Essen. Galeria Karstadt Kaufhof hat am Dienstag zum dritten Mal Insolvenz angemeldet. Bund nennt erstmals Zahlen über eigene Verluste.
Während Galeria am Dienstag, 9. Januar 2023, den dritten Insolvenzantrag seit 2020 gestellt hat, ist das im Mai 2023 abgeschlossene zweite Insolvenzverfahren noch nicht verdaut. Der Bund hat nach eigenen Angaben erst einen Bruchteil seiner 680 Millionen Euro schweren Finanzspritze für den Essener Warenhauskonzern zurückerhalten.
Das Bundesfinanzministerium hat sich bislang stets in Schweigen gehüllt, wenn unsere Redaktion in Berlin wissen wollte, wie teuer die Galeria-Krise die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu stehen kommen wird. Auf eine parlamentarische Anfrage der fraktionslosen Bundestagsabgeordneten Jessica Tatti (früher Linke) hin hat nun Finanzstaatssekretär Florian Toncar (FDP) erstmals konkrete Zahlen genannt.
Rund eine halbe Milliarde Euro Steuermittel verbrannt
Danach hat der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) von den an Galeria gezahlten Bundesmitteln in Höhe von 680 Millionen Euro erst 40 Millionen Euro zurückerhalten. Weitere Erlöse erwartet das Finanzministerium aus der Verwertung von Sicherheiten. Dazu gehören neben den Markenrechten, die zuletzt 7,5 Millionen Euro einbrachten, insbesondere die belgische Warenhauskette Inno mit ihren 16 Filialen und die Internetfirma Hood Media.
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Für beide Unternehmen hat Galeria nach eigenen Angaben im Herbst 2023 einen Verkaufsprozess eingeleitet. Der Erlös soll direkt in die Bundeskasse fließen. Über die erwartete Höhe macht der Staatssekretär keine Angaben. Mögliche Rückzahlungen an den WSF hingen „vom weiteren Fortgang der Sanierung des Unternehmens, der Geschäftsentwicklung und der Verwertung bestellter Sicherheiten ab“, schreibt Toncar.
Galeria zahlte erst 40 von 680 Millionen Euro an Bund zurück
Viel schwerer wiegen freilich die Verluste, die der Bund durch die Galeria-Krise zu verkraften hat. Sie dürften gut und gern bei einer halben Milliarde Euro liegen. Denn nach Angaben des Staatssekretärs muss eine vom WSF bezahlte Stille Einlage in Höhe von 250 Millionen Euro aufgrund des zweiten Insolvenzverfahrens „vollständig abgeschrieben werden“. Das Nachrangdarlehen von ursprünglich 430 Millionen Euro wird nach seinen Angaben nur noch in Höhe von 88 Millionen Euro fortgeführt und verzinst.
Der Bundestagsabgeordnete Christian Leye, der am Montag, 8. Januar 2023, als Generalsekretär der neuen Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) vorgestellt wurde, kritisiert die Rettungsaktion des Bundes für Galeria. „Zählt man Insolvenzgelder und Staatshilfe zusammen, muss man konstatieren: Kaum woanders werden öffentliche Gelder so verlässlich verbrannt wie bei Galeria. Neben den Beschäftigten ist vor allem der Steuerzahler der große Verlierer in diesem Trauerspiel.“
Angesichts der hohen Verluste für den Bund hätte Galeria vor dem erneuten Gang zum Insolvenzgericht nicht mit einer weiteren Staatshilfe rechnen können. Die Bundesregierung verfolge die Situation des Mutterkonzerns Signa aufmerksam, sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums auf Anfrage des Magazins „Spiegel“. Man stehe mit Galeria „in engem Austausch“, die Gewährung neuer Mittel sei aber „nicht Teil der Gespräche“.
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