Berlin. Baumärkte boomen – auch nach Corona. Erich Harsch über die Billigkonkurrenz aus China, Youtube-Tutorials und seine heimwerkende Gattin.

Die innere Unruhe als Geschäftsmodell: Es gebe immer was zu tun, macht die deutsche Baumarktkette Hornbach Kunden in Werbespots weis. Im Interview erklärt Unternehmenschef Erich Harsch, was in diesem Sommer besonders gefragt ist, was er von 11-Euro-Bohrmaschinen hält und wie Do-it-yourself-Tutorials im Internet die Beratung in den Baumärkten verändern.

Herr Harsch, während der Corona-Krise strömten die Menschen in Baumärkte. Ist der Boom vorbei?

Erich Harsch: Während der Pandemie war das Do-it-yourself ja teilweise Beschäftigungstherapie, besonders für Familien mit Kindern. In solchen Spitzen ist die Nachfrage nicht mehr da, aber einen Trend zum Selbermachen gibt es weiterhin, auf deutlich höherem Niveau als vor der Pandemie.

Wie haben sich Inflation und möglicherweise knappere Geldbeutel auf ihr Geschäft ausgewirkt?

Das muss man differenziert betrachten. Einerseits sagen die Menschen vielleicht, wenn das Geld knapp ist, kaufe ich weniger ein. Andererseits: Wenn der Bedarf für ein Projekt da ist, ist es günstiger, das selber anzugehen, anstatt teure Handwerker zu beauftragen. Wir leben als Baumarkt ständig mit gegenläufigen Bewegungen. Nehmen Sie zum Beispiel das Wetter: Bei Regen gehen Rasenmährer oder Gartenscheren besser, weil die Pflanzen in die Höhe schießen. Bei Trockenheit verkaufen wir mehr Rasensprenger. Grundsätzlich ist aber sommerliches Wetter besser, weil die Menschen da mehr Lust auf Gartenarbeit haben.

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Was kaufen die Menschen in diesem Jahr besonders oft?

Balkonkraftwerke und alle Produkte rund um die energetische Sanierung sind besonders gefragt. Ich denke da beispielsweise an Akustikpaneele aus Holz. Mit denen werden Innenwände besser isoliert. Gleichzeitig verbessern sie die Schallatmosphäre im Raum.

Innerhalb der Bevölkerung gab es nach der Debatte um das Heizungsgesetz eine große Verunsicherung mit Blick auf Sanierung und Heizungstausch. Ist die Lust auf Dämmung zurück?

Auf jeden Fall. Das ist aber weniger eine Folge irgendwelcher Gesetze, sondern vielmehr davon, dass die Energiepreise gestiegen sind. Die Menschen schauen also aus sich heraus, was sie tun können, um die Energiekosten zu senken. Da passiert jetzt viel.

Der Wettbewerb ist intensiv, sagt Hornbach-Chef Erich Harsch.
Der Wettbewerb ist intensiv, sagt Hornbach-Chef Erich Harsch. © picture alliance / Bildagentur-online/Schoening | Bildagentur-online/Schoening

Unsicherheiten durch politische Entscheidungen sind vermutlich trotzdem schlecht fürs Geschäft.

Das ist sicher ein Faktor, aber kein Riesen-Thema. Ich bin übrigens jemand, der große Sympathie hat für den Gedanken, etwas wieder zurückzunehmen, wenn man es heute besser weiß als gestern. Es bringt ja nichts, wenn etwas vermeintlich verlässlich, aber falsch ist. Da bin ich eher gnädig im Urteil.

Hornbach ist eine der größten deutschen Baumarktketten. Ist der hiesige Markt gesättigt?

Der deutsche Markt ist ziemlich gesättigt. Der Wettbewerb ist intensiv, aber es gibt immer Wachstumspotenzial. In Deutschland gibt es noch genügend Gegenden, wo wir überhaupt noch nicht vertreten sind. In Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel haben wir keinen einzigen Markt. Wie immer ist das auch ein Verdrängungswettbewerb. Im Moment hat die Branche durch Corona einen ziemlichen Schub bekommen, mittelfristig werden sich da wahrscheinlich Veränderungen ergeben.

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Zur Person

Erich Harsch wurde 1961 in Wien geboren. Er ist seit dem 1. Januar 2020 Vorsitzender des Vorstands der Hornbach Baumarkt AG, einer der größten deutschen Baumarktketten. Das Unternehmen betreibt rund 170 Filialen in Deutschland und in neun weiteren europäischen Ländern. Harsch gehörte bis zu seinem Wechsel in den Vorstand seit Juli 2013 dem Aufsichtsrat der Hornbach Baumarkt an. Seine Karriere hatte der Österreicher bei der Drogeriemarktkette dm zunächst im EDV-Bereich begonnen. Von 2008 bis 2019 war Harsch bei dem Filialisten Vorsitzender der Geschäftsführung.

Sie rechnen mit Pleiten?

