Berlin. Erneut blockiert die Letzte Generation Flughäfen. Regierung und Opposition verurteilen die Aktionen scharf. Schaden wohl in Millionenhöhe.
Zuerst der Flughafen Köln/Bonn und nun der wichtigste deutsche Airport Frankfurt am Main. Am zweiten Tag in Folge haben es Aktivisten der Letzten Generation geschafft, in Flughäfen einzudringen und sich dort am Boden festzukleben. Sowohl in Köln/Bonn als auch in Frankfurt musste der Flugverkehr kurzfristig unterbrochen werden. Die Folge: Viele Flüge fielen aus oder waren teils extrem verspätet. Und das mitten in den Sommerferien. Die Verluste für die Airlines und die Flughafenbetreiber dürften immens sein. Die Politik reagiert mit scharfen Worten und droht mit härteren Strafen.
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Bundesinnenministerin Nancy Faeser (54) hat die jüngsten Flughafen-Blockaden verurteilt. „Die Flughafen-Blockaden sind gefährlich, dumm und kriminell. Diese Chaoten, die Landebahnen und Rollfelder blockieren, riskieren nicht nur ihr eigenes Leben. Sie gefährden auch andere massiv, etwa wenn es medizinische Notfälle gibt und Maschinen nicht landen können“, sagte die SPD-Politikerin dieser Redaktion.
Faeser fügte hinzu, die „Chaoten“ würden Familien den Start in den „hart erarbeiteten Urlaub vermiesen“. Solche Taten sollten künftig härter geahndet werden – mit Haftstrafen zwischen zwei und fünf Jahren. Ein entsprechender Gesetzesentwurf sei schon im Kabinett beschlossen und solle „zügig“ im Bundestag beraten und verabschiedet werden. Zudem forderte die Innenministerin, dass die Flughafenbetreiber mehr in den Schutz ihrer Anlagen investierten. „Die Flughäfen müssen deutlich besser gesichert werden“, forderte die Innenministerin. Auch hier könne man gesetzliche Pflichten verschärfen, erklärte Faeser.
Regierung und Opposition einig: Täter müssen schärfer bestraft werden
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann fordert beschleunigte Strafverfahren gegen die Aktivisten der Letzten Generation: Wer in den gesicherten Bereich eines Flughafens eindringe und sich auf dem Rollfeld festklebe, begehe eine Straftat und gefährde Menschenleben. „Der Staat muss auf solche kriminellen Aktionen schneller reagieren. Wichtig ist, dass die Zeit zwischen Straftat und Verurteilung kürzer wird“, sagte Linnemann dieser Redaktion.
Wo immer es möglich sei, seien im Fall krimineller Klima-Aktivisten beschleunigte Verfahren nötig, denn oftmals handele es sich um „Intensivkleber“, die kreuz und quer durchs Land reisten und in Serie Straftaten begingen, während die Justiz gar nicht mehr hinterherkomme, erklärte Linnemann. Gerade solche Täter müssten innerhalb kürzester Zeit abgeurteilt werden. „Sitzen die Serientäter hinter Gittern, gibt es auch weniger solcher kriminellen Aktionen.“
So wollen Betreiber jetzt ihre Airports sichern
Die Flughäfen reagierten unterdessen auf die Störaktionen der Klima-Aktivisten und fuhren ihre Sicherheitsvorkehrungen hoch. Demnach seien am Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) Maßnahmen ergriffen worden. Einzelheiten könnten aus einsatztaktischen Gründen nicht genannt werden; die Behörden wollen nicht, dass sich etwaige Täter darauf einstellen können. „Letztendlich kann aber kein Flughafen solche Störungen ausschließen“, sagte eine BER-Sprecherin mit Blick auf die Protestaktionen. Für den Schutz von Passagieren, Flugzeugen und Flugbetrieb werde das Bestmögliche getan. Auch der Hamburger Airport kündigte verschärfte Sicherheitsmaßnahmen an.
