Berlin. Wo viel geshoppt wird, wird viel retourniert. Diese Waren gibt es dann billiger. Experten geben Tipps, worauf Sie dabei achten müssen.

Bücher, Tablets, Küchengeräte und vieles mehr – nur der Hinweis „gebrauchter Artikel“ verrät, dass es sich um Retouren-Ware („B-Ware“) handelt. Ein Klick weiter und man kann zwischen dem Zustand „gut“, „sehr gut“ und „wie neu“ wählen. Auf „Amazons Retourenkauf“, vormals „Amazon Warehouse“, bietet der Versandhändler Artikel zu reduzierten Preisen an. Was müssen Käufer dabei beachten?

Laut Zahlen des Statistischen Bundesamtes haben vergangenes Jahr 82 Prozent der Deutschen im Alter von 16 bis 74 Jahren mindestens einmal online eingekauft. Wo viel geshoppt wird, wird aber auch viel retourniert: Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (BEVH) schätzt, dass in Deutschland 2021 rund 530 Millionen Pakete und etwa 1,3 Milliarden Artikel als Retoure wieder zurückgeschickt wurden.

Das Kölner Handelsforschungsinstitut EHI sowie die Verbraucherzentrale schätzen, dass jedes zweite Paket bei Bekleidungskäufen im Internet an den Händler retourniert wird. Das seien täglich etwa 800.000 Pakete, was ungefähr 400 Tonnen CO2 oder 255 Autofahrten von Frankfurt nach Peking entspreche.

Amazon, OTTO und Co.: Retouren sind Gewinnkiller

Neben der großen Umweltbelastung sind Retouren für die Online-Händler ein riesiges Verlustgeschäft, wie Konstantinos Vasiadis erklärt. Sein Unternehmen Elvinci.de handele selbst mit Retouren und bewege täglich viele Tonnen davon für große Versandhändler von A nach B. Vasiadis seien die Kosten von Überproduktion und Rücksendungen bestens bekannt, sagt er.

Zwar würden Händler in den Einkaufspreis schon gewisse Retourkosten einberechnen, reichen täte das in der Regel aber nicht. „Die Umweltbelastung, die Logistik und erneute Vermarktung sind bei Retouren mit niedrigem Warenwert deutlich kostenintensiver, als wenn man die Ware einfach entsorgt“, so der Unternehmer. Mit dem Verkauf von Retoure-Produkten würden Händler versuchen, den Verlust durch Retouren zu minimieren. Im besten Fall kämen die Händler beim Weiterkauf der Ware „auf eine schwarze Null“.

Pakete fahren im Amazon-Logistikzentrum in Helmstedt übers Laufband.
Pakete fahren im Amazon-Logistikzentrum in Helmstedt übers Laufband. © dpa | Moritz Frankenberg

Auf„Amazons Retourenkauf“ sind Produkte bis zu 80 günstiger

Das dürfte bei Amazon mehrheitlich der Fall sein: Auf Anfrage unserer Redaktion teilte Amazon mit, dass der Versandhändler „die meisten der zurückgegebenen Produkte in Europa und den USA“ im vergangenen Jahr wieder als neu verkaufen konnte. In Europa hätten Kunden und Kundinnen über Amazons Retourenkauf allein im Jahr 2022 „weit über zehn Millionen geöffnete oder gebrauchte Produkte gekauft – etwa Smartphones, Laptops, Tablets oder Haushalts- und Küchengeräte“.

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Erst nach „gründlicher Prüfung“ würde Amazon die zurückgeschickten Artikel wieder als Neuware anbieten. Das gelte auch nur, wenn die Ware Amazons „hohen Qualitätsanforderungen“ genüge. Geöffnete und kaum verwendete Produkte würden repariert und dann zu reduzierten Preisen mit Hinweisen auf den Produktzustand über den Retourenkauf-Marktplatz bis zu 80 Prozent günstiger verkauft werden.

