Berlin. Matthias Gastel reist viel mit der Bahn – und schreibt seine Erlebnisse auf. Seine persönliche Bahn-Bilanz 2023 lesen Sie hier.
Zugausfälle, geschlossenes Board-Restaurant, kein WLAN – wer schon mal mit der Bahn gefahren ist, weiß: Ihre Probleme sind so groß wie das Streckennetz. Auch Matthias Gastel kann dazu einiges berichten. Der Bundestagsabgeordnete fährt viel Bahn: Sein Wahlkreis liegt bei Stuttgart, sein Dienstsitz in Berlin. 106 Mal ist er 2023 mit den Fernzügen der Deutschen Bahn (DB) durchs Land gefahren (Stand: 18. Dezember). Und macht sich für jede dieser Fahrten Notizen. Für diese Redaktion zieht er zum Jahresende Bilanz.
Seit 2013 dokumentiert der Grünen-Politiker jede Zugfahrt: War der Zug pünktlich, hat er seinen Anschlusszug erreicht, funktionierten das gastronomische Angebot, die Sitzplatzreservierungen, das WLAN und die nächstgelegene Toilette? „Eigentlich hat die Bahn wahnsinnig viele Vorteile“, sagt Gastel im Gespräch. Man könne die Zeit unterwegs sinnvoll nutzen, zum Arbeiten zum Beispiel, oder zum Essen im Board-Restaurant. Zudem sei Reisen mit der Bahn umweltfreundlich. „Seit Jahren aber leidet die Zuverlässigkeit der Bahn. Es gibt zu viele Verspätungen und kurzfristige Fahrplanänderungen“, sagt der Vielfahrer. Als Gründe nennt er die „marode Infrastruktur und das miserable Baustellenmanagement“ der Bahn. Gastel weiß: „Das führt zu Frust bei den Fahrgästen.“
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Zu 59 Prozent kamen seine Züge pünktlich, bilanziert Gastel. Erklärt aber: „Ich versuche möglichst immer, durchgehende Züge zu nehmen, Umsteigen ist derzeit oft mit Problemen verbunden.“ So erklärt sich der Bundestagsabgeordnete auch den sehr guten Wert, dass er 95 Prozent seiner Anschlusszüge erreichte. Und schränkt sogleich ein: „Das lag aber sicherlich auch daran, dass die Anschlusszüge ähnlich häufig verspätet waren wie die ersten Züge.“
Pünktlichkeit der Bahn ist „miserabel“
Gastel ist in Sachen Pünktlichkeit etwas strenger als die offizielle Bahn-Statistik. Bei ihm gilt ein Zug als pünktlich, der weniger als 5 Minuten Verspätung hat – die Bahn gibt ihren Zügen eine Minute mehr. Und erreicht einen leicht besseren Wert von 64 Prozent. Gastel erklärt, dass sich die Pünktlichkeit im Vergleich zum Vorjahr zwar verbessert hätte. War aber sein Zug zu spät, war er das im Durchschnitt 27 Minuten. Insgesamt nennt Gastel die Pünktlichkeit der Bahn „miserabel“.
Mindestens genauso ärgerlich wie verspätete oder ausgefallene Züge findet der Sprecher für Bahnpolitik der Grünen-Fraktion den schlechten Service. Dabei meint er aber nicht das Service-Personal. Er nennt als Beispiel das WLAN-Netz, das er in der Regel wegen der extrem schlechten Qualität überhaupt nicht mehr benutze. Ein anderes Beispiel sei die Gastronomie. Und Gastel erzählt von seiner Heimreise von Berlin nach Süddeutschland zu Weihnachten: „Die Fahrt begann um 7 Uhr und ich wollte eigentlich im Zug frühstücken. Die Gastronomie war aber die gesamte Fahrzeit von über fünf Stunden geschlossen.“ Als Gründe für die häufigen Einschränkungen oder der Ausfälle der Gastronomie würden oft Störungen bei der Kühlung genannt, erzählt Gastel. Und schiebt hinterher: „In jüngster Zeit lagen Einschränkungen nach meiner Wahrnehmung vor allem am Personalmangel. Was auch immer die Gründe sind: Wer stundenlang im Zug unterwegs ist, muss sich auf die Versorgung mit Speisen und Getränken verlassen können.“ Nur zu 81 Prozent funktionierte nach Gastels persönlicher Auswertung die Gastronomie in den Fernzügen. So mancher Bahnfahrer dürfte sich darin wiederfinden.
Fehlende Reservierungsanzeige, kein WLAN: Das sind die Probleme der Bahn
Mindestens genauso nervig: nicht funktionierende Reservierungsanzeigen. Laut Gastel werden nur in 75 Prozent der Fälle Sitzplatzreservierungen angezeigt – bei einem Viertel seiner Fahrten fallen sie aus. „Ein Tiefstwert“, bilanziert der Bundestagsabgeordnete. „Denn das führt dazu, dass sich Reisende ohne Reservierung immer wieder umsetzen müssen, da sie nicht wissen, dass sie auf reservierten Plätzen Platz genommen haben.“
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Zum 1. Januar wird nun die Eisenbahninfrastruktur in Deutschland gemeinwohlorientiert. Die Bahn-Tochter DB Netz verschmilzt mit ihrer Schwester DB Station & Service zur neuen Infrastruktursparte DB InfraGO. 40 Milliarden Euro hat der Bund dafür zur Verfügung gestellt. Die neue Gesellschaft soll dann 4000 Kilometer der hochbelasteten Streckenabschnitte bis 2030 generalsanieren – damit der Bahnverkehr pünktlicher wird. Es ist die erste große Bahnreform seit 30 Jahren. „Nun ist es vor allem an der Deutschen Bahn, diesen starken Mittelaufwuchs sinnvoll geplant in einen besseren Zustand und eine höhere Kapazität der Schiene zu investieren“, sagt Gastel.