Auf den 13 großen deutschen Verkehrsflughäfen, zu denen München, Frankfurt und Berlin gehören, ist die Bundespolizei für die Sicherheit des Flughafengeländes verantwortlich. Außerhalb des Zauns liegt die Zuständigkeit bei der jeweiligen Landespolizei. Die Gewerkschaft der Polizei fordert für die Sicherung von Flughäfen bundeseinheitliche Standards. Allein mit zusätzlichen Streifen könnten die Flughäfen nicht gesichert werden. Allein in Frankfurt sind es laut Fraport über 30 Kilometer Zaun, die mit Streifen kontrolliert würden.
Top-Ökonomin sieht Millionenschäden durch Klimakleber
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm hat nun den möglichen Schaden, den die Klebe-Aktionen der Umwelt-Aktivisten verursachen, eingeschätzt. „Entgangene Flüge, stornierte Tickets, Kosten für die Unterbringung von Passagieren, Umbuchungen und andere logistische Herausforderungen könnten täglich zu Kosten im unteren zweistelligen Millionenbereich führen“, sagte Grimm, eine der „Fünf Weisen“, die die Bundesregierung in Wirtschaftsfragen beraten, dieser Redaktion. Doch damit nicht genug.
„Hinzu kommen Kosten für Polizeieinsätze. Darüber hinaus ergeben sich natürlich Produktivitätsverluste und Verluste durch die Unterbrechung von Lieferketten“, erklärt die Top-Ökonomin weiter. Die generelle Unsicherheit über die Zuverlässigkeit von Lieferketten könne zudem auch strukturell die Produktionskosten erhöhen, da die Unternehmen mehr Puffer einplanen. „Welche Auswirkungen hier kurz- und mittelfristig zu erwarten sind, ist schwer abzuschätzen. Sicher ist, dass solche Aktionen viele Akteure des Wirtschaftslebens empfindlich treffen“, so Grimm.
Hunderte Flüge annulliert: So hoch ist der Schaden durch Klimakleber
Klima-Aktivisten hatten am Mittwochmorgen etwa drei Stunden lang den Flugverkehr auf dem Flughafen Köln/Bonn lahmgelegt. Infolgedessen fielen nach Angaben eines Flughafensprechers 31 Flüge aus, davon 15 Starts und 16 Landungen. Sechs Flüge mussten umgeleitet werden. Zudem sei es zu einer nicht genau bekannten Zahl von Verspätungen gekommen.
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Noch dramatischer war die Aktion am Donnerstag in Frankfurt. Laut Flughafenbetreiber Fraport wurden rund 170 der 1400 für Donnerstag geplanten Flüge annulliert. Auch hier waren Aktivisten der Letzten Generation auf das Flugfeld gelangt und hatten sich dort an den zentralen Start- und Landebahnen festgeklebt. Der Flugbetrieb konnte nach rund drei Stunden wieder aufgenommen werden. Auch nach der Wiederaufnahme des Flugbetriebs sei für den weiteren Tagesverlauf mit Verzögerungen zu rechnen, berichtete der Betreiber Fraport. Fluggäste würden gebeten, vor Anreise an den Flughafen ihren Flugstatus auf den Internetseiten der Fluggesellschaften zu prüfen.
Nach der Klebe-Aktion in Köln/Bonn am Mittwoch sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) dieser Redaktion: „Wer gewaltsam auf Flughäfen eindringt, Rollfelder besetzt und Maschinen blockiert, gefährdet Menschenleben.“ Der Bundestag müsse nun schnellstens die geplante Verschärfung des Luftsicherheitsgesetzes beschließen. „Mit der Einführung von Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren Haft für das Eindringen auf Flughäfen geben wir den Richtern ein Instrumentarium an die Hand, um angemessen zu urteilen“, so Wissing.
Unterdessen erklärte die Letzte Generation auf Anfrage, dass Schadensersatzforderungen, die an Aktivisten, die sich an Straßen, Flug- und Landebahnen oder ähnlichem festkleben, nicht von der Bewegung übernommen werden. Man habe „keine Mittel, aus denen heraus Schadensersatz gezahlt werden könnte“, teilte ein Sprecher mit. „Die Menschen, die sich an Protesten wie auf Flughäfen beteiligen, riskieren dadurch eine jahrelange Verschuldung.“