Tipps von Rechtsexpertin: „Immer Garantiebedingungen durchlesen“

Schnapper dieser Dimension verleiten zum schnellen Klick auf den „Kaufen“-Button. Kathrin Bartsch, Rechtsexpertin der Verbraucherzentrale Niedersachsen, rät jedoch zur Vorsicht: „Beim Kauf von B-Ware, aber auch gebrauchter Ware, muss man ganz genau schauen, wie die Artikel bei dem Anbieter beschrieben sind.“ Insbesondere Smartphones und Tablets hätten hin und wieder leichte Macken, wie beispielsweise kleine Kratzer auf dem Display, die „manch einen Käufer im Nachhinein stören könnten“. 

Päckchenflut vor Weihnachten bei Amazon Duisburg
Über zehn Millionen retournierte Produkte hat Amazon im Jahr 2022 in Europa laut eigenen Informationen wieder an Kunden und Kundinnen verkauft © Funke FotoServices | Kerstin Bögeholz

Die Rechtsexpertin empfiehlt zudem, sich vor dem Kauf zu überlegen, was für Eigenschaften bei Laptop, Handy und Co. für einen besonders wichtig ist. Es biete sich außerdem an, im Internet zu recherchieren, bei welchem Anbieter man das Produkt am günstigsten oder auch mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis erwerben kann, erklärt Bartsch. Am wichtigsten sei aber das Kleingedruckte: „Man sollte als Käufer auch immer schauen, ob der Anbieter über die Gewährleistung hinaus Garantien anbietet. Welche das sind und ob diese auch nützen, steht in den Garantiebedingungen.“

Garantien laufen bei B-Ware schon ab dem ersten Kauf

Da Garantien nicht gesetzlich vorgeschrieben sind, können die Hersteller oder Verkäufer selbst entscheiden, was sie als Garantien festlegen. Stiftung Warentest zufolge werde bei B-Ware-Händlern oft garantiert, dass ein Gerät ein bis zwei Jahre funktioniert, wenn es der Kunde oder die Kundin „normal benutzt“.  Wichtig zu wissen sei auch: „Bei B-Ware läuft die Garantie oft ab dem ersten Kauf. Wenn Sie ein refurbished (zu Deutsch: aufgearbeitetes) Produkt oder eine Retoure kaufen, kann es also sein, dass ein Teil der Garantiezeit bereits abgelaufen ist und es nur noch eine Restgarantie gibt“, so Stiftung Warentest.

Bei körpernahen Produkten wie retournierten elektrischen Zahnbürsten, Rasierern oder Matratzen erklärt Stiftung Warentest auf Anfrage unserer Redaktion: „Händler bieten die Ware, die im persönlichen Gebrauch am Körper war, zurückhaltender als B-Ware an.“ Käufer müssten auch hier genau auf die Beschreibung achten, könnten aber davon ausgehen, dass diese Produkte hohe Qualitäts- und Hygieneanforderungen erfüllen müssen, damit sie zum Weiterverkauf angeboten werden.  

Experte über Retourenkaut: „Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist einfach sehr gut“

Auf der Suche nach dem perfekten Deal könnte man also auf Retourenkauf-Marktplätzen fündig werden: Das Preis-Leistung-Verhältnis sei einfach sehr gut, sagt Unternehmer Konstantinos Vasadis. Der Abschlag auf Ware wäre dort in der Regel viel größer als die tatsächliche bisherige Nutzung des Produkts.

„Eine Waschmaschine beispielsweise, die eine Woche nach dem Kauf retourniert wurde, hat in der Zeit vielleicht fünf bis zehn Mal gewaschen. Eine Waschmaschine kann aber theoretisch 1500- bis 5000-mal waschen. Das Gerät hat also einen Bruchteil seines Lebenszyklus hinter sich und wird dort für 20 bis 25 Prozent günstiger angeboten.“ Das Einzige, was die Leute vom nachhaltigen Kauf abhalten würde, sei die Annahme, dass es sich um Produkte zweiter Klasse handele, sagt der Unternehmer, „dabei sind sie wie neu“.