Berlin. Mit Blockchain sind nicht nur Kryptowährungen gemeint. Was die Technologie umfasst und warum sie Arbeiten und Leben vereinfachen kann.
50.000 Dollar, 60.000 Dollar – der Wert eines Bitcoins steigt gerade kräftig. Die hochspekulative Kryptowährung gibt es nicht zum Anfassen, keine Bank kontrolliert sie. Möglich macht das eine Technologie namens Blockchain. Die kann deutlich mehr und bietet vor allem für Unternehmen Chancen, viel Geld zu sparen und sich von lästiger Bürokratie zu trennen – etwa im Handel, bei Medizin oder Lieferketten.
Was ist Blockchain?
Sehr vereinfacht ist eine Blockchain eine bestimmte Form, Daten zu speichern. Und diese Daten liegen nicht bei einer Firma oder Person, die sie überwacht, sondern bei mehreren gleichzeitig.
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Wie funktioniert sie?
„Eine Blockchain funktioniert wie die Seiten eines Kassenbuchs. Im Kassenbuch wird zum Beispiel eingetragen, dass Person A die Summe X an Person B überwiesen hat“, erklärt Benedikt Faupel, der sich mit dem Thema beim Branchenverband Bitkom beschäftigt. „Ist eine Seite voll, wird zusammengerechnet, der Gesamtwert oben auf der nächsten Seite notiert. Darunter folgen dann neue Einträge. Man kann zurückblättern.“ Anders als das Kassenbuch ist die Blockchain digital. Hier werden sogenannte Blöcke gefüllt, am Ende eines Blocks automatisch ein eindeutiger „Hashwert“ für den Block erzeugt und oben auf den nächsten Block übertragen. So entsteht eine Kette von Blöcken, englisch Blockchain. Und auch bei einer Blockchain lässt sich zurückblättern.
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Und die Kontrolle der Daten?
„Blockchain ist ein bisschen wie das Kartenspiel Uno. Alle Spieler sehen den Stapel, in dem das aktuelle Spiel praktisch gespeichert ist. Niemand kann eine Karte herausziehen und das Spiel ändern“, erklärt Tobias Tenner, Leiter Digital Finance beim Bankenverband, das Prinzip. Das fiele den anderen sofort auf. „Und es gibt Regeln – den Konsensmechanismus der Blockchain –, wie die Karten abgelegt werden dürfen. Nur gleiche Zahlen oder gleiche Farben übereinander.“
Tatsächlich ist eine Blockchain bei mehreren Unternehmen oder Personen gespeichert. Ändert jemand in seiner gespeicherten Fassung einen älteren Block, schreibt zum Beispiel, A habe B nicht die Summe X, sondern die Summe Y überwiesen, ändert das automatisch auch alle folgenden Blöcke in dieser Fassung. Sie sieht dann anders aus als die Fassungen bei allen anderen. Der Vergleich zeigt: Offenbar wurde etwas manipuliert. Eine zentrale Kontrollinstanz, die alles überwacht, ist nicht nötig.
Ein digitales Kassenbuch mit besonderer Speichertechnik und Kontrolle – warum ist das so spektakulär?
Eine Blockchain ist nicht nur ein digitales Kassenbuch. „Auf einer moderneren Blockchain lässt sich nicht nur eintragen, wer wann wem was gezahlt hat, sondern auch Regeln, sogenannte Smart Contracts“, sagt Faupel von Bitkom. „Ein Beispiel wäre: Wenn der Container verplombt und unbeschadet aus Hafen X in Hafen Y angekommen ist, bekommt die Reederei automatisiert eine Zahlung in einer bestimmten Höhe.“ Hinterlegen lassen sich auch Fotos oder Dokumente vergleichbar einem Fingerabdruck. Dann muss nicht mehr das komplette Zollpapier mitgeführt oder gespeichert werden, sondern es reicht eine digitale Bestätigung, dass das Papier erstellt wurde.
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Welche Vorteile hat die Technologie?
Aufwändige Dokumentationen auf Papier entfallen, alles wird schneller, weil zum Beispiel der Versand von Frachtpapieren per Post entfällt. Die Auslieferung eines Kühlcontainers kann automatisch blockiert werden, wenn Sensoren im Container zeigen, dass die Kühlkette nicht eingehalten wurde – ohne große Kontrollen. Auch muss nicht überprüft werden, ob etwa Geld oder eine Lieferung eingegangen ist. Insgesamt verringert sich die Bürokratie, weil vieles automatisiert wird. Und dadurch sinken die Kosten.
Wo wird die Technologie bereits angewendet?
Viele Kryptowährungen wie Bitcoin nutzen eine Blockchain. Auch einige Banken arbeiten bereits bei bestimmten Wertpapieren mit der Technologie, bei besonderen Anleihen zum Beispiel. „Wenn Bank A die Papiere von Bank B kaufen möchte, gibt das System sie erst frei, wenn es erkennt, dass Bank A auch bezahlen kann“, sagt Tenner. „Bisher muss zum Beispiel die Europäische Zentralbank EZB für die Zahlung eingebunden werden.“
Wo lässt sich die Technologie anwenden?
„Die Technologie ist interessant im Zusammenhang mit dem Lieferkettensorgfaltsgesetz, bei dem Unternehmen dokumentieren müssen, wo welche Waren und Vorprodukte genau herkommen“, sagt Wolfgang Prinz, der das Blockchain Reallabor in Hürth bei Köln leitet. „Auch wer sicherstellen will, dass Medikamente nicht gefälscht sind, kann den Weg vom Werk über Zwischenhändler bis zur Apotheke in einer Blockchain dokumentieren.“ Für den Experten ist die Technologie auch für ein zeitlich begrenztes Projekt sinnvoll, etwa für einen Bau, dessen Fortschritt und Änderungen in der Blockchain dokumentiert sind. „Zugriff hat zum Beispiel das Baukonsortium. Sollten Probleme auftreten, lässt sich nachprüfen, wer was wann, geliefert oder geprüft hat“, sagt Prinz. „Und selbst wenn das Objekt dann verkauft wird, sind alle Informationen noch in der Blockchain gespeichert.“
Warum wird die Technologie nicht stärker genutzt?
Noch ist nicht klar, was alles möglich ist. „Das Thema Blockchain und seine Anwendungen stehen noch am Anfang“, sagt Prinz. „Da wird sich noch viel entwickeln. Derzeit wird immer noch sehr viel ausprobiert, ständig entstehen neue interessante Anwendungen.“
Ist jede Blockchain gleich?
Nein. Das Prinzip ist gleich, aber wie sie programmiert ist, unterscheidet sich. Auch das ist ein Grund, warum sich die Technologie nur langsam durchsetzt. „Ganz wichtig beim Thema Blockchain ist ein einheitlicher Standard, mindestens in Europa“, sagt Tenner. „Die Kryptowährungen Bitcoin und Ethereum nutzen beide Blockchain, verstehen sich aber nicht ohne weiteres. Das ist, als wollte man einen deutschen Schukostecker in eine britische Steckdose stecken.“
Wie groß ist solch eine Blockchain-Datei?
Die Bitcoin-Blockchain ist die älteste, bekannteste und auch größte. Sie umfasst etwa 457 Gigabyte.