Ich rechne mit überhaupt nichts. Man kann das im Lebensmitteleinzelhandel, aber auch bei Drogerien beobachten. Die Besseren setzen sich gegen die weniger Guten auf lange Sicht durch. Wir strengen uns an, zu den Besseren zu gehören. Der Größte zu sein, hilft da nicht unbedingt. Wenn man zum unbeweglichen Großtanker wird, der sich nicht mehr schnell genug den Strömungen anpassen kann, hat man auch ein Problem.

Bei dem chinesischen Onlinehändler Temu gibt es eine Bohrmaschine für 11 Euro, eine Minikettensäge für 36 Euro, auch Fliesen, Holzlatten und Teppiche sind online bestellbar. Was macht das mit Ihrem Geschäft?

Im Wettbewerb sticht jede Mücke. Eine andere Frage ist, welche Kompetenz und Verlässlichkeit sich langfristig durchsetzt und auszahlt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass solche Dumpingpreis-Produkte mit dem mithalten können, was man qualitativ eigentlich braucht. Keiner hat doch Spaß daran, einen billigen Bohrer zu kaufen, der nach dem ersten Einsatz an der Wand schon den Geist aufgibt.

Welche Gefahr geht denn aus Ihrer Sicht von solchen billigen Heimwerkerprodukten aus China aus?

Gerade in unserem Bereich müssen Produkte ja gewissen Sicherheitsanforderungen Stand halten. Nicht umsonst gibt es deswegen gesetzliche Erfordernisse und Siegel, damit zum Beispiel keine Kinder in Gefahr geraten. Ich glaube kaum, dass solche Billigprodukte aus China derart hohe Anforderungen erfüllen. Es ist Aufgabe der Regulierungsbehörden, sich darüber Gedanken zu machen, wie man damit umgeht.

Wie steht es eigentlich um Ihre eigenen handwerklichen Fähigkeiten?

Bei uns zu Hause bin nicht ich der Handwerker, sondern meine Frau. Sie kennt sich auch besser in einem unserer Karlsruher Baumärkte aus und weiß eher als ich, wo genau was ist. Ich mache tatsächlich wenig selbst. Ein Bild aufhängen mit Wasserwaage – das kriege ich schon hin, aber ich bin nicht derjenige, der große Heimprojekte umsetzt. Ich habe aber auch kein Haus und keinen Garten. Meine Frau und ich wohnen in einer pflegeleichten Wohnung.

Ein Kunde schiebt in einem Hornbach Baumarkt einen beladenen Einkaufswagen durch einen Gang. Nachfragen der Kunden würden spezieller, sagt Hornbach-Chef Harsch.
Ein Kunde schiebt in einem Hornbach Baumarkt einen beladenen Einkaufswagen durch einen Gang. Nachfragen der Kunden würden spezieller, sagt Hornbach-Chef Harsch. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Robert Michael

Deutschland – eine Handwerkernation: Gilt das noch?

Die Fähigkeiten werden eher besser als früher. Denn gerade die jungen Menschen haben die Möglichkeiten, sich über Videos im Internet anzuschauen, wie etwas gemacht wird. Und gerade die Jüngeren setzen das dann auch einfach mal um und probieren aus. Solche Tutorials oder auch Blogs animieren Menschen ja regelrecht, mit den eigenen Händen was zu tun. Sich an größere Heimprojekte heranzutrauen, das ist aus meiner Sicht leichter geworden als früher.

Wie wirken sich solche YouTube-Tutorials denn auf die Beratungsnachfrage in Ihren Märkten aus?

Die Kunden sind tendenziell besser informiert als früher. Es ist also nicht so, dass einem irgendein besserwisserischer Verkäufer alles erklärt, sondern es geht vielmehr darum, sich in einem Dialog die beste Lösung für den Kunden zu erschließen. Da steigen für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Herausforderungen. Bei Hornbach investieren wir deshalb viel in die Weiterbildung, damit unsere Beschäftigten auch weiterhin ein adäquater Gesprächspartner für die Kunden sind.

Das heißt, weil die Gespräche länger dauern, kommt man noch schlechter an einen Verkaufsberater als früher.

Dieses Märchen, bei dem man im Baumarkt stundenlang auf einen Mitarbeiter warten muss, das gilt für Hornbach nicht. Bei uns besteht überall die Möglichkeit, Personal anzusprechen. Wir haben pro Markt je nach Größe bis zu 100 Mitarbeiter. Da ist also immer jemand verfügbar.

Bemerkt Hornbach den Fachkräftemangel?

Wir haben aktuell richtig viele Bewerbungen. Vielleicht liegt das an Krisen anderer Einzelhändler, weil sich die Menschen nun vielleicht fragen, wo ist mein Arbeitsplatz möglicherweise sicherer. Insofern haben wir im Moment weniger Probleme, Personal zu finden, als vorher. Aber das gilt nicht für alle Standorte. In Großstädten wie München zum Beispiel ist der Wettbewerb um Fachkräfte sehr viel größer als in strukturschwächeren Gegenden. Das ist aber ein altes Thema. Damit kommen wir zurecht.