro), bei der Deutschen Bahn (1225 Euro), im Öffentlichen Dienst (1218 Euro), bei Versicherungen (1205 Euro), in der Chemieindustrie (1148 Euro im Westen/1137 Euro im Osten), in der Metall- und Elektroindustrie sowie Süßwarenindustrie (je 1127 Euro) sowie im bayrischen Gastgewerbe (1100 Euro). Deutlich bescheidener fällt der Lohn in der Floristik (800 Euro), Landwirtschaft (830 Euro), bei Bäckern (860 Euro), in der Gebäudereinigung (900) oder im Kfz-Handwerk (960 Euro) aus.
Löhne für Azubis: Warum viel Geld richtig wichtig ist
Dabei sind die Vergütungen in den vergangenen Jahren bereits deutlich angestiegen, berichten die Studienautoren. „Dass in vielen Tarifbranchen die tarifvertraglichen Ausbildungsvergütungen deutlich stärker als die Löhne ansteigen, lässt sich bereits seit einigen Jahren beobachten“, sagte der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Thorsten Schulten. „Auch im Ausbildungsjahr 2023/2024 hat sich dieser Trend weiter fortgesetzt. Tarifbranchen, in denen weniger als 1000 Euro im Monat gezahlt wird, werden angesichts des bestehenden Fachkräftemangels immer weniger.“
Interessant: Es gibt 70.000 freie Ausbildungsplätze – wen wundert‘s?
Eine angemessene Ausbildungsvergütung ist besonders wichtig, damit die Berufsausbildung überhaupt attraktiv wird. „Es ist kein Zufall, dass vor allem in Berufen mit einer sehr geringen Vergütung Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben“, sagt auch Bettina Kohlrausch, die wissenschaftliche Direktorin des WSI. „Insbesondere im Hinblick auf den Fachkräftemangel ist eine deutliche Erhöhung von Ausbildungsvergütungen somit die richtige Strategie.“
Die größten Zuwächse konnten mit jeweils 22,7 Prozent die Vergütungen im ersten Ausbildungsjahr 2023/24 im ostdeutschen Bauhauptgewerbe sowie die baden-württembergische Textilindustrie erzielen. Um mehr als 20 Prozent stiegen auch die Azubi-Löhne in der ostdeutschen Süßwarenindustrie, dem brandenburgischen Einzelhandel und bei der Deutschen Bahn AG. In elf Tarifbranchen bestehen wiederum nach wie vor Unterschiede im Niveau der Ausbildungsvergütungen zwischen West- und Ostdeutschland. Die größten Differenzen zugunsten der alten Bundesländer existieren mit 245 Euro in der Textilindustrie, 100 Euro im Gastgewerbe und 89 Euro im Kfz-Handwerk.
Wie bei Mindestlöhnen gibt es auch bei Ausbildungen eine gesetzliche Mindestausbildungsvergütung, der aktuell bei 649 Euro im ersten und bei 876 Euro im dritten Ausbildungsjahr liegt.
Auszubildende gesucht: Noch 204.000 offene Azubi-Stellen
Wie wichtig eine gute Bezahlung als Anreiz ist, zeigt ein Blick auf den Ausbildungsmarkt: Bundesweit suchen viele Unternehmen auch in diesem Jahr noch händeringend nach Nachwuchs. Im aktuellen Ausbildungsjahr wurden allein bei der Bundesagentur für Arbeit und in den Jobcentern 492.000 Ausbildungsstellen gemeldet. Doch im Juli waren immer noch rund 204.000 Angebote unbesetzt, nannte am Mittwoch die Bundesagentur die aktuellen Zahlen.
Dies sind zwar rund 10 Prozent weniger unbesetzte Stellen als noch im Vorjahr. Dennoch ist der Anteil gemessen am Gesamtangebot mit 42 Prozent weiterhin hoch. Besonders schwer zu besetzen sind Ausbildungen in Lebensmittelberufen – wie Bäcker. Aber auch in Bauberufen wie der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sind Nachwuchskräfte stark gesucht. Viele offene Angebote gibt es auch im Verkauf, in der Gastronomie, in Verkehr und Logistik sowie in vielen Handwerksberufen wie dem Metallbau.
Regional gesehen war der Anteil unbesetzter Ausbildungsstellen am höchsten in Berlin, Schleswig-Holstein, BadenWürttemberg, Thüringen, Brandenburg und Bayern.
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