Berlin. Lockdown, Homeoffice, Abstand: Corona hat das Leben nach Hause verlegt. Eine Studie zeigt, dass nicht die Singles am meisten litten.
Die Zahl der Deutschen, die sich einsam fühlen, ist deutlich gestiegen: Laut einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, die dieser Redaktion vorab vorliegt, gaben 2017 gut 8 Prozent an, sich einsam zu fühlen. Dann kam Corona mit Social Distancing, Homeoffice und Lockdown – und das Gefühl der Einsamkeit stieg deutlich an. 2021 fühlte sich demnach jeder Fünfte Deutsche allein – ein Anstieg von fast 150 Prozent.
Besonders überraschend ist, dass sich nicht etwa Singles seit Corona besonders häufig einsam fühlen, sondern Paare. 2017 gaben noch knapp 6 Prozent der Männer oder Frauen in Paarbeziehungen an, sich einsam zu fühlen. 2021 waren es dann fast 20 Prozent, also fast dreimal so viele. Keine andere der befragten Gruppen – Ledige, Geschiedene/Getrennte oder Verwitwete – zeigt einen so starken Anstieg des Einsamkeitsgefühls wie die Gruppe der Paare. Gemeinsam einsam, sozusagen.
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Warum ausgerechnet Paare sich einsam fühlen, erklären die Studienautoren so: Menschen in Partnerschaften seien geselliger und waren daher besonders stark von den Corona-Einschränkungen betroffen. Ein weiterer Erklärungsansatz: Wenn Paare mit ihren Kindern zusammenleben, war die Belastung durch die Corona-Einschränkungen besonders hoch. Familie, Haushalt, Beziehung, Beruf, Kinderbetreuung – all das unter einen Hut zu bekommen, empfanden viele als belastend. Vieles andere, vor allem Freizeit und Austausch mit anderen, kam da zu kurz.
Dennoch: Eltern sind nicht einsamer als Paare ohne Kinder. 2021 stieg das Einsamkeitsempfinden der Personen ohne Kinder auf 22 Prozent (plus 14 Prozentpunkte) und das der Eltern auf gut 18 Prozent (plus 10 Prozentpunkte). Kinder haben also während des Lockdowns nicht zu mehr Einsamkeit in Partnerschaften und Familien geführt.
So hat sich die Einsamkeit seit Corona entwickelt
Insgesamt fühlen sich in Deutschland verwitwete Frauen am einsamsten. Waren es 2017 noch knapp 15 Prozent, hat sich der Wert innerhalb von zwei Jahren fast verdoppelt (27 Prozent). Insgesamt zeigt der IW-Bericht, dass Frauen generell ein höheres Einsamkeitsempfinden haben als Männer.
Auch der Blick auf andere Gruppen zeigt, wie die Einsamkeit während der Corona-Pandemie gewachsen ist. 2017 gaben gut 9 Prozent der Ledigen an, sich einsam zu fühlen; 2021 waren es dann gut 18 Prozent. Bei den Geschiedenen lag der Einsamkeitswert 2017 bei gut 13 Prozent, zwei Jahre später ist er auf knapp 23 Prozent geklettert. Verwitwete fühlten sich vor Corona zwar auch einsam (knapp 13 Prozent), jedoch nahm der Wert während der Pandemie zu und lag 2021 dann bei fast 23 Prozent.
Das unternimmt die Bundesregierung gegen Einsamkeit
Das Gefühl, keine oder nicht ausreichende Beziehungen zu anderen Menschen zu haben, ist nicht nur schmerzhaft für diejenigen, denen es so geht. Es strahlt auch aus in den Rest der Gesellschaft: Chronische Einsamkeit kann sich nicht nur negativ auf die körperliche und psychische Gesundheit der Betroffenen auswirken. Sie schwächt den sozialen Zusammenhalt – Studien zufolge schwindet mit der Einsamkeit das Vertrauen in andere Menschen und sogar in politische Institutionen und die Demokratie.
Einsamkeit ist deshalb eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung und auch eine politische, findet die Bundesregierung. Mitte Dezember hat sie deshalb eine Strategie gegen Einsamkeit beschlossen. Darin ist ein Bündel von Maßnahmen vorgesehen, um Betroffene zu unterstützen und der Vereinsamung einzelner Bevölkerungsgruppen gezielt vorzubeugen. Unter anderem werden Förderprogramme für einzelne Projekte in Aussicht gestellt sowie eine bessere Vernetzung der Angebote – etwa durch eine „bundesweite Koalition gegen Einsamkeit“.